Karl-Katja Krach schrieb am 14.05.2021 02:38:
Ich kann nachvollziehen, dass gesellschaftliche Realitäten im islamofaschistischen Spektrum unter Linksliberalen und Linken zu wenig diskutiert wurden, was sich ja auch bei antisemitischen antiimperialistischen Hamas-Freunden zeigt (wobei ich das aus meinem linken (linksradikalen) Umfeld nicht kenne.
Auch gewisse Schwierigkeiten bei der Integration von Männern aus weitestgehend patriarchalen Kulturen wurden teilweise etwas blauäugig ignoriert.
ICH möchte das Problem gelöst haben! Und zwar im Sinne unseres Grundgesetzes. Antiimperialsimus, Faschismus, Linksradikal, Antisemitismus, (Islamo)faschimus können da nicht ansatzweise die Schlagworte sein, die bei der Problemlösung hilfreich sind.... ....es geht mir einzig und allein um die Werte und die Verwirklichung dieser Werte, die mein Grundrecht mir vermittelt und garantieren soll. Kommt da wer mit einem dieser Schlagworte bin ich raus und wenn`s ohne diese Schlagworte wirklich nicht geht, dann können wir unser Grundrecht kurz oder lang sowieso "in die Tonne kloppen".... ...meine Meinung!
Bei dem Wort "Parallelwelt" sollten Linke und Linksliberale dann aber doch vorsichtig sein. Das ist unmittelbar mit der Leitkulturdebatte verknüpfte Negativdefinition, die ähnlich inhaltsleer ist wie die Extremismusdefinition. Ich halte es für einen Irrglauben, dass sich Rechte bekämpfen lassen, indem man ihre Begriffe übernimmt.
Am Ende müssen wir die existierenden Parallelwelten akzeptieren, solange sie sich ans Grundrecht halten. Und wenn sich z.B. die Frauen in dieser Parallelwelt -mehr oder weniger freiwillig- dazu entscheiden, auf Teile ihrer Grundrechte zu verzichten, dann ist das keine Verletzung des Grundrechtes, bleibt aber trotzdem eine problematische Parallelwelt und ich denke schon, dass sich Parteien zumindest für eine Problemlösung stark zu machen haben, statt das Problem weitgehend schlichtweg zu ignorieren.
Es ist doch z.B. nicht an sich das Problem, wenn Menschen eine Friedenrichter:in aufsuchen, anstatt vor ein staatliches Gericht zu ziehen. Das gibt es in der bürgerlichen Kultur auch und Autonome versuchen auch, Probleme nicht vor Gericht, sondern im Dialog zu klären.
Ich glaub ja, dass die Judikative schon als 3. Säule der Demokratie die Orientierung aufzeigen muss, an die sich letztendlich auch Friedensrichter und Dialoge zu orientieren haben, denn am Ende landen alle fehlgeschlagenen Versuche von Dialogen und Friedensrichtern dann ja doch bei der 3. Gewalt.
Warum sollen Muslime nicht auch gewisse Angelegenheiten von einem religiösen Friedenrichter klären lassen, solange alle Beteiligten damit einverstanden sind.
Das ist doch obligatorisch! Nicht nur Muslime, sondern jeder Mensch sollte seine sämtlichen Angelegenheiten zunächst mal aussergerichtlich klären.
Problematisch ist doch erst, dass das praktisch oft mit einem sozialen Zwang verbunden ist und die Freiheit des Individuums nicht respektiert wird. Das ist aber auch bei den Zeugen Jehovas der Fall, bei Evangelikalen, fundamentalistischen Katholiken oder Orthodoxen oder bei Scientology. Oder bei den "Grauen Wölfen" in der CDU.
Ganz genau! Und dann haben wir es mit Parallellwelten zu tun. Und damit unweigerlich auch mit einem Problem, dass man nicht einfach -wie gehabt- ignorieren sollte, weil`s unbequem ist.
Das Verhältnis von Staat und Religion ist hier generell das Problem und CDU und SPD wälzen die Verantwortung für strukturelle Missstände gerade mit dem Verbot religiöser Zeichen und von Tätowierungen für Beamt:innen auf neoliberal-konservative Art und Weise auf die Individuen ab. Jetzt hängt in einer bayrischen Amtstube, einem Gericht oder einer Schule ein Kreuz und Kippa oder Kopftuch dürfen nicht getragen werden. Christliche Beamt:innen können sich damit bestimmt damit anfreunden, unter diesen Bedingungen auf das Tragen eines Kreuzes zu verzichten.
Gebe ich dir Recht! Dieses Gehabe stellt eine Leitkultur in den Vordergrund und ist völlig kontraproduktiv zu den Problem der Parallelwelten... ...aber immerhin beinhaltet diese Reaktion auch die Aussage, dass Parallelwelten existieren und ein Problem darstellen. Und angesichts des völlig sinnfreien und kontraproduktiven Vorgehens bei der Problemlösung finde ich es umso erbärmlicher, wenn andere Parteien dieses Problem quasie leugnen. Dann müssen sie sich auch keine Gedanken um die -zugegebenermaßen- sehr schwierige Problemlösung machen.
Doch zurück zum muslimischen Friedensrichter: Da geht es ja nicht darum, dass manche Freundschaften durch den Gang vor Gericht zerstört werden und dass sich politische Differenzen auftun. Sondern darum, dass insbesondere Frauen aus der Familie ausgeschlossen werden und Gewalt gegen sie legitimiert wird.
Also geht es um Gewalt gegen Frauen und das ist auch in der Mehrheitsgesellschaft ein Problem. Bis zum 9. Mai gab es in diesem Jahr schon 67 Frauenmorde (Versuche nicht mitgezählt).
Es muss auch nicht nur muslimischen Jungen erklärt werden, was sexuelle Selbstbestimmung ist, sondern allen Jungen (und Mädchen selbstverständlich auch). Frauen sind in linken Szenen ja auch nicht gegen sexuelle Übergriffe gefeit (und wie ich selbst erleben musste, Männer auch nicht).
Recht hast du! Aber jetzt frag ich dich mal, ob du wirklich glaubst, dass ein "muslimischer" oder "Zeugen Jehova" - Friedensrichter tatsächlich die Belange der Mädchen/Frauen im Sinne des Grundrechtes gleichwertig oder besser vertritt, als ein ordentliches Gericht? Immerhin sind das "Richter" in Parallelgesellschaften, in denen Mädchen/Frauen von klein auf dazu erzogen werden, freiwillig auf Teile ihrer Grundrechte zu verzichten, was keine Grundrechtsverletzung ist, aber -in meinen Augen- trotzdem ein Problem bleibt, das man nicht ignorieren sollte.
I
nhaltlich gibt es auch ein Problem, wenn Körperverletzung mit Geldzahlungen kompensiert werden, da sich Wohlhabende dadurch von Strafe freikaufen können. Das Prinzip gibt es aber auch im BGB. Bei Körperverletzung, beim Falschparken oder bei der "Sozialprognose". Auch wiederholtes Bahnfahren ohne Ticket bedeutet für Arme oft Knast.
Das ist für mich -ehrlich gesagt- ein anderes Problem. Und zwar ein Problem, dass unsere Gerichte i.d.R schlussendllich auch immer besser lösen, als der Dialog oder der Friedensrichter in einer Parallelgesellschaft
Auch bei der Abwertung von Andersgläubigen gilt: Wenn Schüler in bayrischen Schulen sagen, sie seien konfessionslos, ruft das oft mehr Entsetzen hervor, als wenn sie sagen, sie seien Muslime. Andersherum gibt es da allerdings auch noch einiges zu lernen.
Es geht mir um die Problematik der "Parallelgeselschaften". Glaube ist mir da völlig wummpe.
Also zusammenfassend: Solche Begriffe aufzugreifen, wenn sie fallen, ist richtig, aber sie sollten nicht bejaht werden, sondern aufgelöst: Eine "Parallelwelt" ist nicht "das Problem". Die Probleme sind die Unterdrückung von Frauen, die Abwertung von Andersgläubigen, das Verhältnis von Staat und Kirche und eine Rechtsauffassung, die Betuchte und deren Kinder privilegiert etc. Und außerdem der ideologische Abschluss gegen jede Kritik, vor dem gerade Liberale auch nicht gefeit sind.
Ich denke, du gehst da zu kleinteilig vor. Ich kann dir nur sagen, dass ich vollauf der Überzeugung bin, dass "Parallelwelten" ein Problem sind, für dessen Lösung ich selber derzeit keine Idee habe, aber ich erwarte von Parteien eine Lösung im Sinne des Grundrechtes und im Sinne einer funktionierenden Gesellschaft, die sich darum kümmert, das Grundrecht jedes Einzelnen gleichermaßen zu garantieren.
Bei "Bildungsferne" geht es linker Theorie und Praxis nicht um "Bildungschancen" (die Rede von der "Chance" legitimiert geradezu, dass das Recht auf Bildung für viele uneingelöst bleibt). Es geht um die Abschaffung des dreistufigen Schulsystems, Inklusion, darum, dass Bildung nicht einfach nur Ausbildung bedeutet, um die Angliederung der Universitäten an die kapitalistischen Unternehmen, um die Bildungsferne in der Volks- und Betriebswirtschaftslehre ("Lehre" wie in "Ausbildung")...
Für mich sind "Bildungschancen" das, was man "Bildungsfernen" anbietet. Das überholte 3-gliedrige Schulsystem gehört garantiert nicht dazu und befindet sich auch auf dem Abstellgleis. An der "Inklusion" scheitert das Bildungssystem erbärmlich, aber nicht ansatzweise so katastrophal wie unsere Gesellschaft und Inklusion kann einfach per Definition nicht gelingen, wenn die dafür Verantwortlichen am Inklusionsanspruch auf der einen Seite nicht nur erbärmlich, sondern auf der anderen (viel ausschlaggebenderen) Seite sogar katastrophal versagen!!!
Es ist die Aufgabe eines Bildungssystems, bestmögliche Bildungschancen zu bieten. Dazu müssten wesentlich mehr Steuergelder investiert werden... ...aber am Ende werden es nur Angebote von Bildungschancen an Bildungsferne sein können.
Ähnliches bei "Heimat". Da geht es Linken um Fragen des guten Miteinanders, darum, wie ein gutes Leben aussehen soll, um zwischenmenschliche Solidarität und um ein lebensbejahendes architektonisches Umfeld etc. Wenn es jemandem aber auf dem Dorf nicht gefällt, weil da zu wenig los ist, macht ihn das noch längst nicht "entwurzelt" oder zum "heimatlosen Gesellen". Menschen sind schließlich keine Pflanzen und Nomaden haben auch zumindest ein moralisches Recht auf eine nomadische Lebensweise.
Ach ja "Heimat"!
Ich persönlich bemitleide jeden, der seine Heimat nur darüber definieren kann, wo`s ihn in Sachen "guten Miteinanders", "lebensbejahender Architektur", "gutes Leben" und "zwischenmenschlicher Solidarität" im Schnitt am besten gefällt/gefallen hat.
So ein Mensch wird Zeit seines Lebens vergeblich auf der Suche nach seiner Heimat sein.
Heimat ist schlichtweg da, wo du aufgewachsen bist, wo du geprägt wurdest und wo du gelernt hast, was für dich gerecht und was unfair ist!