Dazu ist ein Blick über den Gartenzaun immer ganz nützlich.
Anders als oft behauptet, sind die Staats- und Sozialausgaben in Deutschland weder im internationalen noch im historischen Vergleich besonders hoch – und zuletzt auch keineswegs stark gewachsen.
Wer mit den absoluten Zahlen für die Sozialausgaben argumentiert, macht sich schon verdächtig. Wenn etwa die Einkommen der Beschäftigten zulegen, ist es ganz normal, dass auch etwa die Rentenzahlungen zulegen.
Was wirklich zählt, ist das preisbereinigte (reale) Wachstum der Ausgaben und das Wachstum relativ zur Wirtschaftsleistung.
Unter 27 Ländern der Industriestaatenorganisation OECD, für die die aktuellsten Daten von 2002 bis 2022 verfügbar sind, liegt Deutschland mit einem Zuwachs von 26 Prozent für den gesamten Zeitraum auf dem drittletzten Platz, ist also eines der Länder mit dem geringsten Wachstum der Sozialleistungen.
Beim Anteil der staatlichen Sozialausgaben an der Wirtschaftsleistung ist Deutschland im Vergleich der reichen OECD-Länder in Westeuropa und Nordamerika ebenfalls unauffällig. Mit 26,7 Prozent, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), liegt die Quote im oberen Mittelfeld, Deutschland auf Rang sieben von 18.
Eine weitere zentrale Größe ist die Staatsquote, also die gesamten(!) staatlichen Ausgaben einschließlich der Sozialausgaben im Verhältnis zum BIP. Auch hier ist bis 2023 keine Auffälligkeit für Deutschland festzustellen. Mit einem BIP-Anteil von 48,2 Prozent ist die Staatsquote in Deutschland sogar geringfügig niedriger als im Durchschnitt der EU-Länder (48,9 %).
Gleiches gilt, wenn man die Staatsquote im Zeitverlauf betrachtet: Es gibt keine Besonderheiten, wenn man andere Länder zum Vergleich heranzieht: Seit Mitte der 1990er Jahre liegt der Wert an oder leicht unter dem Durchschnitt des Euroraums.
Wenn also aktuell von den üblichen Verdächtigen Stimmung gemacht wird gegen zu hoher Staats- und Sozialausgaben, dann sind das wohl ziemlich interessensgeleitete Motive.