BasisDemokrat schrieb am 14. November 2005 14:57
> .... mir
> ist vollkommen klar, welchen Schluß er dem geneigten Leser nahelegen
> möchte. Das geht nämlich aus dem von Ihnen unterschlagenen Rest des
> vorletzten Absatzes hervor.
Es ist ganz anders gewesen. Der politische Pazifismus kam auf,
nachdem die Kirche ihre Doktrin vom "grechten Krieg" fallen gelassen
hat. Wie die Kirche auch, so brauch auch der Pazifismus sich um die
Gerechtigkeit im Krieg keine Gedanken mehr machen:
Hier wurde "gerecht" durch "gerechtfertigt" ersetzt - Zitat:
"Folgenschwer ist zudem, daß die Kirche, die noch zu Anfang des
letzten Jahrhunderts lehrte, von zwei Kriegführenden könne nur
*einer* das Recht auf seiner Seite haben, .....
[So lautet die sogenannte scholastische Doktrin vom Krieg, die Thomas
von Aquin mit all ihren Aspekten rigoros formuliert hat. Ihr zufolge
nimmt ein Fürst (oder ein Volk), der den Krieg erklärt, den Platz
eines Richters (minister Dei) ein, unter dessen Jurisdiktion eine
fremde Nation fällt, die Unrecht begangen hat und Wiedergutmachung
verweigert. Insbesondere folgt daraus, daß der siegreiche Angreifer
nur den Schuldigen strafen soll und keinerlei persönlichen Gewinn aus
seinem Sieg beziehen darf. Diese so hochmoralische Doktrin ist
heutzutage von der Kirche gänzlich fallengelassen worden (vgl.
Vanderpol, La Guerre devant le christianisme, Absatz IX)].
..... diese These einfach fallengelassen hat und heute öffentlich
erklärt, beide Parteien könnten zugleich im Recht sein, »sofern jeder
der beiden Kontrahenten, nach eingehender Konsultation seiner
Berater, den eigenen Standpunkt wenn auch nicht absolut, so doch
wahrscheinlich für gerechtfertigt halten kann«."
und hiermit werden Angriffskriege gerechtfertigt:
"Ein gravierender Umstand besteht auch darin, daß eine
Kriegserklärung, die früher nur erfolgen durfte, wenn der Gegner ein
*moralisch zu wertendes*, *intentionales* Unrecht begangen hatte,
jetzt bereits ausgesprochen werden kann, sobald eine bloß materielle
Schädigung vorliegt, hinter der keinerlei böser Wille steht (z. B.
eine unbeabsichtigte Grenzverletzung).
[Dies ist - wie auch schon die These vom beiderseits gerechten Krieg
- die Doktrin Molinas, die in Sachen Kriegsrecht die scholastische
Doktrin völlig aus der kirchlichen Lehre verdrängt hat.]"
schonmal hier geposted:
http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=8634826&forum_id=83287
Und so ist sowohl die Kirche als auch der Pazifismus nicht mehr als
ein Fähnlein im politischen Wind.
Hier noch ein diesbezügliches Zitat, aus dem gleichen Buch:
http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=9044733&forum_id=86282
Uebrigens will Maresch uns - ganz wie die Kirche oder die Pazifisten
- wohl weismachen, dass die "gerechte Sache" (ein Teilaspekt der
Doktrin vom "gerechten Krieg") nur im Auge des Betrachters existent
sei, mithin völlig relativ ist. Dies kommt z.B. an einer solchen
Stelle heraus:
Zitat:
"Weil der Irreguläre .. ständig seinen Standort wechselt; weil seine
Aktionen unberechenbar erfolgen und er heimtückisch aus dem
Hinterhalt zuschlägt; und weil er hundertprozentig von seiner Sache
(iusta causa) überzeugt ist und er sich im Schatten humanitärer
Rücksichten und Ideen wie ein Fisch im Wasser bewegt, ist er mit
herkömmlichen Mitteln .... nur schwer zu fassen."
Dass nunmehr jeder die "gerechte Sache" für sich reklamieren kann,
ist eine Folge der *Aufgabe* der Gerechten-Kriegs-Doktrin und nicht
seine Fortsetzung!
> Mir ist nicht ganz klar, warum die angeblich "neuromantische"
> (Maresch-Deutsch) Vorstellung von Pazifisten, daß man auf den Krieg
> als Mittel verzichten müsse, jetzt auf einmal ins Gegenteil
> umgeschlagen sein soll.
Wenn Maresch behauptet hätte, der Pazifismus diene mitunter der
Kriegs-Politik und würde sie ummänteln - das wäre eine wahre
Diskussionsgrundlage. Aber er will den Pazifismus als *Ursache*
herausstellen. Dies ist auch aus seiner Ankündigung des 3. Teils
herauszulesen: "Im dritten Teil wird dargelegt, wie aus dem
unbedingten Willen zum Frieden .. [den die] .. Mystiker eines "Ewigen
Friedens" an den Tag legen ... der Begriff des "gerechten Krieges"
neu erwächst..".
Es wäre wohl ungleich angebrachter darzustellen, wie die praktische
Politik die Ideen des "Ewigen Friedens, des Universalismus, des
Humanitarismus und eine aus dem Zusammenhang gerissenen "Gerechten
Krieg" für ihre Zwecke *missbraucht* hat.
Aber darum geht es Herrn Maresch wohl: genau diese letztere
Fragestellung im Ansatz zu diskreditieren.
> ... Vielleicht trifft das ja auf Herrn Maresch
> zu, der den Krieg als Mittel der Politik schon seit geraumer Zeit in
> seinen Artikeln propagiert.
Und das hier wäre als präventiver moralischer Kahlschlag zu
begreifen.
> .... Aber echte Pazifisten dürften sich gegen
> diese Unterstellung verwahren.
Ob sie klug genug sind, ihre Fehler zu erkennen und ausreichend
konstruktive Selbstkritik zu üben? Ich bezweifel es. Schon deswegen,
weil sie längst zu Mitteln der Politik geworden sind.
> Außerdem wüßte ich wirklich gerne, was "Menschenbewegte" sind. In
> einem Wörterbuch wird man dieses blödsinnige Maresch-Geschwurbel
> sicher nicht finden.
Ich wette mal, dies soll Menschen bezeichnen, die für Menschrechte
eintreten (meist wird bei Gebrauch noch "Pazifisten" hinzugestellt,
wohl um die Idee Menschenrechte als allgemeinen "Gutmenschenwahn"
hinzustellen).
> Weiterhin ist mir nicht ganz klar, wo Herr Maresch eine politische
> Entwicklung zu einer "Moralisierung des Krieges" sieht.
Es tut so als gäbe es die tatsächlich. Es gibt aber höchstens eine
Geschichte der Heuchelei, die eine "Moralisierung des Krieges" nur
scheinbar berücksichtigt. Da die "Moralisierung des Krieges" aber
nach Maresch Realität ist, diese aber durchaus fragwürdig ist, kann
er die "Moralisierung des Krieges" *an sich* geisseln, wo er doch die
Heuchelei geisseln müsste!
Damit dient er der Heuchelei, die die "Moralisierung des Krieges" zum
Vorwand für den Krieg nimmt... Somit dient er der Akzeptanz des
Krieges.
Das ist viel grundlegender als
> Kriegshetze ..
Und da passt Schmitt als Ideengeber auch ganz hervorragend zu.
mfG, Otho
> .... mir
> ist vollkommen klar, welchen Schluß er dem geneigten Leser nahelegen
> möchte. Das geht nämlich aus dem von Ihnen unterschlagenen Rest des
> vorletzten Absatzes hervor.
Es ist ganz anders gewesen. Der politische Pazifismus kam auf,
nachdem die Kirche ihre Doktrin vom "grechten Krieg" fallen gelassen
hat. Wie die Kirche auch, so brauch auch der Pazifismus sich um die
Gerechtigkeit im Krieg keine Gedanken mehr machen:
Hier wurde "gerecht" durch "gerechtfertigt" ersetzt - Zitat:
"Folgenschwer ist zudem, daß die Kirche, die noch zu Anfang des
letzten Jahrhunderts lehrte, von zwei Kriegführenden könne nur
*einer* das Recht auf seiner Seite haben, .....
[So lautet die sogenannte scholastische Doktrin vom Krieg, die Thomas
von Aquin mit all ihren Aspekten rigoros formuliert hat. Ihr zufolge
nimmt ein Fürst (oder ein Volk), der den Krieg erklärt, den Platz
eines Richters (minister Dei) ein, unter dessen Jurisdiktion eine
fremde Nation fällt, die Unrecht begangen hat und Wiedergutmachung
verweigert. Insbesondere folgt daraus, daß der siegreiche Angreifer
nur den Schuldigen strafen soll und keinerlei persönlichen Gewinn aus
seinem Sieg beziehen darf. Diese so hochmoralische Doktrin ist
heutzutage von der Kirche gänzlich fallengelassen worden (vgl.
Vanderpol, La Guerre devant le christianisme, Absatz IX)].
..... diese These einfach fallengelassen hat und heute öffentlich
erklärt, beide Parteien könnten zugleich im Recht sein, »sofern jeder
der beiden Kontrahenten, nach eingehender Konsultation seiner
Berater, den eigenen Standpunkt wenn auch nicht absolut, so doch
wahrscheinlich für gerechtfertigt halten kann«."
und hiermit werden Angriffskriege gerechtfertigt:
"Ein gravierender Umstand besteht auch darin, daß eine
Kriegserklärung, die früher nur erfolgen durfte, wenn der Gegner ein
*moralisch zu wertendes*, *intentionales* Unrecht begangen hatte,
jetzt bereits ausgesprochen werden kann, sobald eine bloß materielle
Schädigung vorliegt, hinter der keinerlei böser Wille steht (z. B.
eine unbeabsichtigte Grenzverletzung).
[Dies ist - wie auch schon die These vom beiderseits gerechten Krieg
- die Doktrin Molinas, die in Sachen Kriegsrecht die scholastische
Doktrin völlig aus der kirchlichen Lehre verdrängt hat.]"
schonmal hier geposted:
http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=8634826&forum_id=83287
Und so ist sowohl die Kirche als auch der Pazifismus nicht mehr als
ein Fähnlein im politischen Wind.
Hier noch ein diesbezügliches Zitat, aus dem gleichen Buch:
http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=9044733&forum_id=86282
Uebrigens will Maresch uns - ganz wie die Kirche oder die Pazifisten
- wohl weismachen, dass die "gerechte Sache" (ein Teilaspekt der
Doktrin vom "gerechten Krieg") nur im Auge des Betrachters existent
sei, mithin völlig relativ ist. Dies kommt z.B. an einer solchen
Stelle heraus:
Zitat:
"Weil der Irreguläre .. ständig seinen Standort wechselt; weil seine
Aktionen unberechenbar erfolgen und er heimtückisch aus dem
Hinterhalt zuschlägt; und weil er hundertprozentig von seiner Sache
(iusta causa) überzeugt ist und er sich im Schatten humanitärer
Rücksichten und Ideen wie ein Fisch im Wasser bewegt, ist er mit
herkömmlichen Mitteln .... nur schwer zu fassen."
Dass nunmehr jeder die "gerechte Sache" für sich reklamieren kann,
ist eine Folge der *Aufgabe* der Gerechten-Kriegs-Doktrin und nicht
seine Fortsetzung!
> Mir ist nicht ganz klar, warum die angeblich "neuromantische"
> (Maresch-Deutsch) Vorstellung von Pazifisten, daß man auf den Krieg
> als Mittel verzichten müsse, jetzt auf einmal ins Gegenteil
> umgeschlagen sein soll.
Wenn Maresch behauptet hätte, der Pazifismus diene mitunter der
Kriegs-Politik und würde sie ummänteln - das wäre eine wahre
Diskussionsgrundlage. Aber er will den Pazifismus als *Ursache*
herausstellen. Dies ist auch aus seiner Ankündigung des 3. Teils
herauszulesen: "Im dritten Teil wird dargelegt, wie aus dem
unbedingten Willen zum Frieden .. [den die] .. Mystiker eines "Ewigen
Friedens" an den Tag legen ... der Begriff des "gerechten Krieges"
neu erwächst..".
Es wäre wohl ungleich angebrachter darzustellen, wie die praktische
Politik die Ideen des "Ewigen Friedens, des Universalismus, des
Humanitarismus und eine aus dem Zusammenhang gerissenen "Gerechten
Krieg" für ihre Zwecke *missbraucht* hat.
Aber darum geht es Herrn Maresch wohl: genau diese letztere
Fragestellung im Ansatz zu diskreditieren.
> ... Vielleicht trifft das ja auf Herrn Maresch
> zu, der den Krieg als Mittel der Politik schon seit geraumer Zeit in
> seinen Artikeln propagiert.
Und das hier wäre als präventiver moralischer Kahlschlag zu
begreifen.
> .... Aber echte Pazifisten dürften sich gegen
> diese Unterstellung verwahren.
Ob sie klug genug sind, ihre Fehler zu erkennen und ausreichend
konstruktive Selbstkritik zu üben? Ich bezweifel es. Schon deswegen,
weil sie längst zu Mitteln der Politik geworden sind.
> Außerdem wüßte ich wirklich gerne, was "Menschenbewegte" sind. In
> einem Wörterbuch wird man dieses blödsinnige Maresch-Geschwurbel
> sicher nicht finden.
Ich wette mal, dies soll Menschen bezeichnen, die für Menschrechte
eintreten (meist wird bei Gebrauch noch "Pazifisten" hinzugestellt,
wohl um die Idee Menschenrechte als allgemeinen "Gutmenschenwahn"
hinzustellen).
> Weiterhin ist mir nicht ganz klar, wo Herr Maresch eine politische
> Entwicklung zu einer "Moralisierung des Krieges" sieht.
Es tut so als gäbe es die tatsächlich. Es gibt aber höchstens eine
Geschichte der Heuchelei, die eine "Moralisierung des Krieges" nur
scheinbar berücksichtigt. Da die "Moralisierung des Krieges" aber
nach Maresch Realität ist, diese aber durchaus fragwürdig ist, kann
er die "Moralisierung des Krieges" *an sich* geisseln, wo er doch die
Heuchelei geisseln müsste!
Damit dient er der Heuchelei, die die "Moralisierung des Krieges" zum
Vorwand für den Krieg nimmt... Somit dient er der Akzeptanz des
Krieges.
Das ist viel grundlegender als
> Kriegshetze ..
Und da passt Schmitt als Ideengeber auch ganz hervorragend zu.
mfG, Otho