Diskrete Privat-Armeen im Irak, Sicherheits-Geschäft boomt:
Am Abend kann sich Toni im Restaurant des Bagdader Hotels "Rimal"
endlich entspannen. Auf Alkohol verzichtet der gedrungene, muskulöse
36-jährige Österreicher dennoch, Selbstdisziplin geht bei ihm vor.
Tagsüber betreibt er ein gefährliches Geschäft. Als Mitarbeiter einer
internationalen Sicherheitsfirma begleitet er amerikanische
Verwaltungsexperten auf Reisen durch die irakische Provinz. Sie
sollen den Gemeinde- und Stadträten erklären, wie man heutzutage
Kommunen managt. Toni ist mit seinem Sturmgewehr dabei, um sie gegen
plötzliche Angriffe zu schützen.
Guter Tagesverdienst
"Der Job ist riskant, aber einträglich", sagt der Schulabbrecher, den
es über die französische Fremdenlegion in eine neue Spielart des
Söldnertums geschwemmt hat. Im Irak streichen Leute wie er Tagessätze
zwischen 600 und 1200 US-Dollar ein. Die Gefahren, die mit diesen
Verdienstmöglichkeiten für ehemalige Soldaten, Abenteurer und andere
harte Männer verbunden sind, zeigten sich am Mittwoch. Im Unruheherd
Falludscha gerieten vier Sicherheitsleute des US-Unternehmens
"Blackwater" in einen Hinterhalt der Aufständischen.
Nach ihrer Tötung verstümmelte und schändete ein wütender Mob ihre
Leichen. Die Bilder der verkohlten Körper, die auf einem
Brückenträger hingen, schockierten die Welt. Bequeme "Auslagerung"
Der grauenhafte Vorfall rief aber auch in Erinnerung, wie sehr das
US-Besatzungsmilitär dazu übergegangen ist, klassische Armeeaufgaben
"auszulagern". Die vier Opfer von Falludscha sicherten angeblich
Lebensmitteltransporte für die darbende Bevölkerung der Stadt
westlich von Bagdad. Hinter den getönten Scheiben ihres Geländewagens
hielt sie der Mob offenbar als CIA-Agenten.
Söldnerartige Ausländer dienen heute im Irak Besatzungsbeamten,
Geschäftsleuten und Aufbauhelfern als Leibwächter, sie begleiten
Transportkonvois und beraten jeden, der es sich leisten kann, in
Sicherheitsfragen. Eine dieser Firmen soll sogar nach dem Abschuss
eines US-Hubschraubers bei Falludscha im vergangenen Jahr die
Bergungsarbeiten durchgeführt haben. "Blackwater" stellt unter
anderen den Personenschutz für den US-Chefverwalter Paul Bremer.
Bis zu 10.000 Privat-Soldaten
Dass einer wie der Österreicher Toni aus der Schule plaudert, ist
eher ungewöhnlich. In der Branche gilt Diskretion. Die Zahl der in
Bagdad tätigen Firmen lässt sich nur schätzen. Eingeweihte reden von
400 Unternehmen, mit bis zu 10.000 Mitarbeitern. Außer Amerikanern
und Briten - sie sind wie die Opfer von Falludscha meist ehemalige
Elite-Soldaten - sind nepalesische Gurkhas, Südafrikaner, denen die
Gesetze ihres Landes Söldnertätigkeit verbieten, und Chilenen, die
ihre militärische Ausbildung noch unter dem Diktator Augusto Pinochet
genossen, dick im Geschäft. Die Privat-Armeen sind womöglich der
zweitstärkste Truppensteller im Irak, vor den Briten mit ihren 8.700
Mann.
Das Phänomen der "privatisierten Kriegführung " ist nicht auf den
Irak beschränkt. Angestellte des US-Konzerns "Dyncorp", der von der
Besatzungsmacht auch für die Ausbildung der Soldaten der neuen
irakischen Armee angeheuert wurde, schützen den afghanischen
Präsidenten Hamid Karsai. Die Männer fürs Haarige tauchen an allen
Krisenschauplätzen der Welt auf. Auf 100 Milliarden US-Dollar wird
das Volumen des Geschäfts mit der Sicherheit weltweit geschätzt.
Unangenehmer Nebeneffekt
Im Irak hilft die Verlagerung des Risikos zu den "Privaten" dem
US-Militär, seine Verluststatistik zu schönen. In diesem Gewerbe
zählt man nämlich in der Regel die Toten nicht - allein die US-Firma
"Titan Corp." soll im Irak schon 13 Männer verloren haben. Doch
Experten warnen vor einer unerquicklichen Folge: Die lukrativen Löhne
könnten in den amerikanischen und britischen Elite-Einheiten eine
Abwanderung von aufwendig ausgebildeten Spezialkräften auslösen.
Gregor Mayer, dpa bei ntv am 02.04.04
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Am Abend kann sich Toni im Restaurant des Bagdader Hotels "Rimal"
endlich entspannen. Auf Alkohol verzichtet der gedrungene, muskulöse
36-jährige Österreicher dennoch, Selbstdisziplin geht bei ihm vor.
Tagsüber betreibt er ein gefährliches Geschäft. Als Mitarbeiter einer
internationalen Sicherheitsfirma begleitet er amerikanische
Verwaltungsexperten auf Reisen durch die irakische Provinz. Sie
sollen den Gemeinde- und Stadträten erklären, wie man heutzutage
Kommunen managt. Toni ist mit seinem Sturmgewehr dabei, um sie gegen
plötzliche Angriffe zu schützen.
Guter Tagesverdienst
"Der Job ist riskant, aber einträglich", sagt der Schulabbrecher, den
es über die französische Fremdenlegion in eine neue Spielart des
Söldnertums geschwemmt hat. Im Irak streichen Leute wie er Tagessätze
zwischen 600 und 1200 US-Dollar ein. Die Gefahren, die mit diesen
Verdienstmöglichkeiten für ehemalige Soldaten, Abenteurer und andere
harte Männer verbunden sind, zeigten sich am Mittwoch. Im Unruheherd
Falludscha gerieten vier Sicherheitsleute des US-Unternehmens
"Blackwater" in einen Hinterhalt der Aufständischen.
Nach ihrer Tötung verstümmelte und schändete ein wütender Mob ihre
Leichen. Die Bilder der verkohlten Körper, die auf einem
Brückenträger hingen, schockierten die Welt. Bequeme "Auslagerung"
Der grauenhafte Vorfall rief aber auch in Erinnerung, wie sehr das
US-Besatzungsmilitär dazu übergegangen ist, klassische Armeeaufgaben
"auszulagern". Die vier Opfer von Falludscha sicherten angeblich
Lebensmitteltransporte für die darbende Bevölkerung der Stadt
westlich von Bagdad. Hinter den getönten Scheiben ihres Geländewagens
hielt sie der Mob offenbar als CIA-Agenten.
Söldnerartige Ausländer dienen heute im Irak Besatzungsbeamten,
Geschäftsleuten und Aufbauhelfern als Leibwächter, sie begleiten
Transportkonvois und beraten jeden, der es sich leisten kann, in
Sicherheitsfragen. Eine dieser Firmen soll sogar nach dem Abschuss
eines US-Hubschraubers bei Falludscha im vergangenen Jahr die
Bergungsarbeiten durchgeführt haben. "Blackwater" stellt unter
anderen den Personenschutz für den US-Chefverwalter Paul Bremer.
Bis zu 10.000 Privat-Soldaten
Dass einer wie der Österreicher Toni aus der Schule plaudert, ist
eher ungewöhnlich. In der Branche gilt Diskretion. Die Zahl der in
Bagdad tätigen Firmen lässt sich nur schätzen. Eingeweihte reden von
400 Unternehmen, mit bis zu 10.000 Mitarbeitern. Außer Amerikanern
und Briten - sie sind wie die Opfer von Falludscha meist ehemalige
Elite-Soldaten - sind nepalesische Gurkhas, Südafrikaner, denen die
Gesetze ihres Landes Söldnertätigkeit verbieten, und Chilenen, die
ihre militärische Ausbildung noch unter dem Diktator Augusto Pinochet
genossen, dick im Geschäft. Die Privat-Armeen sind womöglich der
zweitstärkste Truppensteller im Irak, vor den Briten mit ihren 8.700
Mann.
Das Phänomen der "privatisierten Kriegführung " ist nicht auf den
Irak beschränkt. Angestellte des US-Konzerns "Dyncorp", der von der
Besatzungsmacht auch für die Ausbildung der Soldaten der neuen
irakischen Armee angeheuert wurde, schützen den afghanischen
Präsidenten Hamid Karsai. Die Männer fürs Haarige tauchen an allen
Krisenschauplätzen der Welt auf. Auf 100 Milliarden US-Dollar wird
das Volumen des Geschäfts mit der Sicherheit weltweit geschätzt.
Unangenehmer Nebeneffekt
Im Irak hilft die Verlagerung des Risikos zu den "Privaten" dem
US-Militär, seine Verluststatistik zu schönen. In diesem Gewerbe
zählt man nämlich in der Regel die Toten nicht - allein die US-Firma
"Titan Corp." soll im Irak schon 13 Männer verloren haben. Doch
Experten warnen vor einer unerquicklichen Folge: Die lukrativen Löhne
könnten in den amerikanischen und britischen Elite-Einheiten eine
Abwanderung von aufwendig ausgebildeten Spezialkräften auslösen.
Gregor Mayer, dpa bei ntv am 02.04.04
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