Nehmen wir an, es gäbe eine neue Partei, z.B. die Rechtsliberalen. Es ist 4 Monate vor Bundestagswahlen. Dann machen wir eine Umfrage, fangen mit 100 an. 6 der Befragten sagen, sie denken darüber nach, die Rechtsliberalen zu wählen. In den Medien kommt die Meldung, dass es inzwischen 6 Rechtsliberale Wähler gäbe, also kein Problem. Dann fragen wir 500, nach 5 Tagen haben wir 1000 befragt. 60 von 1000 sagen, sie würden evtl. rechtsliberal wählen. Die Medien melden, die Zahl hat sich verzehnfacht. Ist noch wenig, aber ein alarmierender, möglicherweise exponentieller Anstieg.
Da man davon ausgeht, dass die Rechtsliberalen Wähler in Form einer sich ausbreitenden Filterblase wachsen, werden die Umfragen vor Allem im Netzwerk der bereits Befragten durchgeführt. Und deshalb bekommt man hohe Zahlen genau da, wo man Umfragen macht. Die Hochburgen sind genau da, wo man sie erwartet. Das wird als Beweis gesehen, dass es sich um eine infektiöse Meinungs-Verbreitung handelt.
Da wir mehr Umfragen machen wollen, setzen wir mehr Teams ein, die diese durchführen. Mit der höheren Umfragekapazität fragen wir 2000, 5000, 10000. 600 von 10000 sagen sie würden evtl. rechtsliberal wählen. Eine weitere Verzehnfachung innerhalb von 5 Tagen! Ein exponentielles Wachstum. Dass das unverändert 6% der Befragten sind, wird nicht erwähnt. Und auch nicht, dass die Befragten mehrere Parteien gleichzeitig ankreuzen konnten.
Da die Umfragekapazität immer noch zu gering ist, ändert man die Regeln und geht davon aus, dass jeder der in enger Verbindung mit den Rechtsliberalen steht und noch nicht befragt wurde auch rechtsliberal wählen würde (24.3.2020 RKI). Damit explodieren die Zahlen noch schneller als die Umfragen expandieren. Ein weiteres exponentielles Wachstum. Nach weiteren 5 Tagen werden so 6000 Rechtsliberale Wähler gemeldet. Da die Regeln geändert wurden, kann man aber gar nicht mehr sagen, wie viel Prozent das sind – der Bezug fehlt. Nur das exponentielle Wachstum wird nun als gesichert angenommen.
Parallel wird ermittelt, wie viele Wähler schon gewählt haben. 10% sagen, sie hätten schon gewählt. Also meldet man, 10% der Potentiellen hätten schon rechtsliberal gewählt, also wären bereits 600 Stimmzettel für Die Partei fix. Man hat aber nicht festgestellt, wen sie tatsächlich gewählt haben. Tatsächlich hatten nur 0,8% die rechtsliberale Partei angekreuzt, 99,2% hatten 2, 3 oder 4 angekreuzt.
Man rechnet trotzdem hoch: Wenn das bis zur Wahl so weitergeht, würden bei exponentiellem Wachstum 70% der Bundesbürger rechtsliberal wählen. Was für eine Katastrophe!
Sie sehen sofort: Man kann diese Zahlen nur im Zusammenhang mit den Umfragen bzw. Testungen bewerten und Fakt ist, dass in diesem Beispiel der Prozentsatz der positiven Umfragen/Tests pro durchgeführten Umfragen/Tests annähernd konstant blieb. usw.