SARS-CoV-2 befällt das Gehirn, aber man fragt sich gern, ob die Leute mit COVID19 blöd geworden sind, oder an COVID19 verblödet sind. Oder vielleicht sogar schon immer blöd waren, nur hat man es noch nicht gemerkt? Intelligenz ist ja die Anpassung an neue Herausforderungen; solange sich nichts ändert, kann man auch schwer dement mit der gewohnten Routine klarkommen.
Fangen wir an bei den „mit“ statt „an“ COVID19 gestorbenen. Schlaganfälle, Herzinfarkte. Ja.
Leider stellt sich heraus, dass das sehr oft ursächlich am Virus liegt. Denn ACE2 ist ja nicht nur in der Lunge, sondern auch in den Blutgefäßen, und im Herzmuskel. Nicht umsonst schlucken Millionen von Leuten ACE-Hemmer wie Ramipril™. Ein Andocken dort sorgt neben der Möglichkeit eines septischen Schock (Viren in Blutgefäßen werden immer heftig attackiert) auch dafür, dass sich die Blutgerinnungsfaktoren ändern, und der Blutdruck sich ändert — und dann gibt es eben Herzinfarkte und Schlaganfälle. 1/3 aller bisherigen Schlaganfälle und Herzinfarkte haben schon eine statistisch signifikante Korrelation mit Infektionen, was auch nicht wundert. Das, was #COVID19 kann, können andere Keime hier und da natürlich auch.
Also: Wer während einer COVID19-Infektion an Herzinfarkt oder Schlaganfall stirbt, hat das sehr wahrscheinlich dem Virus zu verdanken. Tatsächlich muss man dringend auch die nur wegen Herzinfarkt oder Schlaganfall eingelieferten auf COVID19 testen, denn das ist eine Komplikation, die auch bei ansonsten leichtem Verlauf auftreten kann. Thema bitte abhaken, danke. Das bringt nix.
https://medicalxpress.com/news/2020-05-heart-failure-covid-dangerous-cardiovascular.html
Dann zu den Tests und der Statistik: Richtig ist, dass wohl jedes Land am Anfang des Ausbruchs erst mal untertestet, und dann, wenn der Ausbruch nicht mehr übersehbar ist, seine Testkapazität hochfährt. Deshalb haben bei uns viele Gesundheitsämter beim Test auch nach dem Beginn der Symptome gefragt, um so die Fälle passend rückdatieren zu können, während sie den Backlog-Berg der noch nicht getesteten Fälle aufgearbeitet haben.
So, das verschiebt dann das exponentielle Wachstum etwas in die Vergangenheit. Und wenn ich mir diese Daten vom RKI angucke, dann bleibt es aber bei den 33% Zunahme pro Tag. Es gab auch da ein schnelles, exponentielles Wachstum, das sich erst mit den stufenweise eingeführten Maßnahmen (Großveranstaltungen mit Massen-Ausbreitung ab 8.3. zu, Schulen und Bayern (stark verseucht) dicht ab 16.3., Allgemeine Kontaktsperren ab 23.3.) nachgelassen hat, und zwar schön schrittweise.
Und man muss sich ja nicht auf Deutschland beschränken. Es gibt genügend Länder, die haben die Epidemie weiter wachsen lassen. Irgendwann gibt es Berge von Leichen, die sich nur noch schwer verstecken lassen, selbst wenn man dank Untertestung nicht alle Leichen erfasst. Der Economist hat einige Daten schön vergleichbar gemacht, ist schon einen Monat her:
https://www.economist.com/graphic-detail/2020/04/16/tracking-covid-19-excess-deaths-across-countries
Und Euromono trackt in Europa mit:
https://www.euromomo.eu/graphs-and-maps/
Das Thema ist also auch gegessen: Woher soll diese große Hintergrundinfektion an COVID19 denn kommen? Nein, die muss schon erst kürzlich aufgetreten sein. Und in der Anfangsphase einer Epidemie, wenn noch niemand sein Verhalten geändert hat, läuft das halt exponentiell. Die 33% pro Tag funktionieren nicht global einheitlich, es gibt auch schwächeres Anwachsen; schnelleres ist eher ein Aufholen der Testkapazität. Das R0 eines Virus ist ja keine virusinhärente Eigenschaft, sondern eine Substrat-Eigenschaft. Also, Substrat, das sind wir, die Wirte.
Die Warnung davor, dass es hier ein exponentielles Wachstum gibt, und dass man was tun muss, wird ja gehört. Auch in Schweden, halt nur später und weniger gut als in den Nachbarländern. Freiwillig bleiben dort die Cafés leer, nicht erzwungen. Auch in Belarus hat die Bevölkerung kapiert, dass sie besser zu Hause bleibt, selbst wenn der voll-verblödete Präsident weiter von Normalität daherschwurbelt.
Wissenschaftliches Arbeiten, möchte ich betonen, ist das Aufstellen einer These, die in ein logisches und in sich schlüssiges Gesamtbild mündet, das auch erhalten bleibt, wenn man andere Beobachtungen hinzufügt.
Ja, nicht alle Beobachtungen kann man richtig einsortieren; so muss man bei den Heinsberg-Studien halt aufpassen — die Spezifität der Antikörpertests war vor einem Monat noch unter aller Sau. Die Ergebnisse kann man dann erst mal wegwerfen. Inzwischen ist der Durchbruch gelungen, der Roche-Test ist gut genug, um wenigstens ein stark betroffenes Land wie Spanien durchzutesten, und auch wenn dort ebenfalls ein Faktor 10 herauskommt wie in Heinsberg, so passt das doch zu der erwarteten Untertestung in Spanien: Die haben ja auch (Übersterblichkeit mitgerechnet) um die 50k Tote (untere Grenze). Das sind dann 2%+ IFR, eine Zahl, die so ungefähr passt. Das ist auf dem Niveau der Spanischen Grippe in Industrienationen damals.
Wir werden also auf Jahre hinaus eine leichte Untersterblichkeit in diesen Ländern haben, weil doch relativ viele alte Leute weggestorben sind. Das sieht man übrigens auch jetzt schon.
Also, Leute, nehmt die Krankheit ernst.