Ich habe mir das jetzt durchgelesen. Zunächst fand ich das ganz interessant und dachte mir sogar beim statistischen Teil, ok, da ist was dran, die Datenlage, mit der die ganze Zeit operiert wurde war mehr als klapperig, man sollte darüber nachdenken, ob nicht auch falsche Schlüsse aus den Daten gezogen wurden und womöglich auch falsche Handlungen daraus abgeleitet wurden. Die Zahl, wie viele Tests durchgeführt werden und wie viele davon positiv waren, ist mit Sicherheit etwas, was uns am Anfang gefehlt hat. Aber man konnte auch nach Wuhan und später nach Italien sehen um festzustellen, dass etwas läuft, dass keinen "Spass" macht. Soweit so gut.
Die Schlussfolgerungen hier erzeugen bei mir allerdings schwere Magenschmerzen. Entschuldigung, ist es einem Psychologen denn tatsächlich angemessen seine Kollegen, die sich mit Virologie und dem Ausbreiten von Epidemien und dem grundsätzlichen Charakter von Virusauserkrankunen auskennen, zu erklären, dass wir anhand seiner statistischen Spielereien von klapperigem Datenmaterial tatsächlich Anlass hätten hier ein Virus aus einer Virusfamilie (die man kennt) haben, dass womöglich eine andere Ausbreitungscharakteristik hat, als all die anderen Viren? Wenn mir Virologen auf der ganzen Welt sagen, dass wir es am Anfang mit einem exponentiellen Wachstum zutun haben, wenn wir uns mit Virusausbreitung beschäftigen (müssen), dann braucht mir kein Psychologe erklären, das er gerade herausgefunden hat, das das in diesem Fall nur falsches Erheben war und dieses Virus keinen solchen Verlauf nimmt. Und noch viel schmerzhafter wird das Gefühl in der Magengegend, wenn mir dieser fach fremde Kollege erklärt, dass es keine zweite Infektionswelle geben wird. Das erzürnt mich schon fast, so etwas lesen zu müssen. Nur um das noch mal klar zu machen, ich bin auch fachfremd, ich bin Elektrotechniker, habe also mit Zahlen durchaus so meine "intensivere" Berührung gehabt. Weniger häufig Statistik, das stimmt wohl schon. Ich habe zu beginn von Corona auch mit allen Zahlen herumgerechnet und versucht da für mich ein Bild heraus zu bekommen. Ich habe aber frühzeitig gestoppt, da man merkte ohne intensivere Beschäftigung mit den Grundlagen von Epidemien werde ich da nichts.
Dann gab es einige gute Berichte über Simulationen und sogar Filme auf youtube dazu. Sehr erleuchtend und so, dass man denkt, wenn man also ein paar Mathematiker, Physiker und Informatiker zusammen mit Epidemiologie bringt, dann werden die schon Material hervorbringen, dass ich in meiner Bescheidenheit nicht hervor bringen kann. Übrigens genau die fachliche Zusammensetzung findet man in den entsprechenden Gruppen. Wenn diese Leute die Anfangsbedingungen für ein solches Modell bestimmen und durchrechnen und anschließend die Ergebnisse ihrer Modelle mit der aktuellen Lage vergleichen, wird uns das mehr bringen, als die Aussagen des Herren hier. Denn diese Überlegungen waren bestimmt im trivialen Teil der dortigen Erörterungen auch Thema, da bin ich mir ganz sicher. So viel Vertrauen habe ich nämlich in die Fähigkeiten von Experten beim RKI. Trotzdem sollte man natürlich auch in der Öffentlichkeit darüber nachdenken, ob das was passiert ist und aktuell auch noch Stand der Dinge ist, angemessen ist. Das ist aber eine politische Aufarbeitung, die in Verhalten durch beschlossene Verhaltensregeln resultieren wird. Grundsätzlich anzuzweifeln und zu glauben, dass wir "blöde" Wissenschaftler haben, den beim Umgang mit Zahlen schlimme Fehler unterlaufen sind, halte ich für falsch. Es wurde ganz am Anfang gesagt, dass man einer im Anfang exponentiell verlaufenden Pandemie mit schnellen drastischen Maßnahmen begegnen muss, die man in der Folge schrittweise wieder zurück nimmt. Genau das machen wir und genau das sollten wir auch diskutieren. Und, egal was hier fabuliert wird, wir sollten die Gefahr ernst nehmen, dass man bei einer Pandemie in unkontrollierbare Zustände geraten kann (auch jetzt noch), wo das Gesundheitssystem überfordert wird. Die wichtige Frage ist immer wie weit sind wir davon entfernt und mit wieviel Zeitverzögerung bekommen wir Informationen darauf, wo wir uns aktuell gerade hin bewegen.