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mehr als 1000 Beiträge seit 10.01.2003

Die Rezepte des British Commonwealths ...

... lassen sich im 21. Jahrhundert nicht mehr anwenden.

Die US-Amerikaner denken vielleicht, "Shock'n'Awe" erfunden zu haben, aber effektiv ist es eine zutiefst britische Methode. Die ganzen Länder, die sie in das Commonwealth eingebunden haben, sind selten freiwillig beigetreten, sondern sind mit massiv überlegener Technologie überwältigt worden. Das muss man sich mal vorstellen, wie das wohl gewesen ist:

Auf der einen Seite standen die Briten mit ihren gewaltigen Linienschiffen, mit hochentwickelter Feldartillerie, gut gedrillten und motivierten Truppen, die sowohl mit der Muskete wie mit dem Schwert oder Bajonet gut kämpfen konnten - also einfach eine professionelle Armee ins Felde warfen.
Auf der anderen Seite dann die verschiedenen asiatischen Völker, die zwar auch das Konzept stehender Heere und professioneller Soldaten kannten, aber deutlich kleinere Armeen aufstellten und die Zahl mit Milizen, Heerbannen und Milizen auffüllten. Trifft nun eine professionelle Armee auf bewaffnete Krieger ist die Schlacht eine äußerst einseitige Angelegenheit, selbst wenn technologisch der Unterschied nicht sonderlich groß wäre. Aber hier trafen Musketen auf Speere und Schwerter ...

Interessanterweise hätten aber auch Holländer, Preußen, Franzosen und Spanier ihre Variante des Commonwealths gründen können, die Briten waren nur einfach schneller mit ihrer Seemacht, und die war erforderlich, um in jede Ecke der Welt fahren zu können. Eine hinreichend große Flotte konnte dann eine entsprechende Armee mitbringen und an Land gehen lassen. Damit verloren auch die Landgrenzen an Bedeutung: hätte beispielsweise Preußen ein Land wie China erreichen wollen, hätten sie "nur" ganz Asien durchqueren müssen und sich aufgerieben in Plänkeleien und Feldschlachten mit all den anderen Ländern dazwischen. Mit der Flotte erspart man sich das - und in der entsprechenden Saison geht's auch noch deutlich schneller, als zu Fuß.

Die technologische Überlegenheit der Europäer ggü. den Asiaten wiederum basiert auf dem simplen Umstand, dass seit Ende der Römer eigentlich nie Frieden auf dem europäischen Kontinent herrschte und immerzu irgendwo Krieg geführt wurde. Krieg ist ein unglaublicher Motivator, neue Dinge zu erfinden. Mal war es eine neue Waffe, dann wieder eine neue Maschine, um menschliche Arbeit einzusparen, damit der freigewordene Mensch an der Waffe dienen konnte usw usf. Es fand ein Wettrüsten statt, sowohl direkt am Mann (Rüstungen - Waffen, welche die Rüstung durchstoßen konnte - neue, bessere Rüstungen - neue, bessere Waffen - usw usf) als auch auf dem Felde (zuerst stand die Burg aus Holz, dann kam Artillerie, dann war die Burg aus Stein, dann kam stärkere Artillerie, dann kam das Fort bzw. die Sternfestung, dann kam Massenartillerie & Massenfertigung um die Festung niederzuringen, ...). Effektiv wurden alle größeren europäischen Völker gehärtet in über 1000 Jahren permanentem Krieg und Aufrüstzwang.

In China dagegen herrschte eine gewisse Form der Stagnation, bedingt durch die eigene, lange Geschichte, dem Fehlen ebenbürtiger oder überlegener Gegner (die Mongolen waren da schon lange Legende und hinter die Mauer verbannt) und einem gewissen Hang zur Dekadenz. Als dann auf einmal die Europäer mit ihren Musketen und Schiffen kam, nutzte es eben nicht, dass man da schon auf 3000 Jahre Geschichte hat zurückblicken können und man technologisch die letzten 600 Jahre stehengeblieben war ...

Nun, China hat drauß gelernt, sehr schmerzhaft, und jetzt sind sie wieder ganz, ganz vorn dabei. Und Shock'n'Awe der westlichen Welt funktioniert nicht mehr.

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