Es ist nett, als einfacher Bürger mal so einen Text zu lesen. Der wäre aber in einer Mailingliste der "Linken" besser aufgehoben könnte man denken...
Zu dem Inhalt: Mir fallen vor allem Euphemismen auf, die abseits der politischen Linken schon eine eher negative Konotation haben:
"sozialistische Gesellschaftsordnung". Hier muss man als Linker vorsichtig sein, in welchem Umfeld man diesen Ausdruck benutzt.
Unter Linken: So etwas wie das Paradies für Christen oder das Nirwana für Buddhisten.
Für alle anderen: Alle sind gleich arm - allerdings sind manche etwas "gleicher". Äquivalent etwa zu einer Oligarchie, allerdings sind die Oligarchen auch ärmer.
"von den an der Theorie geschulten, zum Besseren entschlossenen Menschen" - gemeint sind eigentlich die Leute, die im 20. Jahrhundert aktiv an sozialistischen Umstürzen gearbeitet haben und z.T. auch erfolgreich waren.
Für die Organe der Bundesrepublik: Schlicht "Linksextremisten". Es wird ja versucht, die Gesellschaftsordnung (zu der auch unser Staat und das Grundgesetz gehören) zu stürzen.
Die bestorganisierte und -geschulte Arbeiterklasse Europas kapitulierte 1933 und gab über Nacht ihren Geist auf – wie immer gilt, was für alle gilt, nicht für jeden. Wo waren denn die Hunderttausende von Parteimitgliedern der KPD, ihre fünf bis sechs Millionen Wähler, der Rote Frontkämpferbund, die Straßen- und Betriebszellen?
Sie waren passiviert durch einen Marxismus, der von Fatalismus kaum zu unterscheiden war und die ihm folgenden Massen zur Unterwerfung unter "objektiven Gesetzmäßigkeiten" anhielt.
Man kann bei der Wikipedia einiges nachlesen über die Arbeitsweise des Staatapparats in der Endphase der Weimarer Republik und den ersten Monaten des sogenannten 3. Reiches, als die braunen Schlägertruppen dann sozusagen zur "offiziellen politischen Polizei" wurden. Es gab genug Verbrechen der Nazi-Schergen um jedem organisierten Kommunisten klarzumachen, dass man entweder den Kommunismus sausen lässt oder sich auf ein Leben als "vogelfrei" bzw. im KZ gefasst machen musste. Es gab nur wenige, die dieses Los auf sich nahmen, und ich verstehe das durchaus.
Der Bereich des Sagbaren wurde Schritt für Schritt ausgeweitet, Begriffe besetzt und Diskurse und Themen in der Öffentlichkeit platziert. Jürgen Elsässer und Götz Kubitschek haben auf diesem Gebiet ganze Arbeit verrichtet.
Ja. Wie auch im Artikel beschrieben haben hier Links- und Rechtsextremisten das gleiche Werkzeug im Werkzeugkasten. Wird gerne auch benutzt, um einen Krieg nicht Krieg nennen zu müssen, "militärische Spezialoperation" klingt ja viel harmloser. Leider sterben dabei auch Menschen und werden zu Krüppeln geschossen. Das Schlimme ist halt, dass (wenn man lange genug übt) die Allgemeinheit dann auch diese Wortschöpfungen aufgreift, manchmal ohne dass man es will oder für gut befindet.
Der Vorteil der Rechten besteht darin, dass ihre Denkweisen dichter an der bürgerlichen Normalität und den gängigen Denk-, Gefühls- und Affektgewohnheiten angesiedelt sind als die der Linken. Rechtes Denken muss ohnehin bestehende Ressentiments lediglich in Gang setzen und verstärken, während kritisch-linkes Denken einen Bruch mit den gängigen Denk- und Gefühlsmustern beinhaltet und es insofern deutlich schwerer hat.
Stimmt vielleicht nicht per se so, man muss vielleicht statt von "Rechten" vs. "Linken" zu sprechen hier den Ausdruck "Populist" vs. "Idealist" verwenden, dann passt es. Es gibt auch "Rechte" deren Denkweise einem Normalbürger zu abgedreht ist - die AFD versucht hier aber zumindest in der Argumentation nach außen "populistisch" aufzutreten, bis vor kurzem wurde zum Beispiel die Debatte um "Remigration" nur intern in der AFD behandelt und war eher ungewollt nach außen gedrungen. Genauso gibt es mit dem BSW den personifizierten linken Populismus.
Es gilt immer noch, was Adorno in den frühen 1960er Jahren sagte: "Es hilft nur emphatische Aufklärung, mit der ganzen Wahrheit, unter striktem Verzicht auf alles Reklameähnliche."
Ich weiß nicht, ob das der Linken als Partei noch wirklich weiterhelfen wird...
Das Problem ist eher, dass moderne Kommunikationsmedien zu einer Dauerberieselung der Bevölkerung geführt haben. Nachrichten (die merkwürdigsten oder lustigsten) gibt es am laufenden Band. Unterhaltung gibt es reichlich und kostenlos. Der "normale" Deutsche nagt eben nicht am Hungertuch und möchte nicht von Linken erklärt bekommen, dass die Gesellschaftsform des Kapitalisms daran schuld sei und sich das Proletariat erheben muss.
Die Zeiten haben sich geändert, anstatt die Deutschen vom Kapitalismus ins Elend treiben zu lassen hat der deutsche Staat schon vor 150 Jahren angefangen, ihn einzuhegen und die Arbeiter vor ihm zu schützen - anfangs mit ganz anderen Mitteln als die, die den Urvätern des Sozialismus vorgeschwebt haben. Vielleicht hilft es manchen Linken auch mal, sich außer mit dem "Kapital" mal mit Büchern zu befassen, die das Lebensumfeld des 19. Jahrhunderts beschreiben - dann kann man eher erkennen, was Karl Marx bewegt hat, "Das Kapital" zu schreiben und was er vor Augen hatte, wenn er "Armut" schrieb.
Selbst ein Empfänger der Grundsicherung kann heute auf mehr Luxus zurückgreifen als manch kleiner Fabrikbesitzer in der Gründerzeit. Das liegt nicht daran, dass er reicher wäre - der Luxus von vor 150 Jahren ist heute halt viel billiger zu haben.
Wo es heutzutage denke ich mehr darauf ankommt ist, den Menschen klarzumachen warum es ihnen vergleichsweise gut geht. Dass da eben das Grundgesetz und die soziale Sicherung in Deutschland ein wertvoller Baustein sind - aber auch der Einsatz jedes einzelnen, sei es an der Arbeit (die er hoffentlich hat) oder freiwillig in der Gesellschaft, egal ob in der Feuerwehr, der Kirche, einem Nachbarschaftsverein, der Gewerkschaft, einer Partei oder im Fanclub des Fußballvereins. Genau da gehört auch hin, dass man sich ohne Angst mit anderen über politische Gedanken austauschen kann, seien sie nun "Mainstream" oder nicht.