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  • maibaum1

593 Beiträge seit 17.07.2006

Kein guter Beitrag (zu einem noch viel schlechteren Artikel)...

sview schrieb am 9. Juli 2007 16:46

> Da hat sowohl die deutsche als auch die polnische Regierung Dreck am
> Stecken.
> Ende der 70er gab es in Polen bereits eine weitgehende Reisefreiheit,
> Polen durften aber nur mit Visa nach Deutschland einreisen. Wenn
> Deutschland für den einen oder anderen Polen, zumindest aber für
> "deutschstämmige" Polen, Arbeitsvisa in angemessenem Umfang
> ausgestellt hätte, wäre das Problem nie entstanden.

Reisefreiheit gab es, wenn auch eingeschränkt schon. Dabei war aber
nicht vorgesehen, von der Reise nicht zurückzukehren. Wer das tat
oder aber seine Auswanderung auf formalem Weg betrieben hat, sah sich
gravierenden Nachteilen ausgesetzt. Das hat überhaupt nichts mit der
deutschen Politik zu tun. Im Übrigen musste man vor der Wende
keineswegs "deutschstämmig" sein, um sich dauerhaft in Deutschland
niederlassen zu können. Wer aus dem Ostblock kam, bekam in der Regel
problemlos Asyl.

> Ziemlich viel verbockt hat aber auch die polnische Regierung. Ich
> kann es nicht ganz nachvollziehen, aber wenn ein zurückgelassenes
> Haus von einer neuen Familie gekauft wird, warum wird das dann nicht
> sofort ins Grundbuch eingetragen?

Weil a) auch damals bereits klar war, dass die "Verkäufe" der
Auswanderer an den Staat auch nach damaligem polnischen Recht
juristisch angreifbar waren, und b) weil niemand ernsthaft damit
gerechnet hat, dass die Betroffenen in absehbarer Zeit etwas
zurückfordern würden.

> Mann kann das auch mal im Gedankenexperiment auf die Spitze treiben:
> Ein polnischer Spätaussiedler mit deutscher Staatsbürgerschaft nimmt
> wieder die polnische Staatsbürgerschaft an, geht in sein Dorf zurück
> und begehert Einlaß in seinem Haus, für das er einen Kaufvertrag und
> eine Besitzurkunde vorweisen kann, außerdem ist das Haus immer noch
> auf seinen Namen im Grundbuch eingetragen. Inzwischen wohnen aber
> andere Leute in diesem Haus. So what? Das wäre ja so, als würde ich
> unter der Hand das Haus meines Nachbarn verkaufen, nur weil sich der
> gerade auf einer längeren Auslandsreise befindet.

Exakt so war es zumindest in den Fällen, in denen Touristen einfach
nicht mehr aus dem Urlaub zurückkehrten, weil ihnen das weniger
aufwendig erschien, als sich langwierig von der Bundesrepublik
"freikaufen" zu lassen.

> Das geht nicht und
> das wissen zumindest auch ein paar polnische Gerichte. Trotzdem
> gehören zu den Betrogenen, ,zumindest zum größten Teil nehme ich an,
> natürlich auch die neuen Hausbesitzer.

Betrogen vielleicht im moralischen Sinne, nicht jedoch im
juristischen. Denn wenn ich ein Haus von jemandem kaufe, der nicht im
Grundbuch eingetragen ist, kann ich mich nicht darauf berufen, im "im
guten Glauben" gehandelt zu haben. Steht der Verkäufer hingegen im
Grundbuch, kann ich das schon. Auch wenn der Kauf letztlich hinfällig
ist, muss der Verkäufer mich entsprechend entschädigen.

Davon abgesehen hat der Staat die Immobilien in der Regel nicht an
die jetzigen Bewohner verkauft, sondern verpachtet oder vermietet.
Das ist freilich nicht der einzige Fehler in diesem vor Fehlern und
irreführenden Darstellungen nur so strotzendem Artikel. Leider habe
ich momentan keine Zeit, den Artikel auseinanderzupflücken.

> Der polnische Staat dürfte keine Sekunde länger zusehen, wie diese
> Situation von Rechtspopulisten ausgenutzt wird,

Falls es dir bisher entgangen sein sollte: Der polnische Staat wird
von Rechtspopulisten kontrolliert. Die Partei der zitierten Politiker
ist in der Regierungskoalition.

> er müßte sofort allen
> Spätausiedlern, bei denen es bürokratische Unstimmigkeiten über die
> Besitzverhältnisse gibt, eine großzügige Entschädigung anbieten,

Bei allen Vorbehalten gegenüber der derzeitigen polnischen Regierung:
Wieso das denn?
Niemand zahlt Entschädigungen, schon gar keine "großzügigen" und erst
recht nicht "sofort", solange er nicht dazu verpflichtet ist. Ob eine
solche Verpflichtung vorliegt, wird im Einzelfall von Gerichten
geprüft werden müssen. Deren Urteil ist allein maßgeblich, nicht das
bloße Vorliegen irgendwelcher "bürokratischer Unstimmigkeiten". Der
Staat ist nämlich nicht in erster Linie der verschwindenden
Minderheit der ehemaligen und/oder aktuellen Immobilienbesitzer
verpflichtet. Er ist den polnischen Steuerzahlern darüber
Rechenschaft schuldig, wofür er deren Geld ausgibt. Und diese haben
durchaus einen Anspruch darauf, dass der Staat nicht jedem, der
möglicherweise aufgrund von Behördenfehlern (nennen wir es mal so)
irgendeinen finanziellen Nachteil gehabt haben könnte, "sofort" und
"großzügig" entschädigt, sondern nur nach eingehender Prüfung.

> ebenso müssten die Fälle bei denen ein neuer Hausbesitzer tatsächlich
> sein Haus wieder räumen muß, großzügig entschädigt werden, alles
> andere ist eine Bankrotterklärung der polnischen Verwaltung.

Für Polen ist jedwede Verwaltung schon per definitionem bankrott, das
macht also überhaupt keinen Unterschied...

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