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  • Marius2

mehr als 1000 Beiträge seit 01.04.2003

Stimmt, das tut wirklich weh

martin-2 schrieb am 29. Juli 2005 14:17

Der Grossteil der Punkte die Du monierst sind jetzt bereits Be-
standteil der meisten, wenn nicht aller nationalen Gesetzgebungen
(und das gut begründet).
Du erwartest wirklich, dass sich in der EU Verfassung daran etwas
ändert? Warum?

En detail:

[...]

> Für die Todesstrafe gilt als Ausnahme eine Tötung: "um einen Aufruhr
> oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen" (Titel I-2-3-c)
> Artikel II-62 (2): "Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder
> hingerichtet werden."
> Artikel 2 des Protokolls Nr. 6 zur EMRK: "Ein Staat kann in seinem
> Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in Kriegszeiten oder
> bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden"
Diese Ausnahme wird durch das Kriegsrecht gemacht, und zwar jetzt
auch in bundesdeutschem Recht, und ausserdem mit gutem Grund.
Banales Beispiel: Plünderung im Kriegsfall steht unter Todes-
strafe, nach aller Erfahrung ist in einem solchen Fall die
öffentliche Ordnung u.U. nicht anders aufrecht zu erhalten.
Du möchtest vielleicht lieber plündern lassen?

> Artikel II-66: "Jeder Mensch hat das Recht auf Freiheit und
> Sicherheit."
> Erläuterung: "Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur
> auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden: ... e)
> rechtmäßige Freiheitsentziehung mit dem Ziel, eine Verbreitung
> ansteckender Krankheiten zu verhindern,
Steht im Bundesseuchengesetz. Du würdest also eine (eventuell
mit dieser Art Freiheitsentzug verhinderbare) Massenepidemie mit
vielleicht hundertausenden oder millionen Todesfällen vorziehen?

> sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen
Ist evntl. der Fall, falls jemand eine Gefahr für andere darstellt.
In Deutschland: u.A. Sicherheitsverwahrung. Wird übrigens selten
angewendet.

> und Landstreichern;"
Nun ja, das ist vielleicht diskussionswürdig.

> Artikel II-81 (1): "Diskriminierungen, insbesondere wegen des
> Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen
> Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder
> der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der
> Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der
> Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung,
> sind verboten."
> Erläuterung: "In Absatz 1 des Artikels 21 42 hingegen wird weder eine
> Zuständigkeit zum Erlass von Antidiskriminierungsgesetzen in diesen
> Bereichen des Handelns von Mitgliedstaaten oder Privatpersonen
> geschaffen noch ein umfassendes Diskriminierungsverbot in diesen
> Bereichen festgelegt. Vielmehr behandelt er die Diskriminierung
> seitens der Organe und Einrichtungen der Union im Rahmen der Ausübung
> der ihr nach anderen Artikeln der Teile I und III der Verfassung
> zugewiesenen Zuständigkeiten und seitens der Mitgliedstaaten im
> Rahmen der Umsetzung des Unionsrechts."
> Das Verbot von Diskriminierung gilt somit nur in den Institutionen
> der EU.
Richtig! Und das bedeutet, dass der Gültigkeitsbereich dieses Teils
der EU Verfassung sich nicht in nationales Recht erstreckt (in
dem, wie im Deutschen, dann eigene Anti-Diskriminierungsgesetze
bestehen). Und?

> Artikel II-88: "Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die
> Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber oder ihre jeweiligen Organisationen
> haben nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen
> Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten das Recht, Tarifverträge auf
> den geeigneten Ebenen auszuhandeln und zu schließen sowie bei
> Interessenkonflikten kollektive Maßnahmen zur Verteidigung ihrer
> Interessen, einschließlich Streiks, zu ergreifen."
> Erläuterung: "Die Modalitäten und Grenzen für die Durchführung von
> Kollektivmaßnahmen, darunter auch Streiks, werden durch die
> einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten geregelt"
> Das heisst, grenzüberschreitende, europaweite Streiks gibt es so
> erstmal nicht. [...]
Falsch. Da steht, dass es zum Streikrecht keine europaweit ein-
heitliche Regelung von Verfassungsrang gibt (sondern - implizit -
eben nur nationale).

Es bleiben also die Landstreicher als vielleicht wirklich zweifel-
hafter Punkt. Wirklich eine schlimme Verfassung.

> Ansonsten: Da ich nicht die Arbeit anderer noch mal machen will, hier
> für Dich zum Durcharbeiten.
Mach doch erst mal Deine eigene Arbeit ordentlich, bevor Du andere
mit Aufklärung beglückst.

[...]

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