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  • Twister

mehr als 1000 Beiträge seit 27.11.2000

Für jeden liegt die Gefahr woanders...

Hallo

ich weiß, es ist Selbstwerbung, aber man möge es mir verzeihen.

Frabato schrieb am 28. Dezember 2002 17:56

> Ich würde mir wünschen, das gerade in solchen Beiträgen mit hohem
> Praxisbezug für Laien mal kurz und prägnant zusammengefasst wird was
> inzwischen in der Überwachung alles geht und wo die konkreten
> Gefahren auch für Gutmenschen und Daniel sind.

> Damit mans mal jemand zeigen kann, von dem ich nicht vorrausetzen
> muss, dass er/sie eh schon alle Fakten kennt.

> Sozusagen was für die Wandzeitung !  ;-)

Wo Gefahren in der Überwachung und in der Idee der Aufgabe der
Privatsphäre zu finden sind, das entscheidet jeder ja für sich.

Vielleicht ist dieser Text hier für den einen oder anderen etwas:
http://stop1984.dschanz.net/index2.php?text=privatsphaere_texte_twist
er_nacht.txt&page=2

Ansonsten:
21.08.2002
 Seit sie ihren Computer hatte, liebte es Anne, damit ins Internet zu
 gehen. Sie verstand nichts von Firewalls oder von anonymen Proxies,
 eigentlich war es ihr auch egal. Sie hatte vor ein paar Tagen
 begonnen, sich mal in ein paar sogenannte "Foren" einzuklicken und
 nachdem sie verstanden hatte, dass sie sich dort registrieren lassen
 konnte, hatte sie jetzt ein Pseudonym und sie konnte dort
 diskutieren. Anne war begeistert.
 Während sie sich einen Tee kochte, schaute sie auf den Bildschirm.
 Oh, es gab Neuigkeiten. Sie verstand zwar noch immer nicht genau,
was
 diese Datenspeicherung bedeutete, aber sie hatte schon oefter davon
 gelesen. 


Dauernd kamen solche Meldungen und dauernd regte sich jemand auf.
 Anne verstand das nicht. Sie hatte nichts zu verbergen, sie ging
 nicht auf irgendwelche komischen Nazi- oder Pornoseiten, sie
 interessierte sich nicht fuer Terrorismus oder Weltuntergang. Ihr
war
 es eigentlich ziemlich egal, dass man ihre Daten behielt. Warum
 sollte es sie stoeren?

 Anne ruehrte ihren Tee um und freute sich als ihr PC mit einem
"Ping"
 ankuendigte, dass sie Post hatte. E-Mail - das war auch etwas, was
 ihr richtig Spaß machte. Erfahren, was andere so machten, was andere
 so dachten, das war toll. Das Internet machte Spaß.
 Anne klickte die Nachricht ueber die Datenspeicherung weg - es
 wuerden jetzt bestimmt wieder diese endlosen "Threads" (das hatte
sie
 gelernt, dass man es so nannte) in Richtung Überwachungsstaat etc.
 losgehen. Das war immer so langweilig. Und Anne dachte auch immer
daran, was
 das wohl fuer komische Menschen sind, die sich Sorgen machten.


 21.08.2004
 Anne ruehrte in ihrem Tee und zupfte sich ein paar Fliegen aus ihrem
 Haar. Es war kalt und es war nass hier, und dunkel. 
Sie fror und ihre Augen taten weh vom Weinen.
 So viel war passiert in den letzten 2 Jahren, ploetzlich hatte es
 diese neue Partei gegeben, diese neuen Gesetze, die Festnahmen, die
 Verdaechtigungen und Verhoere. Sie war so muede davon und sie hatte
 Hunger. 


Sie trank von dem Tee - ein wenig waermte er, aber nur ein wenig.
 Es lag wohl daran, dass die Kaelte nicht nur von draußen durch die
 Waende drang, nein, sie kam auch aus Annes Innern. Wie hatte in
 wenigen Jahren so viel passieren koennen?
 Und wie sollte sie jemals erlaeutern, dass sie nie gewusst hatte,
 dass einer ihrer E-Mail-Freunde ein Attentat plante? Wie haette sie
 es wissen sollen?


 Und es war wohl auch egal, denn eigentlich reichten schon ihre
 dunklen Augen und die dunkle Haut dafuer aus, hier zu sein. Hier, wo
 es so viele gab, die froren, die hungerten, die litten.

 Ob ihre Augen auch schon so tot aussahen wie die der anderen hier?
 Anne stellte den Becher ab als sie draußen Geräusche hörte.
 Die Tür ging auf und eine harte Stimme sagte "Anne Frank?
 Mitkommen..."
 Und als Anne an den anderen vorbeiging, die man holte, als sie in
 einigen davon ihre Freunde erkannte, hoerte sie eine Stimme "Du hast
 das Recht zu schweigen". Sie war zu muede um noch zu laecheln, doch
 die Ironie war unverkennbar --- was sollte das Schweigen noch
nutzen?
 Sie wussten doch sowieso schon fast alles.

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