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  • vollkoffer

595 Beiträge seit 17.01.2004

Mensch und Zivilisation

dr.cheeba schrieb am 9. Juli 2005 13:10

> Ich habe ja nicht behauptet, daß es unmöglich sei, sondern nur:
> schwierig. Und das ist so. Außerdem ist damit nicht gemeint, die
> Forschungsergebnisse anderer nachzulesen, sondern die Forschung als
> solche. Natürlich kann da man eine Menge Schlüsse ziehen, aber das
> Gefühlsleben von Tieren und ihre Motivationen sind selbstverständlich
> viel schwieriger zu ergründen als das bei Menschen der Fall ist, mit
> denen man immerhin sprechen kann.

Und die dann trotz Luegendetektor nicht die Wahrheit von sich geben
(just couldn't resist).

> Das hieße, der Mensch würde nur von Traditionen verdorben. Erziehung
> wäre demnach eher von übel. Jedenfalls könnte man damit gut eine
> Laissez-Faire-Ideologie rechtfertigen, extremen Liberalismus,
> Anarchie. Aber das kann man sicher nicht so pauschal beurteilen.
> Manches, das die Zivilisation hervorgebracht hat, ist gut, manches
> schlecht. Es müßte also eher eine stetige Selbstreinigungsfunktion
> der Traditionen gefördert werden, kein absolutes Verwerfen, aber auch
> kein absolutes Bewahren. Daher haben die Aufklärer ja Mündigkeit des
> Einzelnen angestrebt, damit das an allen Stellen der Gesellschaft
> immer geschehen kann und der Unvernunft möglichst Rückzugsraum
> gegeben wird sowie durch die Mannigfachigkeit und Parallelität
> Fehlentwicklungen wegen der Vergleichbarkeit besser erkannt werden
> können.

Die Aufklaerer haben der Menschheit ein wenig Licht gebracht, soviel
wie es die  Maechtigen der damaligen Gesellschaft zuliessen.

Sicher, das ist nicht nur besser als nichts, sondern sogar ein
grosses Geschenk.

Es kann aber nicht vergessen machen, dass es ein Geschenk "von oben"
ist und dass ein freier, unabhaengiger Mensch auch zusehen sollte,
was er selbst beitragen koennte.

> Daß der Mensch von Geburt an schon gut sei und er erst später
> verdorben würde, kann ich so nicht glauben. Er mag von Geburt an das
> Potential zum Guten haben, aber eben auch das zum Schlechten. Die
> Neigungen in verschiedenen Details zum einen oder anderen mag von
> Geburt an individuell bzw. erbgutbedingt mehr oder weniger stark
> ausgeprägt sein, aber ohne Erziehung blieben wohl auch Menschen auf
> der Ebene von Primaten. Vielleicht gibt es da dann immer noch das
> Bestreben, Gutes zu tun, das mag auch in jedem Menschen angelegt
> sein, aber es gibt dann nicht mehr so viel Gutes, das man tun könnte,
> weil die entwickelten Strukturen dafür nicht vorhanden wären. Die
> haben die Tiere auch nicht in dem Maße - abgesehen von Haustieren,
> die von den Strukturen der Menschen diesbezüglich profitieren, sie
> werden daher auch humaner. Aber selber nur mit Hilfe ihrer eigenen
> Artgenossen könnten sie diese Basis natürlich nicht schaffen.

Naturvoelker sind eigentlich weder gut noch schlecht. Sie tun Gutes
nur fuer ihre unmittelbaren Mitmenschen und sind schlecht zu allen
anderen. Das funktioniert, wo kleine Gruppen auf weitem Raum leben.

In entwickelten Zivilisationen fuehrt das zum Neoliberalismus (simply
couldn't resist again).

> Wir sollten generell allen vorigen Epochen Aufmerksamkeit schenken,
> um aus ihnen zu lernen, aus dem Guten wie dem Schlechten. Und die
> Renaissance hieß eben auch deswegen so, weil der damalige Zeitgeist
> aus seiner Selbstbezogenheit ausbrach und sich wieder an alte
> philosophische Weisheiten der Antike erinnert hat. Das ist ein gutes
> Vorbild.

Ich kann mir vorstellen, dass bei den Meisten nun der Faden zum
Verstaendnis abreisst, aber ich halte nicht viel von der Antike
(trotz Grossem Latinum und Graecum im Abitur), da diese Kultur schon
tausende von Jahren patriarchalischer Herrschaft hinter sich hatte.

Mir gefallen eher so indianische Einfaltspinsel, die behaupten, dass
man Geld nicht essen kann.

> > Die Aufklaerer der Renaissance waren bereits vernuenftig?? Eine Gnade
> > der Geburt?

> Nein, eine günstige Entwicklung des Zeitgeistes. Der kollektive Geist
> ist es doch auch, der den Menschen den Tieren so überlegen macht. Von
> der mündlichen Überlieferung bis hin zur schriftlichen und heutzutage
> der automatisierten Datenverarbeitung. Diesen Geist hat man nicht von
> Geburt an, den muß man sich aneignen. Und man muß dabei lernen, das
> Gute von Schlechten zu scheiden, am besten selbständig, damit sich
> Fehler nicht so leicht durch Nachahmung ausbreiten. Das ist es, was
> die Aufklärer mit der Erziehung zur Mündigkeit bewerkstelligen
> wollten. Da hat es ja auch einiges an Fortschritten gegeben.

Die eigentliche Frage ist:
Inwieweit waren die Megalith-Kulturen in Europa etwa 5000 - 4000
v.Chr., von denen Gimbutas berichtet, wirklich so kulturell
hochstehend UND friedlich, wie ihre Theorie es darstellt.

Dann kann man fragen, ob diese Kultur aehnliche Errungenschaften
hervorgebracht haette wie unsere Kultur.

(Fuer Hippies, die zu schottischen Steinkreisen pilgern, sicher keine
Frage.)

Selbst dann bleibt das Ganze noch theoretisch, denn die Frage ist
nun: Wie koennte eine solche Kultur gegen unsere patriarchalische
bestehen?

Auf einer Ausstellung habe ich mal eine Doppelstatue gesehen: "Die
Menschheit besiegt den Krieg". Das waren zwei Frauen in griechischer
Ruestung, eine, die Menschheit, drueckte der anderen, dem Krieg, die
Kehle zu. Ich weiss nicht, ob dieses Kunstwerk ernst gemeint war. Ich
habe es jedenfalls nicht ernst genommen.

Es gibt da noch den Spruch: "Wenn die Kluegeren immer nachgeben,
geschieht nur das, was die Dummen wollen."

Womit ich den Kreis zu den Attentaten schliessen kann.

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