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  • Gingromo

419 Beiträge seit 18.01.2016

Re: Politik kann man nicht gegen die Leute machen

kkeane schrieb am 17.06.2021 17:37:

Gingromo schrieb am 17.06.2021 16:46:

kkeane schrieb am 12.06.2021 20:40:

Natuerlich brauchen wir mehr erneuerbare Energien. Natuerlich muessen wir vom Verbrenner-Auto weg. Ich stimme dem Artikel voll zu. Theoretisch. Nur leben wir in der realen Welt, wo die Politik viele verschiedene Notwendigkeiten in den Ausgleich bringen muss.

Das geht nicht mit der Kopf-durch-die-Wand Methode und ohne andere Gegebenheiten zu vernachlaessigen.

Windanlagen darf man nun mal nicht einfach neben laendliche Wohnhaeuser stellen.

Aber ganze Dörfer für Braunkohle wegbaggern ist kein Problem? Ewigkeitskosten von 200Mio pro Jahr, damit das Ruhrgebiet nicht in giftigem Wasser absäuft sind kein Problem? Und auch den Leuten in der Nähe der GAU-Atomkraftwerke (oder auch der Asse) wären vielleicht doch ein paar landschaftsverschandelnde Windkraftwerke lieber gewesen?

Das ist Whataboutism at its best. Atomkraftwerke sind ja gluecklicherweise eine tote Technologie, unter anderem dank der Anwohner, die die nicht wollten.

Und da Du Braunkohle erwaehnst: klar koennte man die Leute in der Naehe von Windfarmen genauso entschaedigen und umsiedeln. Die Frage ist nur, wohin, wenn ueberall Windfarmen gebaut werden.

Hmm, Whataboutism ist sicher böse, das stimmt schon, aber es wird inzwischen doch gern mal als Totschlagargument genutzt. Hier ist jedenfalls keiner: Wir Menschen (ver)brauchen nun mal viel Energie und irgendwie wollen wir das anscheinend auch weiterhin tun (und ich selbst bin da gar keine Ausnahme). Also muss die irgendwie herkommen. Wenn sie nicht aus Windenergie kommen soll, weil das deiner Ansicht nach ja anscheinend "gegen die Leute" wäre, führt das sehr unmittelbar zur Frage, wie das denn bei den Alternativen aussieht. (Solar ist gut und ich freue mich sehr, dass nun so langsam der Widerstand von CDU/CSU überwunden wird, aber wird alleine wohl kaum reichen, schon gar nicht dann wenn man damit tatsächlich derart viele Windkraftwerke überflüssig machen müsste, wie du das hier prophezeist.)

Auch nicht, wenn sich die Stadtbewohner darueber aufregen.

Klar, in der Stadt hat man mit Windkraftanlagen eher selten Probleme. Dafür aber mit den Staus und dem Gestank der Autos, die die Leute mit den Windkraftanlagenproblemen jeden Tag in die Stadt tragen. Auch vielen Städtern wären ein paar Windkraftwerke lieber, als noch ein Parkplatz und noch breitere Straßen.

Aber nur weil sie sich nicht bewusst sind, was fuer Probleme die sich einhandeln wuerden. Vielleicht sollte man das wirklich mal in Betracht ziehen. Genug Platz fuer Turbinen gibt es ja im Englischen Garten, im Tiergarten, oder in Koeln am Rheinufer.

Oder eben auf den Straßen, die eh nur von den Windkraftgeplagten Landbewohnern verstopft werden... Im Ernst: Klar, wenn jemand nach reiflicher Überlegung aufs Land zieht und in der Natur leben möchte und dafür auch bereit war die Nachteile in Kauf zu nehmen (langsames Internet, längere Arbeitswege, weniger Kulturangebote), dann will die nicht gerne ein Windkraftwerk vorm Küchenfenster. Aber das ist ehrlich gesagt dann einfach persönliches Pech. Solches Pech haben Städter auch zur genüge an anderer Stelle, da kann eine leicht geänderte Verkehrsführung schon mehr Nachteile bedeuten. Meinen Eltern wurden vor vielen Jahren (lange bevore es Die Linke gab und sogar noch deutlich vor Gründung der Grünen) ein Teil des Grundstücks enteignet, damit man da eine Straße bauen konnte. Die Entschädigung war lächerlich, kurze Zeit später wurden Erschließungskosten fällig, außerdem war die Straße ja durchaus sinnvoll, d.h. da gibt es eine Menge Verkehr und der zusätzlichen Bürgersteig muss auch z.B. schneefrei gehalten werden. Persönliches Pech zum Wohle der Allgemeinheit eben.

Klar kann man das ein paar Mal mit Zwangsmassnahmen machen. Aber dann vergiftet man das Klima so, dass die Windanlagen zur neuen Kernkraft werden, mit jahrzehntelangen Verzoegerungen und Verteuerungen durch Klagewellen, Buergerinitiativen etc.

Besser, man arbeitet *mit* den Leuten statt gegen sie. Verzichtet auf solche Windfarmen nahe Wohnhaeusern, und installiert stattdessen mehr Solar.

Ja, aber genau das schlagen die Grünen vor, bekommen aber meist mit Strohmannargumenten regelmäßig genau das Gegenteil vorgeworfen, von Leuten die eben lieber gar nichts machen wollen.

Da bist Du aber der, der hier ein Strohmannargument baut. "Die Gruenen" haben ja durchaus Loesungsvorschlaege. Strom zu sparen ist ja nicht gerade kontrovers, und hat schon seit vielen Jahren grosse Erfolge erzielt.

Strom sparen ist gut und natürlich nicht kontrovers und war natürlich nicht gemeint. Die Strohmannargumente, die ich meinte sind z.B. die die gerade großformatig in Anzeigen auf Moses-Tafeln erschienen sind. Nichts davon haben die Grünen gefordert.

Wenn man die Leute mit genug Geld dazu bringen kann, ihre Häuser wegbaggern zu lassen, wieso sollte man sie damit nicht "überzeugen" können, Windräder aufstellen zu lassen? Man muss es aber auch wollen.

Vor allem, man muss es aber auch bezahlen. Bei Braunkohle war das weniger ein Problem, weil nur wenige Leute ueberhaupt betroffen waren.

Naja, mal sehen. Siehe, wie schon gesagt, die Ewigkeitskosten bei der Steinkohle. Oder die bislang noch immer unkalkulierbaren Atommüll-Entsorgungskosten. In den Fracking-Gebieten der USA wollte ich auch nicht leben. Etc.
Demgegenüber muss man die Leute neben Windkraftwerken ja nicht umsiedeln. Bei vielen würde der Widerstand schon rapide nachlassen, wenn man sie an den Gewinnen beteiligen würde, da gibt es schon einige Beispiele. Da reicht das Geld dann auch für mehr Leute, die betroffen sind.

Genauso bei der Abschaffung des Verbrenners. Erst muss man dafuer eine praktikable Alternative anbieten. Eine, die auch fuer Lieschen Mueller in der Plattenbausiedlung ohne Lademoeglichkeit praktikabel ist.

Die meisten Leute sind ja prinzipiell durchaus fuer die Klima-Problematik offen und auch bereit, Opfer dazu zu bringen. Solange die nicht unverhaeltnismaessig und ungerecht verteilt sind.

"unverhältnismäßig":
Ist nicht so leicht festzulegen, wann man da etwas unverhältnismäßig nennen sollte. Die Westküste der USA bereitet sich gerade auf eine 50°-Hitzewelle mit evtl. vielen Toten vor. Das ändert die eigene Sichtweise auf "unverhältnismäßig" vermutlich etwas.
"ungerecht":

LOL. Ich wohne da. Vorgestern hatten wir 45 Grad, gestern "nur" knapp 40. Und fuer die naechsten Tage ist das gleiche Wetter angesagt. Und der einzige Grund, warum es so kuehl blieb, ist dass wir in den Bergen wohnen. Unten im Tal in der Wueste ist es heisser.

Kein Mensch will das, und ich habe es ja hoffentlich auch klargemacht, dass ich CO2 und Klimawandel fuer ein draengendes Problem halte. Aber einige der vorgeschlagenen Loesungen sind halt nicht zielfuehrend. Es gibt genug andere Dinge, die durchaus brauchbar sind. Beispielsweise Solaranlagen statt Wind.

Ich habe mich damit auf "unverhältnismäßig" bezogen und da weißt du dann ja offenbar besser bescheid als ich, "nicht zielführend" ist ein ganz anderes Argument. Darüber können wir aber natürlich auch sprechen:
In D haben wir inzwischen recht häufig deutlich mehr als 50% Strom aus erneuerbaren. Daran hat Wind einen großen Anteil. "Solar statt Wind" dagegen kling merkwürdig, denn gerade wenn die Sonne nicht scheint, gibt es tendenziell mehr Wind. "Solar und Wind" erscheint mir insofern sehr viel zielführender.
Aber ja: Einige Vorschläge sind auch in meinen Augen nicht zielführend, ein paar davon kommen auch von den Grünen, aber die weitaus meisten (z.B. Pendlerpauschale erhöhen) von CDU/CSU oder auch der FDP (warten bis irgendwer was tolles erfindet).

Schauen wir mal die Gerechtigkeitsvorschläge:
Grüne und CDU wollen momentan beide CO2-Preis anheben, Grüne nur leicht mehr.
CDU-Vorschlag für "sozialen" Ausgleich:
Pendlerpauschale anheben. Profiteure: Eher Einkommensstarke im Speckgürtel mit Eigenheim aber weitem Arbeitsweg.
Grünen-Vorschlag:
Pro-Kopf-Energiegeld. Profiteuere: Eher Einkommensschwache, oder der Teil der Mittelschicht, der unter hohen Stadtmieten leidet.
Und jetzt raten wir mal, wer wem vorwirft unsozial zu sein.

Beide sind unsozial. In der derzeitigen Situation erhoeht man damit nur die Lebenshaltungskosten, ohne irgendwas am CO2-Verbrauch zu aendern. Solche Massnahmen kann man nur treffen, wenn es brauchbare Alternativen gibt.

Dem kann ich nicht folgen. Die Erhöhung der Lebenshaltungskosten passiert natürlich, ist aber nicht unsozial, wenn sie ausgeglichen wird.
Wenn dieser Ausgleich bei einkommensschwächeren Haushalten, wie im Grünen-Wahlprogramm, die erhöhten Lebenshaltungskosten überkompensiert ist es sogar das Gegenteil von unsozial. Solange braucht es aus sozialen Erwägungen auch noch nicht unbedingt Alternativen zu geben.
Der zusätzliche Vorteil des Pro-Kopf-Energiegeldes ist, dass es jede einzelne (liberal im besten Sinne) einsetzen kann wie sie mag: Sie kann es nutzen um nichts ändern zu müssen, oder versuchen es zu behalten indem sie einige CO2-Kosten senkt, etwa durch weniger oder kleineres Auto fahren, geringere Wohnungstemperatur, aber auch die Finanzierung drastisch gestiegener Stadtmieten gehört hier dazu. Einige werden das sicher tun, die Mittelschicht wird vermutlich darüber hinausgehen und vermehrt in neue Heizungen und Solaranlagen investieren. Dann ändert sich eben doch was am CO2-Eintrag.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (20.06.2021 12:50).

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