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  • demon driver

mehr als 1000 Beiträge seit 25.02.2000

Diskussionskultur und Militäraktionen

Daniel Unruh schrieb am 12. Februar 2002 18:14

> demon driver schrieb am 12. Februar 2002 16:14
> > Eine vernünftige Diskussion erschöpft sich schließlich nicht in
> > der bloßen Aufzählung und Aneinanderreihung von
> > Argumenten, sondern beinhaltet mitunter auch das Bewerten,
> > Gegenüberstellen, Relativieren derselben. Wer dazu nicht in der
> > Lage ist, sollte möglicherweise tatsächlich besser gar nicht
> > diskutieren.

> Damit wären die meisten öffentlichen (insbesondere politischen)
> Diskussionen disqualifiziert.

Das kann schon sein. Auch Stammtische.

> Zwar ist völlig richtig, daß es bei den Diskutanten nicht zu einem
> Erkenntnisgewinn kommen kann, wenn diese grundsätzlich ablehnen, 
> die Argumente der Gegenseite in ihr eigenes Modell der Wirklichkeit
> zu integrieren und stattdessen weiterhin auf ihrem Weltbild 
> beharren. Dennoch kann eine solche Minimaldiskussion, die letztlich
> nur aus der Aneinanderreihung von Monologen besteht, wenigstens den
> Zuhörern neues Wissen vermitteln, da sie die Standpunkte aller 
> Seiten kennenlernen und sich selbst eine Meinung bilden können.

Bloßes Aufzählen von Argumenten ist natürlich auch nicht nutzlos, aber
das stützt ja wohl kaum die These, daß die Diskussion danach
uninteressant werden müßte. 

Ein "Beharren" auf einem "Weltbild" kann allerdings wohl kaum
Ausschlußkriterium für Erkenntnisgewinn sein... was wäre das für ein
Weltbild, wenn es sich durch ein paar Argumente sofort umschmeißen
ließe.

> In den Heise-Foren kommt es selten genug zu einer "richtigen"
> Diskussion. Das Bewerten von Argumenten beschränkt sich dann meist
> auf "ich habe recht, du nicht." Wenn ich gelegentlich den Ansatz 
> einer ernstgemeinten Diskussion übersehen und ignoriert habe, so 
> tut mir dies leid.

Nicht nötig. (Du unterscheidest aber Heise allgemein und TP? Das sind
schließlich schon zwei verschiedene Paar Schuhe.) Begreifst du dich
hier übrigens als Beobachter, der gelegentlich mal nebenbei ein
Statement abgibt, oder als Diskussionsteilnehmer? Als letzterer ist es
mit an dir, für solche Ansätze zu sorgen...

> > Ich meinte meine ursprüngliche Frage, ob Du Deine hier
> > geäußerten Ansichten tatsächlich ernst meinst [...]

> Überzeichnete Äußerungen können nicht ernst gemeint sein. [...]

Schön. Unnötig allerdings, in diesem Zusammenhang den Fürsprecher von
Tucholsky und Chomsky zu mimen. Wäre noch festzustellen, welche
Äußerungen denn nun überzeichnet sind. In meinen Augen ist jede
Forderung nach Waffengewalt im Kampf gegen die Chimäre Terrorismus
überzeichnet, aber das scheinst du ja dann doch ernst zu meinen. Soviel
Antwort immerhin scheint sich auf meine ursprüngliche Frage jetzt schon
mal zusammenreimen zu lassen.

Zu deinen Saudiarabien-Thesen, da du sie hier auch nur nochmal als
'Beispiel' anführst, nur ein paar Worte.

> Die geäußerten Thesen sind meist grob vereinfacht, und wie ich
> feststellen mußte, leider manchmal auch mißverständlich formuliert.
> Um bei dem Beispiel Saudi-Arabiens als Hort des Bösen zu bleiben - 
> es ist unbestritten, daß Amerikas Staatsfeind Nr.1 aus diesem Land
> stammt.

Ist das ein Grund das Land zu bombardieren?

> Es scheint auch gesicherte Erkenntnis, daß sein Terrornetzwerk von
> diesem Land aus finanziert wurde.

Ist das ein Grund, das Land zu bombardieren? 

> Afghanistan kann es schwerlich gewesen sein, die haben ja nicht
> einmal genug zum Beißen. Ebenfalls unbestritten ist die in 
> Saudi-Arabien praktizierte extreme Form des Islam, die auch
> nach Afghanistan exportiert wurde.

Ist das ein Grund, das Land zu bombardieren?

> Meine These lautet, daß man, sofern die Terrorbekämpfung ernst
> gemeint ist, gegen den Quell des Terrors in Saudi-Arabien vorgehen
> muß.

Wo dort genau soll der liegen? Läßt sich der dann dort mit
militärischen Mitteln bekämpfen? Sollen man vielleicht die saudischen
Bankhäuser und Firmen angreifen, die evtl. an der Finanzierung
teilhatten?

> Das aber ist ohne Anwendung extremer Mittel kaum möglich. 

Wie soll das funktionieren?

> Selbst wenn die dortigen Herrscher nur durch Geheimdienstarbeit 
> und eine "demokratische Opposition" gestürzt werden könnte, würde 
> das entstehende Chaos eine große Instabilität in der Region 
> bewirken, was letztendlich doch einen militärischen Einsatz 
> notwendig macht. Vermutlich ist ein schneller militärischer Einsatz
> (ohne vorherige Destabilisierung) die beste Wahl, damit die Saudis 
> (also die Herrscherfamilie) nicht noch auf die Idee kommen, sich 
> während ihres Todeskampfes (nicht wörtlich nehmen!) mit Terror gegen
> die USA und Europa zu wehren.

Ist dir schon mal die Idee gekommen, daß der antiamerikanische Terror
nicht in ein paar Schaltzentralen der islamischen Finanzhäuser und
Wirtschaftsunternehmen, bei einer kleinen Kämpferelite à la Bin Laden,
sondern in den Köpfen des Volkes entsteht, dem durch die eigenmächtigen
Einflußnahmen der USA "Nachteile" widerfahren (bis hin zu
hunderttausenden zivilen Opfern im Irak)? Daß militärische
Interventionen wie in Afghanistan vielleicht kurzzeitig aktive
Strukturen zerstören und aktuelles Gefahrenpotential reduzieren können,
den Haß und den Willen der sich von den USA unterdrückt fühlenden
Menschen auf dieser Welt, sich zur Wehr zu setzen, aber damit nicht im
mindesten besänftigen?

> > Rechstextreme Thesen sollten auch weiterhin rechtsextreme Thesen
> > genannt werden dürfen... ob darüberhinaus auch gleich einem
> > Individuum der Vorwurf des Rechtsextremismus gemacht werden muß,
> > hängt dann schon noch davon ab, inwieweit er sich mit diesen
> > Thesen identifiziert...

> Schön. Man sortiert also die Thesen in Schubladen ein:
> rechtsextrem, linksextrem, liberal, anarchistisch, sozialistisch...
> Und dann? Was bringt es?

Es macht den Umgang mit ihnen mitunter bedeutend einfacher. 

d. d.


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