Als Verständnishilfe für die statistischen Hintergründe wollen wir ein einfaches Beispiel benutzen: Nehmen wir an, in einem Garten sind an verschiedenen Stellen jeden Tag zehn Eier versteckt (das entspricht der wahren Anzahl an Neuinfektionen). Am ersten Tag darf man aber nur eine Minute suchen und findet ein Ei, am zweiten Tag dann zwei Minuten und man findet zwei Eier, und am dritten Tag darf man vier Minuten suchen und man findet vier Eier (das entspricht der Erhöhung der Anzahl der Tests über die Zeit). Man könnte nun den irreführenden Eindruck gewinnen, dass Tag exponentiell mehr Eier (Neuinfektionen) im Garten versteckt sind, weil man ja jeden Tag exponentiell mehr Eier findet. Aber das ist natürlich eine problematische Interpretation, denn in Wirklichkeit waren ja immer gleich viele Eier (Neuinfektionen) im Garten versteckt, und die erhöhte Anzahl an gefundenen Eiern (Neuinfektionen) geht nur auf die erhöhte Anzahl an Suchversuchen (erhöhte Anzahl an Coronavirus-Tests) zurück.
Das Eier-Beispiel funktioniert nur, wenn man Coronavirus-Test rein zufällig an irgendwelchen Personen durchführen würde. Dann gilt natürlich die banale Regel: Wer länger sucht oder mehr Tests durchführt, der findet auch mehr.
Bei der Pandemie wurden aber die Tests überhaupt nicht nach diesem Muster durchgeführt, sondern waren anlassbezogen. Wer die spezifischen Symptome zeigte und selber im Risikogebiet war oder Kontakt zu einem Infizierten hatte, der wurde getestet.
Eine starke Korrelation würde es ebenfalls noch geben, wenn im Anfangzeitraum nicht genug Verdachtsfälle hätten getestet werden können. Das war aber nicht der Fall
er erste Fall ist äußerst unwahrscheinlich angesichts der bereits im vorherigen Beitrag erwähnten Tatsache, dass sich die Anzahl an akuten Atemwegserkrankungen - dem Leitsymptom der Anwendung des Coronavirus-Tests - laut der Influenza-Wochenberichte des RKI von Kalenderwoche 10 auf 12 nur relativ gering geändert hat (Anstieg von 1,6 auf 1.8 Millionen) und seitdem kontinuierlich sinkt (auf 1.1 Millionen in KW 13, auf 700.000 in KW 14 und schließlich auf 370.000 in KW 15. Die Verbreitung anderer Krankheitserreger sinkt also relativ deutlich seit Kalenderwoche 13.
Da aber das ist hier ebenfalls nur Hintergrundrauschen. D.h. es haben in den früheren KW mehr Leute einen Test gemacht, die fälschlich eine Grippe hatten. Das erhöht zwar die Gesamtheit der Tests, hat aber keinen Einfluss auf Neuinfektionen. Wenn die übereifrigen Kinder nicht nur die Eier, sondern auch alles anschleppen, was ein Ei sein könnte, hat der Dreck nur wenig Einfluss auf das Ergebnis.
Wir ziehen damit praktisch eine Stichprobe aus der Bevölkerung von Menschen mit Atemwegsinfektionen, um zu schauen, inwieweit sich das neue Virus in der Bevölkerung schon verbreitet hat.
Eine Stichprobe ermöglicht Rückschlüsse auf Gesamtheit, ersetzt diese aber nicht. Daher vergleicht der Autor hier Äpfel mit Birnen. Zudem sind ja nur die Corona-Infizierten in diese Stichprobe geraden, die sich selbst nicht für einen Corona-Verdachtsfall gehalten haben. (Also eine Ansteckung über Dritte.)
Fazit:
Wenn man dann als ein in Forschungsmethoden erfahrener Wissenschaftler bemerkt, dass womöglich die den ergriffenen Maßnahmen zugrundeliegende wissenschaftliche Basis Probleme aufweist, sucht man normalerweise nicht den Weg in die Öffentlichkeit.
Ganz so dolle ist das mit den Kenntnissen der Forschungsmethoden nicht.
Die Anzahl der Infizierten ist eine absulte Zahl, die selbstverständlich mit Unsicherheiten behaftet ist, aber man kann diese Zahl selbst nicht aufgrund der Testmethode relativieren. Die Anzahl der tatsächlich Infizierten wird immer höher gewesen sein, aber Rahmenbedingungen haben sich in dem Zeitraum nicht wesentlich verändert.
Die Maßnahmen erfolgten aufgrund der Erkenntnisse von Webasto, Gangeln und Ischgl und dem Umstand, dass immer mehr nicht zurückverfolgbare Infektionen auftraten und dies in großer Zahl, so dass durchaus die realistische Gefahr der Überlastung des Gesundheitssystems im Raum stand. Dieser Fall ist ja in diversen Nachbarländern auch eingetreten, ohne das jetzt Italiener oder Spanier so wesentlich anders gestrickt wären.
Zudem haben wir immernoch 1700 neue Fälle und bewegen uns da auf einem Stand von Anfang März.
Nebenbei diskutiere ich leiber darüber, was man vielleicht hätte auch unterlassen können, als darüber was man hätte tun müssen, um die Katastrophe zu verhindern.