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  • Der Psychater

404 Beiträge seit 05.04.2020

Völkisch-nationalistische Argumentation spielt keine Rolle?

Ich bin immer wieder erstaunt, dass diejenigen, die sich für ein sofortiges Ende des Krieges durch umfassende Beugung vor den Forderungen Moskaus, leugnen, was Putin und seine Leute an ideologisch verquastem Zeug von sich geben und was das für die Realität bedeutet. Zugleich behaupten sie, dass alle, die nicht vor Moskau kapitulieren würden, völlig realitätsfremd seien, weil ein Kapitulationsfriede doch nun wirklich Friede Freude Eierkuchen bedeuten würde.

Dabei feiert sich Putin in seiner Kriegserklärung vom Februar 2022, die ständig wiederholt wird, als ein Zar, der die völkische Ideologie des Panslawismus vertritt. Die Ukraine ist in dieser Ideologie genausowenig eigenständig und souverän wie Belarus. Alle slawischen Völker sind nach dem Panslawismus nicht eigenständig, sondern haben sich der großen slawischen Führungsnation Russland unterzuordnen. In der typischen Denke des 19. Jahrhunderts ist die slawische Führungsnation großartig und ihrem Willen haben sich andere, nichtslawische Völker bedingungslos unterzuordnen. Moskau vertritt den 200-jahrigen historischen Rollback, was für eine schreckliche Perspektive! Zurück zum Absolutismus mit faschistisch-imperialistischer Ideologie.

Im Klartext: Ukraine, Belarus, Baltische Staaten, Polen, Tschechien, Slowakien, Slowenien, Kroatien, Serbien und und und sind keine souveränen Staaten, sondern als kleine Staaten kleiner slawischer Volksstämme Teil von Russland, welches quasi gottgegeben die Führungsrolle einzunehmen hat, was bedeutet Russland hat die Führungsrolle im eurasischen Raum von Portugal bis China inne.

Wenn man diesen faschistisch-ideologischen Überbau des russischen Angriffskrieg bagatellisiert oder leugnet, kann man schlussfolgern, Appeasement hätte nachhaltig friedenssichernden Charakter. Aber zu behaupten, die Leugnung wäre die einzig wahre Realität und der ganze Widerstand gegen den Panslawismus wäre irreal, das ist schon megaschräg.

OK, ich sehe es auch so, dass die Gefahr einer unbeabsichtigte nuklearen Eskalation groß ist, auch mir wäre es lieber, es gäbe Frieden. Jedoch kann ich nicht erkennen, dass Appeasement daran mittel- und langfristig etwas ändert. Denn die Eskalation wird stets vom völkisch-faschistischen Imperialismus ausgehen, mit einem solchen wird es keinen Frieden geben können. Diese Lektion sollten wir im 20. Jahrhundert gelernt haben.

Das heißt, mit Appeasement verschafft man dem volkisch-faschistischen Imperium nur eine Pause, um sich darauf vorzubereiten weitere Annektionen und Okupationen durchzuführen. Um also Frieden verhandeln zu können, müsste Moskau zunächst zumindest verbal glaubhaft abrüsten.

Die Prämisse, der Krieg sei sowieso verloren, das wärebein Fakt, halte ich für lächerlich. Wer will die absolute Durchsicht vom Feldherrenhügel haben? Und die Gefahr einer mutwilligen nuklearen Eskalation von Russland sehe ich dadurch eingehegt, dass - außer das kleine Nordkorea vielleicht - kein Staat der Welt das billigen würde. Eine internationale Totalisolierung würde Moskau recht schnell das Genick brechen.

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