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Die "gerechte Sache" und der Krieg

Otho schrieb am 14. November 2005 17:18


> Es ist ganz anders gewesen. Der politische Pazifismus kam auf,
> nachdem die Kirche ihre Doktrin vom "grechten Krieg" fallen gelassen
> hat. Wie die Kirche auch, so brauch auch der Pazifismus sich um die
> Gerechtigkeit im Krieg keine Gedanken mehr machen:


Das Denken wollen uns die Herrschenden gern abnehmen. Sie möchten für
uns denken, aber möglichst mit unserem Geld. Doch leider will die
Irrlehre des Pazifismus einfach nicht aussterben. Sie ist der
Dolchstoß für die wacker kämpfenden Soldaten an den Frontlinien
dieser Welt. :-)

> Hier wurde "gerecht" durch "gerechtfertigt" ersetzt - Zitat:

> "Folgenschwer ist zudem, daß die Kirche, die noch zu Anfang des
> letzten Jahrhunderts lehrte, von zwei Kriegführenden könne nur
> *einer* das Recht auf seiner Seite haben, .....

> [So lautet die sogenannte scholastische Doktrin vom Krieg, die Thomas
> von Aquin mit all ihren Aspekten rigoros formuliert hat. Ihr zufolge
> nimmt ein Fürst (oder ein Volk), der den Krieg erklärt, den Platz
> eines Richters (minister Dei) ein, unter dessen Jurisdiktion eine
> fremde Nation fällt, die Unrecht begangen hat und Wiedergutmachung
> verweigert. Insbesondere folgt daraus, daß der siegreiche Angreifer
> nur den Schuldigen strafen soll und keinerlei persönlichen Gewinn aus
> seinem Sieg beziehen darf. Diese so hochmoralische Doktrin ist
> heutzutage von der Kirche gänzlich fallengelassen worden (vgl.
> Vanderpol, La Guerre devant le christianisme, Absatz IX)].

> ..... diese These einfach fallengelassen hat und heute öffentlich
> erklärt, beide Parteien könnten zugleich im Recht sein, »sofern jeder
> der beiden Kontrahenten, nach eingehender Konsultation seiner
> Berater, den eigenen Standpunkt wenn auch nicht absolut, so doch
> wahrscheinlich für gerechtfertigt halten kann«."

Hochinteressant. Beide Seiten sind im Recht (Maresch: iusta causa),
und die Soldaten schlagen sich trotzdem gegenseitig die Schädel ein.
Allmählich ahne ich, woher Leute wie G.W. Bush die scheinbare
Sicherheit ihrer frömmelnden Kriegs-"Philosophie" nehmen. Sie sind
eben auserwählt, ihre Truppen in die Schlacht zu führen und deshalb
grundsätzlich im Recht. :-)


> und hiermit werden Angriffskriege gerechtfertigt:

> "Ein gravierender Umstand besteht auch darin, daß eine
> Kriegserklärung, die früher nur erfolgen durfte, wenn der Gegner ein
> *moralisch zu wertendes*, *intentionales* Unrecht begangen hatte,
> jetzt bereits ausgesprochen werden kann, sobald eine bloß materielle
> Schädigung vorliegt, hinter der keinerlei böser Wille steht  (z. B.
> eine unbeabsichtigte Grenzverletzung).

Notfalls kann der Feldherr auch ein bißchen nachhelfen wie beim
Überfall auf den Sender Gleiwitz, oder er kann etwas auf dem Gebiet
des Feindes vermuten, daß einen Angriff rechtfertigt. Nichts ist so
schnell vom Zaun gebrochen wie ein Krieg, dessen Beginn bereits eine
beschlossene Sache ist.


> [Dies ist - wie auch schon die These vom beiderseits gerechten Krieg
> - die Doktrin Molinas, die in Sachen Kriegsrecht die scholastische
> Doktrin völlig aus der kirchlichen Lehre verdrängt hat.]"

> schonmal hier geposted:

http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=8634826&forum_id=83287


> Und so ist sowohl die Kirche als auch der Pazifismus nicht mehr als
> ein Fähnlein im politischen Wind.

Dies gilt aber nur für den Pazifismus der Regierungen, sonst müßten
die wahren Pazifisten sich an dieser Stelle beleidigt fühlen. :-)


> Hier noch ein diesbezügliches Zitat, aus dem gleichen Buch:

http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=9044733&forum_id=86282


> Uebrigens will Maresch uns - ganz wie die Kirche oder die Pazifisten
> - wohl weismachen, dass die "gerechte Sache" (ein Teilaspekt der
> Doktrin vom "gerechten Krieg") nur im Auge des Betrachters existent
> sei, mithin völlig relativ ist. Dies kommt z.B. an einer solchen
> Stelle heraus:

> Zitat:
> "Weil der Irreguläre .. ständig seinen Standort wechselt; weil seine
> Aktionen unberechenbar erfolgen und er heimtückisch aus dem
> Hinterhalt zuschlägt; und weil er hundertprozentig von seiner Sache
> (iusta causa) überzeugt ist und er sich im Schatten humanitärer
> Rücksichten und Ideen wie ein Fisch im Wasser bewegt, ist er mit
> herkömmlichen Mitteln .... nur schwer zu fassen."

Maresch tut so, als ob die Regierungen niemals humanitäre Rücksichten
und Ideen für ihre Raubzüge mißbrauchen würden, das ist mir auch
schon aufgefallen.


> Dass nunmehr jeder die "gerechte Sache" für sich reklamieren kann,
> ist eine Folge der *Aufgabe* der Gerechten-Kriegs-Doktrin und nicht
> seine Fortsetzung!

> > Mir ist nicht ganz klar, warum die angeblich "neuromantische"
> > (Maresch-Deutsch) Vorstellung von Pazifisten, daß man auf den Krieg
> > als Mittel verzichten müsse, jetzt auf einmal ins Gegenteil
> > umgeschlagen sein soll.

> Wenn Maresch behauptet hätte, der Pazifismus diene mitunter der
> Kriegs-Politik und würde sie ummänteln - das wäre eine wahre
> Diskussionsgrundlage. Aber er will den Pazifismus als *Ursache*
> herausstellen. Dies ist auch aus seiner Ankündigung des 3. Teils
> herauszulesen: "Im dritten Teil wird dargelegt, wie aus dem
> unbedingten Willen zum Frieden .. [den die] .. Mystiker eines "Ewigen
> Friedens" an den Tag legen ... der Begriff des "gerechten Krieges"
> neu erwächst..".


Pazifismus ist niemals eine Einladung zum Krieg, weil richtig
verstandener Pazifismus eine Gegenwehr nicht ausschließt, sondern nur
den Angriff. Genau hier liegt der (möglicherweise vorsätzliche)
Fehlschluß von Maresch.

> Es wäre wohl ungleich angebrachter darzustellen, wie die praktische
> Politik die Ideen des "Ewigen Friedens, des Universalismus, des
> Humanitarismus und eine aus dem Zusammenhang gerissenen "Gerechten
> Krieg" für ihre Zwecke *missbraucht* hat.

Ganz genau. So sehe ich das auch.


> Aber darum geht es Herrn Maresch wohl: genau diese letztere
> Fragestellung im Ansatz zu diskreditieren.

> > ... Vielleicht trifft das ja auf Herrn Maresch
> > zu, der den Krieg als Mittel der Politik schon seit geraumer Zeit in
> > seinen Artikeln propagiert.

> Und das hier wäre als präventiver moralischer Kahlschlag zu
> begreifen.

Jedem richtigen Krieg geht zunächst der Krieg der Worte voraus. Wenn
die unseligen Ideen dann genug gereift sind, werden sie in die
verfluchte Tat umgesetzt.


> > .... Aber echte Pazifisten dürften sich gegen
> > diese Unterstellung verwahren.

> Ob sie klug genug sind, ihre Fehler zu erkennen und ausreichend
> konstruktive Selbstkritik zu üben? Ich bezweifel es. Schon deswegen,
> weil sie längst zu Mitteln der Politik geworden sind.

Keine Sorge. Die echten Pazifisten sind nicht zu Mitteln der Politik,
sondern zu geheimdienstlichen Beobachtungsobjekten und Meßgrößen der
politischen Stimmung geworden. :-)


> > Außerdem wüßte ich wirklich gerne, was "Menschenbewegte" sind. In
> > einem Wörterbuch wird man dieses blödsinnige Maresch-Geschwurbel
> > sicher nicht finden.

> Ich wette mal, dies soll Menschen bezeichnen, die für Menschrechte
> eintreten (meist wird bei Gebrauch noch "Pazifisten" hinzugestellt,
> wohl um die Idee Menschenrechte als allgemeinen "Gutmenschenwahn"
> hinzustellen).

Wie überhaupt dieser ganze Artikel von Maresch darauf abzielt, jede
friedvolle Ethik irgendwie schlecht zu machen.


> > Weiterhin ist mir nicht ganz klar, wo Herr Maresch eine politische
> > Entwicklung  zu einer "Moralisierung des Krieges" sieht.

> Es tut so als gäbe es die tatsächlich. Es gibt aber höchstens eine
> Geschichte  der Heuchelei, die eine "Moralisierung des Krieges" nur
> scheinbar berücksichtigt. Da die "Moralisierung des Krieges" aber
> nach Maresch Realität ist, diese aber durchaus fragwürdig ist, kann
> er die "Moralisierung des Krieges" *an sich* geisseln, wo er doch die
> Heuchelei geisseln müsste!

Ganz richtig.


> Damit dient er der Heuchelei, die die "Moralisierung des Krieges" zum
> Vorwand für den Krieg nimmt... Somit dient er der Akzeptanz des
> Krieges.

Das scheint mir auch das Ziel seiner Tiraden zu sein.


> Das ist viel grundlegender als

> > Kriegshetze ..

> Und da passt Schmitt als Ideengeber auch ganz hervorragend zu.


Dafür hat ihn ja schon der "Führer" so geschätzt.

:-)

Schönen Tag wünscht
BasisDemokrat

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