JohnGeorge24 schrieb am 26.09.2023 10:47:
Herr Reisner, Sie weisen in Ihren Bemerkungen zur russischen Luftwaffe nicht darauf hin, dass deren Fluggerät schlichtweg veraltet ist und sie keine beweglichen Ziele in der Ukraine wenige Kilometer hinter der Front erfolgreich angreifen können. Ihr Erfolg beruht meiner Meinung nach auf ihren überlegenen Luft-Luft Distanzwaffen und Marschflugkörpern.
Er erklärt doch das diese regelmäßig Einsätze fliegen. (Ich geb mal Zahlen) Und zwar so ca. 100-150 Sorties am Tag. Durchaus auch im Feindgebiet als CAS, besonders mit MiG-25 und Hubschraubern. Das Gebiet ist nicht nur riesig sondern halt auch sehr unfreundlich für Fluggeräte, da diese entweder in großer Höhe durch weiterhin exisitierenden (und massiv nachgelieferten) weitreichende Luftabwehrstellungen gefährdet sind, oder in niedriger Höhe durch MANPADs. Daher ist nachvollziehbar das man diese strategischen Assets nicht unnötig vergeudet, insbesondere da ja noch diverse Kampfflugzeuglieferungen des Westen anstehen.
Der neue Trend seit einigen Monaten sind übrigens Gleitbomben mit ca. 1 min Flugzeit
Ansonsten hört man von Problemen bei der IFF durch massive elektronische Kriegsführung beider Seiten und das es einige blue on blue Incidents gab.
Weiterhin zeigt sich die immer noch bestehende deutliche Unterlegenheit in der Echtzeit(fern)aufklärung, Innitiative im Kampf und der Zeitdauer zwischen Zielzuweisung, und Auslösung Feuerbefehl. Die beiden letzteren Dinge sind zum einen natürlich der klassischen Befehls- statt Auftragstaktik geschuldet und dem bekannt schwachen Unteroffizierscorps. Dem wird evtl. mit der Integration von ehemaligen Wagnertruppen entgegengewirkt.
Trotzdem hat Russland bei der Artillerie offenbar erhebliche Fortschritte gemacht und die Reaktionszeiten von Stunden bis teilweise Tagen auf 5-30 min reduzieren können. Auch die Ersttrefferwahrscheinlichkeit ist erheblich (bis Faktor 5) gestiegen. Dies macht sich in deutlich reduziertem Munitionsverbrauch bemerkbar.
Weiterhin sind modernisierte "Panzerhaubitzen" aufgetaucht, die wie die PzH 2000 über die Fähigkeit verfügen aus einer Stellung ein Ziel gleichzeitig mit mehreren Treffern einzudecken. Hier fehlt Russland offenbar momentan noch die Massenfertigung reichweitengesteigerter Munition und verlängerte Läufe um dies in deutliche Fronterfolge umzuwandeln.
Auch sind aufgabenangepasste elektronische Rechenhilfen statt klassischen Vordruckblöcken bei der Artillerie aufgetaucht - wobei etliche der Projekte wohl bereits in den 80ern begonnen aber bisher nie wirklich eingeführt wurden.
Bei der Kommunikation gab es wohl auch Veränderungen und teils Fortschritte. Wobei hier auch sehr traditionelle Methoden aufgetaucht sind, die sich aber gegen Abhören wohl bewährt haben (OTP, Codebücher, wie aber auch mehr oder weniger improvisierte SDR-Lösungen)
Auch führt Russland zunehmend und auch erfolgreiche nächtliche Angriffe durch, so das hier inzwischen offenbar vermehrt modernere Sichtgeräte verfügbar sind.
Der Masseneinsatz von MLRS ("Katjuscha") hat dafür enorm nachgelassen. Hier ist unklar ob die zu geringe Reichweite gegenüber moderner gegnerischer Rohrartillerie und damit ein Verzicht, oder hohe Verluste/schlechte Versorgungslage der Grund sind.
Bei der medizinischen Erstversorgung der russischen Truppen scheint es auch deutliche Verbesserungen gegeben zu haben. Moderne IFAK sind offenbar in großen Mengen ausgegeben worden. Sie ähneln vom Inhalt den bekannten Israelischen. Das Gleiche gilt für moderne Tragen etc. Es finden wohl auch regelmäßige Schulungen im Gebrauch statt.
Letztlich sind in einigen Frontabschnitten (wo vorher ältere Offiziere eingesetzt waren, die aber vor einiger Zeit bereits ausgeschaltet wurden) vermehrt leichte Infanterieeinheiten aufgetaucht die recht effizient in kleinen unabhängigen Gruppen arbeiten (vorwiegend Luftlandetruppen und Marineinfanterie mit Kleinwaffen und tragbarer Panzerabwehr) und deren Ausrüstungs-, Ausbildungs- und Motivationsstand sowie Initiative deutlich höher scheint. Mutmaßlich wird hier in begrenztem Maßstab von jüngerem Führungspersonal mit neuen Taktiken und Führungsmethoden experimentiert. Ältere Panzermodelle dienen dabei als indirekte Feuerunterstützung/fahrbare Artillerie.