Waffeneuphorie versus Friedenseuphorie! Berechtigte Ängste im Hinblick auf eine Ausdehnung des Krieges versus jegliche Risiken ausblendende Eskalation! Der Agressor ist an allem schuld versus auch andere trugen bzw. tragen zur Entstehung und zur Fortführung des Krieges bei. Was ist wohl besser? Die vielen politischen Talkshows zu diesen Themen à la Lanz als auch die sonstige Medienlandschaft befeuern jeweils nur eine dieser Seiten: die Eskalation durch immer mehr, immer tödlichere Waffen.
Lasst uns doch einmal diese Schwarz-Weiß-Diskussionen nach dem Muster, „wer gegen Waffenlieferungen ist, wirft die Ukraine den Russen zum Fraß vor und unterstützt Putin“, und „wer für Waffenlieferungen ist, unterstützt die Ukraine bei Ihrem Sieg über Russland“ beiseite legen und mit unserer von christlich-abendländischer Kultur geprägten Vernunft an das Problem herangehen. Und lasst uns dabei berücksichtigen, dass es eine Binsenweisheit ist, dass das erste Opfer eines jeden Krieges die Wahrheit ist - auf allen Seiten. Und es ist dieses Opfer, das in allen beteiligten Medien -auf allen Seiten - gezeigt bzw. eben nicht gezeigt wird. Ein besonders unrühmliches Beispiel demonstriert hier die überwiegende Mehrheit der Medien in Deutschland. Ein klassisches Beispiel dafür war die Sendung Hart-aber-fair vom 27.2.2023, in der - unkritisch - Kriegspropaganda vom Feinsten gezeigt und als Fakt ausgegeben wurde, und Waffentrommler Friedenstrommlern Naivität auf simple und gewissenlose Weise vorgehalten hatten.
Bedenkenswert:
- In der Ukraine werden weder westliche oder europäische Werte in nennenswertem Umfang, noch die europäische Sicherheit, noch die Demokratie an sich verteidigt, sondern die nationale Souveränität dieses Landes.
- Immer häufigere Lieferungen immer schwererer Waffen führen nicht zu einer Verkürzung des Krieges, sondern, wie mittlerweile auch „Sicherheits-Experte“ Carlo Masala zugibt, zu seiner Verlängerung, ggf. auch zu seiner Ausweitung bis zu einem dritten Weltkrieg.
- Es ist legitim, dass die Ukraine ihre westlichen Partner um Unterstützung gegen Russlands Angriffskrieg bittet. Aber nicht jeder Bitte und der damit verbundenen Zusicherungen der Ukraine darf man Glauben schenken! Z.B. dass die Ukraine nicht russisches Territorium angreift (vgl. Oblast Brjansk bzw. Belgorod). Es ist auch legitim, wenn die Ukraine um Unterstützung bei Friedensverhandlungen bittet.
- Genauso legitim ist es aber auch, wenn westliche Partner von der Ukraine gewünschte Unterstützungen verweigern. Es ist nämlich vernünftig und verantwortungsvoll, dass sich die westlichen Regierungen nicht in einen Weltkrieg hineinziehen lassen wollen. Aber nicht jede Aktion bzw. Erklärung der Ukraine nimmt darauf Rücksicht - im Gegenteil (vgl. Selenskys Erklärung zum Raketeneinschlag in Polen am 15.11.2022) und auch nicht jede Aktion und Erklärung einzelner westlicher Ukraine-Verbündeter (vgl. z.B. der polnische Regierungschef zum 3. Weltkrieg).
- Es liegt alleine in der Hand Russlands, zu erklären, ab wann es die westlichen Ukraine-Verbündeten, gesamt oder einzeln, zur Kriegspartei erklärt.
- Nachdem die westlichen Ukraine-Verbündeten erklärten, dass u.a. die Entsendung von Truppen in die Ukraine ein berechtigter Grund wäre, dass Russland sie zur Kriegspartei erklärt, liegt es in der Hand dieser Verbündeten, berechtigt Kriegspartei zu werden, was ja durch die geleakten Dokumente der amerikanischen Geheimdienste vermutet werden darf.
- Die Ablehnung von Gesprächen und Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine führt nicht zu einem Waffenstillstand oder gar zum Frieden, sondern zur Fortführung des Krieges - ggf. bis zum letzten Ukrainer, wie es der US-Amerikaner Noam Chomsky befürchtet.
- Das Ende des Ukraine-Krieges wird wohl am Verhandlungstisch und eher nicht durch Putins Niederlage entschieden: Der amerikanische Generalstabschefs Mark Milley sagte, dass ein militärischer Sieg der Ukraine nicht zu erwarten ist und dass Verhandlungen der einzig mögliche Weg sind. Alles andere ist eine sinnlose Verschwendung von Menschenleben.
- nach einem Jahr Krieg in der Ukraine und dem Lesen des Buches „Die Zukunft der Demokratie“ von Herfried Münkler stelle ich fest, außer der Lieferung einer Unzahl von Waffen und ein paar interessanten Gedanken in dem Buch sind wir dem Frieden keinen Schritt näher gekommen, so dass wir es einmal mit weniger Waffengetrommel und mehr Friedensgetrommel versuchen sollten.
- Die von verantwortungslosen Politikern, Medienschaffenden, Experten praktizierten Verharmlosungen eines potentiellen Atomkrieges a là „Nicht einschüchtern lassen“, „keine Panikmache“, „leere Drohungen“ etc. sind keine adäquate Reaktion auf Putins „Bluffs“, sondern vielmehr die mittlerweile von - skrupellosen? - Politikern, Medienschaffenden, Experten etc. verbreitete Aufforderung insbesondere auch an den Bundeskanzler und seine Regierung, dieses Risiko aus jedweder politisch zu verantwortender und sachlich umfassend informierter Abwägung herauszunehmen - koste es, was es wolle!? In diesem Sinne besonnenes und abwägendes Handeln und die Suche nach einer Verhandlungslösung alleine deswegen zu unterlassen, weil man dadurch angeblich auch „das Geschäft Russlands besorge“, ist verantwortungslos von den Politikern und von den Kritikern gewissenlos.
Es ist einfach, zu erkennen, wer in der deutschen Politik vernunftgesteuert, besonnen und verantwortungsvoll agiert und wer nicht!
Für alle, die jetzt reflexartig ihre eingeübten Narrative hervorkramen -> gehe zurück auf Anfang!
Und da ist es wohltuend, dass am 16.5.2023 in der NYT ein Friedens-Aufruf von 14 renommierten, hochrangigen Sicherheitsexperten der USA verbunden mit einem ausführlichen Artikel im Blog Anti-war.com veröffentlicht wurde (finanziert vom Eisenhower Media Network: https://eisenhowermedianetwork.org/russia-ukraine-war-peace/ ) aus dem folgender Auszug in Deutschland gerne als Putin-Propaganda geschmäht wird:
„Die unmittelbare Ursache für diesen katastrophalen Krieg in der Ukraine ist die russische Invasion. Doch die Pläne und Aktionen, die Nato bis an die Grenzen Russlands auszudehnen, haben dazu geführt, russische Ängste zu schüren. Und die russische Führung hat diesen Punkt dreißig Jahre lang immer wieder betont.“