Ansicht umschalten
Avatar von Morpf
  • Morpf

227 Beiträge seit 04.07.2012

Re: "Der Mensch steht im Mittelpunkt - und damit allem im Wege"

cassiel schrieb am 29. November 2013 15:01

> Man kann es sich wie Frau Wagner natürlich im Namen der Wissenschaft
> leicht machen mit der Kritik an Anthroposophie, Esoterik,
> Waldorfschulen, Demeter-Anbau etc. Dafür liefern sie ja ein nur allzu
> gutes Ziel ab.

Wollen Sie damit sagen, dass sich keine Kritik ziemt, wenn sie leicht
fällt?

> Das Problem dabei ist, dem eigenen Anspruch gerecht zu werden. Wer im
> Namen der Wissenschaft an etwas Kritik übt, erfüllt noch lange nicht
> den eigenen Anspruch.

Worauf genau beziehen Sie sich hier? Was genau werfen Sie Frau Wagner
an dieser Stelle vor?

> Und wenn man sich mal die Geschichte der "Wissenschaft" ansieht und
> in wie weit sie ihrem eigenen Anspruch gerecht wurde und wird, und
> wie wie weit diese "Wissenschaft" mit all ihren Fehlern und Irrtümern
> eine technokratische Gesellschaft geprägt hat, darf man sich
> eigentlich nicht wundern, dass es zu psychologisch erklärbaren
> Gegenreaktionen und -bewegungen - gleichermaßen nicht ohne Fehler und
> Irrtümer - kommen muss(te). Hier hat die "Wissenschaft" nicht nur ein
> Vermittlungsproblem, sie muss sich auch den Vorwurf gefallen lassen,
> ihren eigenen Prinzipien untreu geworden zu sein und in vielen
> Bereichen zu einer Quasi-Religion verkommen zu sein, die
> gleichermaßen den Glauben an Dogmen verlangt statt
> kritisch-reflektierte Bürger.

Nun, was ist Ihr Anspruch an die Wissenschaft? Unfehlbarkeit? Es ist
doch gerade _die_ Errungenschaft der Wissenschaft Theorien
aufzustellen, von denen man zwar glaubt, dass sie sehr wahrscheinlich
sind, aber auch Einspruch zulässt. Viel mehr noch: Nur widerlegbare
Theorien werden überhaupt als solche Akzeptiert. Theorien werden an
der Realität getestet. Sollte ein Wissenschaftler nachweisen, dass
eine bestimmte Theorie sich als falsch herausstellt, so wird jene
verworfen und eine neue entwickelt. Zu verlangen, dass sofort alle
Theorien in ihrer Tiefe und Breite bis ins kleinste Detail von Anfang
an korrekt sind ist einfach unrealistisch. Allein schon aus dem
Grunde, dass Theorien mit kleinen Fehlern uns Werkzeuge ermöglichten
die Fehler (auch in anderen Bereichen) nachzuweisen. Und so arbeitet
man sich Stück für Stück iterativ vorwärts. Ohne Elektrizität gibt es
halt z.B. keine Satelliten mit hochgenauen Messinstrumenten etc. Was
momentan leider problematisch zu sein scheint ist eine Abnahme der
gegenseitigen (In-)Validierung, was durchaus aus dem Zwang der
Publikation neuer Ergebnisse erwachsen sein könnte. Weiterhin fehlen
oftmals Geldgeber für solche gegenseitigen Validierungen. An dieser
Stelle muss definitiv angepackt werden, auch innerhalb der
Forschergemeinschaft scheint sich diese Ansicht durchzusetzen. 
Ein großes Problem ist meines Erachtens der Begriff Theorie. In der
Wissenschaft ist klar definiert, was eine Theorie ist und welchen
Ansprüchen sie zu genügen hat. Allgemeinsprachlich könnte man jedoch
auch eine aus der Luft gegriffene Vermutung hinter diesem Begriff
vermuten, womit der Theorie natürlich unrecht getan würde.

> Dazu ein Zitat von Daniel Schily:
> “Ich glaube nicht, daß man die große Masse der Anthroposophen zu
> überzeugten Demokraten machen kann.”

> und ich ergänze: die der "Wissenschaftler" ebenfalls nicht.

Wissenschaft ist Demokratie pur. Nicht nur baut eine Forschung auf
anderen auf, sondern auch die Kontrolle untereinander findet unter
Gleichberechtigten statt, was durch das Teilen von wissenschaftlichen
Ergebnissen ermöglicht wird. Jeder Wissenschaftler, kann einem
anderen Fehler nachweisen. Und korrekte wissenschaftliche Arbeit
ermöglicht auch genau jenen Nachweis durch minutiöse Laborbücher und
das Teilen der Experimentdaten. Die Akzeptanz einer Theorie ist
ebenso durch die Gemeinschaft getragen. Es gibt zwar auch
Negativ-Beispiele, in denen bestimmte ungewünschte Ergebnisse mit
Widerstand zu kämpfen hatten, aber auch dieser Widerstand kann sich
nur kurz einer korrekten wissenschaftlichen Arbeit in den Weg
stellen, da die Faktenlage eindeutig ist und Kritiker ohne
widerlegende Fakten ihre Glaubwürdigkeit und ihren Ruf riskieren. Ich
muss meine Aussagen an dieser Stelle jedoch auf Naturwissenschaften
beschränken. Wie es in anderen Gebieten aussieht, kann ich leider
nicht beurteilen.

So zumindest stellt sich der Sachverhalt für mich persönlich dar.
Sicherlich habe aber auch ich keine völlige Ahnung dessen wie korrekt
nun jeder einzelne Wissenschaftler arbeitet.

Bewerten
- +
Ansicht umschalten