Wenn man einen Krieg führen will, sollte man sich vorher klar sein, gegen wen er eigentlich geführt werden soll. Und weshalb.
Schon das Weshalb ist eine fragliche Konstruktion, weil es im Grunde um Rache wegen den beiden umgeschubsten Türme des World-Trade-Centers ging. Rache war schon immer ein schlechter Ratgeber.
Afghanistan hat sich angeboten, weil es sich als Land nicht wehren kann. Man hätte auch gegen Saudi-Arabien Krieg führen können - blöd, weil die dann den Ölhahn zudrehen. Oder gegen Pakistan - blöd, die haben die Atombombe. Oder den Sudan in Afrika, da war Bin Laden einige Zeit Unternehmer und lebte von Staatsaufträgen. Aber der Krieg sollte ja nicht gegen ein Land geführt werden, sondern gegen Terroristen.
Wenn man schon glaubt, so eine asymmetrische Auseinandersetzung führen zu müssen, dann sollte man sich auch da klar sein, WER die Terroristen eigentlich sind. Es zeugt von unglaublicher Arroganz und Ignoranz, die Taliban mit Al-Qaida einfach gleichzusetzen. Man hat einfach die falschen Terroristen bekämpft.
Aufgrund des fehlenden klaren Feindes hat man dann in Afghanistan erratisch irgendwelche Häuser durchsucht, irgendwelche Verdächtigen erschossen oder mit Drohnen gesprengt, irgendwelche Ziele bombardiert - und dabei äußerst großzügig Kollateralschaden in Kauf genommen. Es betraf ja keine "richtigen" Menschen, nur so komische braunhäutige Gestalten mit komischer Kleidung, die ja nichtmal richtig Englisch können.
Das kann man so schon machen, es ist eben ein Niedergang von Moral und Anstand. Und dann braucht man sich nicht wundern, wenn der Gegner immer zahlreicher wird statt weniger, weil er eben Zulauf aus der Bevölkerung bekommt.
Die USA haben, um gegen eigenes Recht verstoßen zu können, ein Foltergefängnis auf dem besetzten Gebiet von Kuba errichtet, Guantanamo. Ein weiterer Niedergang - wenn ein Staat auf seine eigenen Gesetze "scheißt" und glaubt, sie einfach per plumpen Trick umgehen zu können. Ein solcher Staat verliert seine Glaubwürdigkeit, seine Legitimation.
Der größte Fehler war allerdings, auf das Land, die Umgebung nicht einzugehen und die Menschen zu ignorieren oder zu missachten.
Blöd, wenn das Land im Norden eine riesige Berglandschaft besitzt, das ein Weiterkommen mit Fahrzeugen unmöglich macht, aber die Verdächtigen zu Fuß, auf Eseln und Kamelen sich dorthin zurückziehen.
Blöd, wenn man den Menschen vor Ort nur Befehle gibt und Geld und dann eine "Armee" aufbauen und bezahlen lässt, die dann angeblich 300.000 Mann stark sein soll, aber bei näherer Betrachtung nichtmal ein Drittel dieser Stärke besitzt - wobei das Geld für den Sold allerdings für die 300.000 fließt.
Blöd, wenn man an allen Ecken und Enden Geld in die zentrale Politik schießt, aber dabei aus Desinteresse übersieht, dass man den korruptesten Staat auf Erden aufbaut, weil dieses Land nie eine wirklich zentrale Staatsmacht kannte, weil lokale Stammesführer Recht sprechen und sich das auch nicht nehmen lassen und weil halt auch viele Gebiete nicht einfach zu erreichen sind.
Blöd, wenn man aus Desinteresse nicht erkennt, dass Afghanistan ein Vielvölkerstaat ist und dass eine zentrale Regierung dieser Tatsache eben auch gerecht werden muss.
Der Schaden ist nun für die USA, aber auch für den gesamten "Westen" maximal. Es handelt sich um einen Verlust an Reputation, aber auch einen Vertrauensverlust. Länder der 2. und 3. Welt werden sich vermehrt vor allem China zuwenden, aber auch Russland. Sie zeigen sich als Partner einfach verlässlicher.
Die USA waren schon als Imperium und Weltpolizist auf dem absteigenden Ast, aus vielerlei Gründen. Der Gesichtsverlust in Afghanistan zeigt jetzt allerdings ganz unverblümt der ganzen Welt diese Schwäche, was den Abstieg weiter beschleunigt. Und wir in Europa sollten uns Gedanken machen, ob wir uns weiterhin so stark an dieses untergehende Reich binden wollen, weil wir dann mit untergehen. Und dabei hätten wir es einfach. Europa endet nämlich erst am Ural - und selbst dieser ist eine eher willkürliche Landgrenze zum asiatischen Kontinent.