Ansicht umschalten
Avatar von alkalamba
  • alkalamba

mehr als 1000 Beiträge seit 18.06.2001

Nein, bin ich nicht..

hasewipp schrieb am 1. Oktober 2003 0:05

> Ich glaub' alkalamba wird wohl für sein Schreiben bezahlt. Kann ich
> mir nicht vorstellen, dass man einen so langen Beitrag schreibt, nur
> um das nachzubeten was uns tagtäglich in den Medien als offizielle
> Lehrmeinung vorgesetzt wird.

Ich wäre ja sehr froh darüber, wenn das, was ich schrieb, denn
tatsächlich "offizielle Lehrmeinung" wäre. Ist sie aber nicht, ganz
im Gegenteil: Die öffentliche Wahrnehmung von
technisch-wissenschaftlichem Fortschritt, gleich ob in der Pharma-,
Chemie-, IT-, Energie- oder einer sonstigen Industrie, wird ganz
überwiegend von Risiken bestimmt - manchmal echten, oft aber
vermeintlichen, die in ihrem tatsächlichen Gefährdungspotential weit
unterhalb des allgemeinen Meinung liegen.

In Deutschland haben schon seit Jahrzehnten die Bedenkenträger auf
allen Gebieten Konjunktur. Das Fernsehen ist voll von Magazinen wie
"Monitor", "Panorama" oder "Report Mainz", die immer neue "Skandale"
aufdecken, wo gar keine sind, und Minirisiken zur nationalen
Bedrohung hochstilisieren. Wie verzerrt die öffentliche Wahrnehmung
von Risiken tatsächlich ist und wie weit sie sich von den
tatsächlichen empirisch nachweisbaren Risiken entkoppelt hat, lässt
sich gut anhand von Untersuchungen ablesen, die z.B. feststellen,
dass kurz nach dem Unglück bei Eschede das Risiko einer Bahnfahrt in
Umfragen von den meisten Deutschen mehr als zehnmal höher eingestuft
wurde als bei einer Wiederholung der gleichen Umfrage ein paar Monate
später. Ein anderes Beispiel: Mit zunehmender Berichterstattung über
Kinderpornographie wuchs in der Bevölkerung der Eindruck, es handele
sich um ein Problem, das in jüngster Zeit massiv zugenommen habe -
tatsächlich ist es jedoch so, dass es relativ zur Gesamtzahl der
Bevölkerung nie weniger Vergewaltigungen von Kindern in Deutschland
gab als heute.

Dabei ist es zwar durchaus nur eine Minderheit, die wirklich auch
unter dem Strich bereit ist, Errungenschaften des Fortschritts einer
fanatischen Öko-Ideologie zu opfern, die "Naturschutz" bzw. das, was
sie darunter versteht, zum Selbstzweck erhebt und diesem
unantastbaren Ideal alles, insbesondere das menschliche Wohlergehen,
rigeros unterordnet. Leider ist diese Minderheit jedoch sehr
einflussreich und zudem in Teilen aktuell in der Regierung vertreten.
Die meisten Menschen stimmen zwar, vor entsprechende Suggestivfragen
gestellt, dem abstrakten Ideal einer "natürlichen Umwelt" (nach
Belieben zu ersetzen durch "ganzheitliche Medizin", "naturbelassene
Lebensmittel", "Ökolandbau" und dergleichen) zu, sind jedoch in den
seltensten Fällen bereit, die impliziten Folgen, die sich daraus
ergeben, zu realisieren oder gar zu akzeptieren (als da wären:
Massive Verteuerung der Lebensmittel; Abnahme der Qualitätsstandards;
Verschlechterung der Volksgesundheit; u.v.a.m.).

Diese Ideale sind aus mehreren Gründen töricht. Erstens tragen sie
religiöse Züge, da sie aus sich selbst begründet und als unantastbar
definiert werden. Das ist ein Schritt in die Zeit vor der Aufklärung
und die Aberkennung aller wissenschaftlichen Standards.

Zweitens gibt es sogar innerhalb der Öko-Fraktion eine erhebliche
Uneinigkeit darüber, _was_ eigentlich die "Umwelt" bzw. "Natur" ist
und was ein "umweltfreundliches" bzw. "umweltschädliches" Verhalten
sein soll! Nur ein Beispiel: Almwiesen sind ein Produkt aus
Menschenhand, denn die "natürliche" (im Sinne von: Seit mehreren
Jahrhunderten vorherrschende) Vegetationsform der Alpen ist Wald.
Sind sie schützenswert? Manche Umweltschützer sagen ja, andere nein,
wieder andere können sich nicht richtig entscheiden.

Ebenfalls seit langem schwelend ist ein Streit zwischen
Evolutionsbiologen und Umweltschützern. Denn erstere stellen fest,
dass das Aussterben von Arten ein natürlicher Vorgang ist, den es
schon immer gegeben hat - und manche von ihnen begreifen auch den
Menschen als Teil der Natur und gestehen ihm in Konsequenz dessen das
Recht zu, Arten auszurotten, um seinen Lebensraum zu vergrößern, wie
es auch jede andere Tierart nach Kräften versucht (wenngleich oft
weniger erfolgreich). Für die allermeisten Umweltschützer stellt der
Arterhalt dagegen einen Wert an sich dar. Was sie dabei ignorieren,
ist die Tatsache, dass der Status quo keineswegs seit Ewigkeiten
vorherrscht. Auch in den Alpen stand nicht immer Wald.

Was ergibt sich daraus? Vor allem dies: Offensichtlich ist gar nicht
genau zu definieren, was "wünschenswerte" und was "weniger
wünschenswerte" Natur ist. Ist ein Pestbakterium nicht auch
"natürlich" und im Sinne einer abstrakten Schutzanmaßung gegenüber
der Natur als Ganzes schützenswert? Trotzdem wird man wenige
Umweltschützer finden, die einem Pestkranken sagen, sie fänden es
gut, dass er damit infiziert sei, schließlich tue er etwas für den
Arterhalt des Pestbakteriums (das hoffe ich zumindest). Welche
Maßstäbe legt man also an? Die meisten Naturschützer setzen, oft ohne
dass ihnen dies bewusst ist, auf rein ästhetische Kriterien. Warum
setzen sich so viele Menschen für den Erhalt des Pandabären ein, aber
weit wenigere für den des Hais, der auch vom Aussterben bedroht ist?
Der einfache Grund ist der, dass ein Pandabär nunmal niedlicher ist.
Es gibt auch bedrohte Rattenarten - aber hat jemand schonmal einen
Stand von Greenpeace mit dem Slogan "Rettet die Ratten" gesehen? Ich
jedenfalls nicht.

Gerade weil die Entscheidung, _was_ eigentlich "natürlich" ist und
was in seinem gegenwärtigen (auch nicht seit ewig bestehenden!)
Zustand bewahrt werden soll, so relativ ist, kann sie niemals zur
objektiven Wahrheit erhoben werden. Doch genau das tun viele, die
sich als "Umweltschützer" verstehen. Und genau da hört die Logik auf
und fängt die Religion an.

Wieso ist ein Kernkraftwerk eigentlich nicht "natürlich"? Es gab in
Afrika über mehrere Jahrtausende einen "natürlichen Reaktor" im
Gestein, der durch eine zufällige Häufung der notwendigen kritischen
Masse entstand, so dass eine Kettenreaktion einsetzen konnte, die
mehrere Jahrtausende aufrechterhalten blieb. Ist die Kernkraft also
besser, weil sie "natürlicher" ist als die Nutzung der Windenergie?
Nicht wirklich, denn auch die Windenergie wird ja schon seit
Ewigkeiten von vielen Pflanzen und Tieren genutzt. Aber was ist
eigentlich _nicht_ "natürlich"? Wir können nur Rohstoffe verarbeiten,
die die Natur uns bietet, also muss alles, was wir erzeugen, aus
"natürlichen" Rohstoffen geschaffen sein. Die Zahl der
Verarbeitungsstufen sagt jedoch wenig über das Gefährdungspotential
eines Produktes aus. Die allermeisten Produkte der chemischen
Industrie sind weitaus ungefährlicher als viele Gifte, die in der
freien Natur vorkommen, auch in Mitteleuropa.

> Und was den Mobilfiunk betrifft: Die mentalen Auswirkungen gepulster
> Frequenzen sind schon seit 1968 bekannt. Darum gibt es in Russland
> auch ganz andere Grenzwerte.

Ausgerechnet Russland als Referenz für den Umgang mit Strahlung
heranzuziehen, dürfte wohl eher als Treppenwitz durchgehen. Oder ist
Dir vielleicht nichts bekannt über den, etwas euphemistisch
ausgedrückt, "laxen" Umgang Russlands mit tatsächlich nachweislich
(!) schädlicher, da ionisierender, EM-Strahlung in der Vergangenheit
(Stichwort "Novoja Semlja")? Im übrigen sind gesundheitsschädliche
Auswirkungen durch die im Mobilfunk genutzte Strahlung bis heute
nicht nachgewiesen, wie Du sogar beim von Trittin nach der
Machtübernahme mit einem inkompetenten, aber dafür durch sein
Parteibuch ausreichend qualifizierten Präsidenten (Wolfram König)
besetzten Bundesamt für Strahlenschutz erfahren kannst. Ausnahmslos
allen Studien, die von sich behaupteten, genau das beweisen zu
können, wurden schwere methodische Mängel nachgewiesen. Deshalb sind
Ecolog und Nova, die beiden Hauptnutznießer der "Studienitis" beim
Thema Mobilfunk, inzwischen auch schlau genug, ständig in
Konjunktiven zu reden ("könnte eventuell schädlich sein", "es gibt
Hinweise", "wir brauchen noch mehr Geld für noch mehr Studien..").
Mit jeder neuen Studie, die keinen Beweis nach wissenschaftlichen
Standards erbringen kann, wird die Wahrscheinlichkeit dafür, dass
tatsächlich eine nennenswerte Gesundheitsgefährdung existiert, um ein
paar Größenordnungen geringer.

> Aber alkalamba wird dann beim
> Handytelefonieren nur darauf achten, dass es nicht zulange dauert,
> damit sein Hirn nicht erhitzt wird.

Angesichts der tatsächlich nachgewiesenen Risiken bei anderen
Gewohnheiten und Tätigkeiten (Autofahren, falsche Ernährung, Rauchen,
um nur die drei Hauptrisikofaktoren in Deutschland zu nennen) ist es
geradezu lächerlich, sich über das theoretisch noch bestehende
Restrisiko beim Mobilfunk Gedanken zu machen, geschweige denn, noch
einen einzigen Euro in weitere Studien dazu zu verschwenden. Aber da
ja nicht sein kann, was nicht sein darf, buttert Trittin munter
weiter unsere Steuergelder in sinnlose Studien, um Ecolog, Nova & Co.
mitsamt der halben Esoterik-Branche ("Baubiologen" etc.)
querzusubventionieren. Das ist Steuersparen auf die grüne Art.

Bewerten
- +
Ansicht umschalten