Und dann kommt das Thema Deutsche und Russen.
Die Russen vergessen nichts aber können verzeihen und haben das nach 1945.
Da mag durchaus sein, ich habe selbst diesbzgl. mit vielen Russen persönlich das Gespräch gesucht, die mittlerweile hier leben. Auch mit Ukrainern übrigens.
Interessant fand ich in dem Zusammenhang zum Beispiel besonders Gespräche mit sog. „Russlanddeutschen“, die nach meinem persönlichen Dafürhalten (also natürlich nicht repräsentativ, das ist klar) eine Art Wandel in ihrer Position besonders zum Krieg gegen die Ukraine zu vollziehen scheinen.
Im Falle des russischen Machthabers Wladimir Putin hege ich allerdings enorme Zweifel an deiner Ansicht @amuego.
Mittlerweile glaube ich, daß er besonders Deutschland abgrundtief hasst.
Auch wenn über Putins Biografie nicht viel wirklich zuverlässig bekannt ist bzw. durch ihn selbst verbreitet wurde, gilt als sicher daß sein Vater gegen Nazi-Deutschland im 2. Weltkrieg kämpfte. Putin selbst gibt an, daß sein Großvater Koch von Stalin war. Er selbst ist 1952 geboren und als Nachkriegskind sozusagen im kalten Krieg aufgewachsen.
Er war bekanntlich von 1975 bis 1982 KGB-Offizier für Auslandsspionage, besuchte von 1984 bis 1985 die KGB-Hochschule in Moskau und wurde ab 1985 als KGB-Hauptmann in der damaligen DDR in Dresden eingesetzt.
Es ist kein Geheimnis, daß nicht gerade die größten Sympathisanten für das auszuspionierende Land, hier also West-Deutschland, für die Auslandspionage eingesetzt wurden.
~ Zeitsprung ~
Den Zerfall der Sowjetunion 1991 bezeichnete Putin in einer Rede ans Volk im Jahre 2005 als „die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts“.
Seine auf deutsch gehaltene Rede vor dem deutschen Bundestag 2001 klang da noch gaaaanz anders.
~ Zeitsprung ~
Als er nach weiteren Geheimdienstjahren es dann letzten Endes an die Macht geschafft hatte und sich seinen Mafiastaat geformt hatte, widmete er sich alten offenen Rechnungen.
Er schaffte es z.B. unter anderem „unseren“ damsligen Kanzler Gas-Gerd für seine Zwecke zu verführen und installierte mit Matthias Warnig einen alten StaSi Gefährten aus Dresdner Zeiten an der Spitze der Nord Stream AG. Die alte FDJlerin Angie brauchte Putin vermutlich nicht lange zu überzeugen (Schwesig, Gabriel und Konsorten hatte er auch im Sack) und so hätte er es um ein Haar geschafft, Europas Volkswirtschaft Nr. 1, nach dem Atomausstieg und Kohleausstieg, von russischem Gas und somit von sich völlig abhängig zu machen.
Im Bezug auf den Ukrainekrieg hat er vermutlich nicht mit einer derartigen internationalen Unterstützung gerechnet und hat sich m.E. daher übelst verzockt.
Sowohl im Bezug auf seinen Einfluss auf Europa (über eine Abhängigkeit Deutschlands), als auch im Bezug auf die NATO (das Gegenteil sogar erreicht) und auch im Bezug auf die Ukraine ist er schmerzhaft auf die Schnauze gefallen (vom Bruderstaat zum gehassten Feind vermutlich auf Jahrzehnte).
Natürlich glaube ich persönlich gleichzeitig auch (und erfuhr das auch aus Gesprächen mit Russen und Ukrainern), daß auch viele (alte) Ukrainer ebenfalls nicht gerade in Begeisterung ausbrechen im Bezug auf Deutschland.
Ähnlich wie auch bei vielen (eher älteren) Franzosen zum Beispiel, erinnern sich auch noch viele Ukrainer scheinbar an die Gräueltaten der deutschen Wehrmacht im 2. Weltkrieg. Im Gegensatz zu Putins Armee hatte es die Wehrmacht bekanntlich geschafft Kiew einzunehmen und hat sich dort nicht gerade mit Ruhm bekleckert (ganz im Gegenteil sogar, Massaker ist noch freundlich formuliert).
Damit im Hinterkopf ist Putins Gerede von „Entnazifizierung“ der Ukraine in meinen Augen eher befremdlich und verstörend. Ich vermute fast schon eine Art Trauma von Putin oder so… siehe oben (Werdegang).
Zusammenfassend: Ich glaube mittlerweile, daß da noch einige Stachel scheinbar ziemlich tief sitzen. Schade und traurig zugleich.
Am Rande: Eine Gruppe irritiert mich persönlich im Gesamtzusammenhang übrigens ein wenig.
Und zwar die (eher älteren, noch in der DDR aufgewachsenen) Ost-Deutschen, die auffallend mehrheitlich pro-russisch bzw. pro-Putin gestimmt zu sein scheinen. Also anders als andere ehemalige Sowjetpartner wie z.B. Polen oder etwa die Baltischen Staaten. Ich bin mir offen gesagt nicht sicher, woran das liegt. Stockholm-Syndrom wäre wohl unpassend. Besonders befremdlich ist dabei aber die (zugegeben zum Glück wohl eher kleine) Gruppe, die nach außen Nazi-Devotionalien zur Schau tragen und dabei gleichzeitig aber pro-russisch auftreten. Das passt geschichtlich ja nicht so wirklich zusammen, zumindest nicht so wie es in meinem Geschichtsbuch stand. Zudem wenn man auch bedenkt, was Hitler nicht nur in seinem Buch im Bezug auf Russland allgemein zum Besten gegeben hat.
Naja, das ist in meinen Augen zumindest ähnlich irritierend wie Putins sehr offensichtlich vorgeschobenen „Kriegsgründe“.
@amuego: Deshalb auch mein Zusatz, daß Russland auch nich so einfach zu verstehen ist. Zumindest für mich nicht. Ich bin in West-Deutschland in den 70er Jahren geboren, ohne jeglichen direkten persönlichen Bezug zum Osten (also weder Verwandtschaft noch sonst irgendwie). Natürlich bin ich auch aufgrund der Zeiten damals sicherlich „gefärbt“ aufgewachsen, aber nie in der Art daß z.B. Russland Scheiße sei und die USA z.B. das Nonplusultra. Ich habe nichts gegen Russland (s.u. disclaimer) und ich kritisiere genauso die USA, Europa und auch Deutschland wenn ich der Meinung bin daß da etwas scheisse läuft. „War on Terror“ um nur mal ein Beispiel zu nennen, der Fall Edward Snowden z.B., etc. etc. … gibt unzählige. Jetzt und hier geht es aber nun mal um Russlands Krieg gegen die Ukraine. Daß Russland selbst von einer „Spezialoperation“ spricht ist nachvollziehbar, schließlich ist Russland Mitgliedsland der UN und bestimmte Begriffe sind nun mal völkerrechtlich definiert. Das heißt natürlich nicht, daß es sich nicht doch um einen Angriffskrieg handelt ;)
Abschließend quasi als Disclaimer:
Ich persönlich bin weder pro-ukrainisch und/oder anti-russisch und/ oder umgekehrt. Ich bin gegen (diesen) Krieg und deshalb gegen die Person Wladimir Putin, die diesen einzig (mit seiner Entourage) zu verantworten hat. Aus diesem Grund unterstütze ich den Gedanken, daß sich die Ukraine gegen den Angriff mit Hilfe von Unterstützerländern verteidigen darf (übrigens wie auch gemäß UN-Charta).
Am einfachsten und schnellsten wird dieser Krieg beendet, indem Putin seine Soldaten zurückpfeift.
Leider zeigt die Geschichte und speziell Putins Werdegang (s.o.), daß Putin dabei leider nur eine Sprache versteht: Stärke! DAS habe ich jedenfalls mittlerweile verstanden!
In diesem Sinne, Baxter