... dann kommt sowas wie der Artikel raus. Man weiß hier gar nicht wo man anfangen soll. Ich versuche trotzdem ein paar Dinge etwas zurecht zu biegen.
1. Da ist Ersten die Klage gegen "Denktabus". Dieses Argument hat der Autor schon selbst ad absurdum geführt, da er und viele Kommentatoren nicht nur diese seltsamen Gedanken haben können, sondern hier auch publizieren können. Das gleiche gilt für Politiker der extremen Linken und Rechten. Wo sind denn die beklagten "Denktabus" kann man hier einfach fragen? Was den Autor eigentlich stört ist, dass seine krummen Gedanken von nicht mehr Menschen geteilt werden und er sich nicht durchsetzen kann.
2. Dann ist da die durchaus richtige Aussage: "Wenn die öffentliche Debatte von Moral beherrscht wird und Gefühle angeheizt und instrumentalisiert werden, haben es sachliche Argumente schwer und eine nüchterne und rationale Debatte wird blockiert." Aber die dann folgenden Schlussfolgerungen sind falsch. Gerade wenn man Gefühle und Moral, welchen einem sofortigen Frieden gebieten würden, aussen vorlässt, muß man sich fragen: "In welcher Welt wollen wir leben? Soll es einem Staat mit einer verbrecherischen Regierung wirklich im Jahr 2022 noch ermöglicht werden, sein Territorium mit Waffengewalt zu vergrößern?" Und wenn man diese Frage verneint, sind wir beim aktuellen Fall: Friedensverhandlungen könnten sofort beginnen, wenn Russland seine Truppen aus dem Territorium abziehen würde, welches vor 2014 die Ukraine war. Solange Russland weiter von "neuen Realitäten" schwafelt, gibt es, ganz nüchtern und ohne Emotion betrachtet, keinerlei Grundlage für Friedensgespräche - allerdings verstehe ich das moralische Dilemma, Krieg ist immer schrecklich, hier gebe ich dem Autor auch Recht. Allerdings will der Autor ja gerade eine Debatte ohne moralische Betrachtung und ohne Emotion. Deutschland hat WK I auch verloren, obwohl die Frontlinie weit in französischem Gebiet war. Wenn man Russland jetzt diesen Gewaltakt durchgehen lassen würde und sein Territorium nach dem Krieg größer wäre, wie vor dem Krieg, dann ist morgen die Moldau, das Baltikum und Polen in Gefahr. Die Forderung Friedensgespräche zu beginnen ohne russischen Truppenrückzug ist genau das was der Autor vermeiden will! Nämlich eine Forderung die auf der richtigen moralischen Einschätzung beruht, dass Krieg um jeden Preis vermieden werden muß, aber nicht nüchtern und sachlich betrachtet.
3. Sanktionen: Hier kaut der Autor zum 1000ensten mal die Frage durch, ob denn Sanktionen das Regime in Russland stürzen würden oder nicht. Aber auch diese Frage ist vollkommend falsch gedacht und auch irrelevant. Das Regime kann nur von der russischen Bevölkerung gestürzt werden. Die wichtigere Frage ist, vollkommend unabhängig vom Völkerrecht: Will Deutschland oder die EU mit einem Land Geschäfte machen und den Reichtum mehren, welches Territoriumsvergrößerung mittels Krieg als legitimes Mittel der Politik ansieht? Und hier ist die Antwort ganz klar: "nein". Wenn Russland jetzt im Gegenzug dann mehr Geschäfte mit Nordkorea oder Iran macht, ist dies nicht das Problem der EU. Ich würde hier sagen, dass Wort "Sanktionen" ist falsch und mehr vom "Abbruch der Handelsbeziehungen" sprechen.
4. Whataboutism: Die Frage: "Was ist mit Saudiarabien?" ist auch irrelevant. Ja wahrscheinlich ist die Saudische Regierung auch ein Verbrecherclan, der nicht viel von Menschrechten hält. Wiederrum - ganz ohne Moral und Emotionen - betrachtet, finden die meisten Staaten aktuell Landgewinnung durch Krieg schlimmer, wie gelegentliche Menschenrechtsverletzungen im Inneren, siehe China oder Nordkorea. Solange sie "nur" die eigene Bevölkerung foltern wird es mehr oder weniger akzeptiert. Sollten sie ein anderes Land überfallen, werden die Reaktionen heftiger ausfallen. Selbst Russland kann man hier als Beispiel anführen. Solange Putin "nur" die eigene Opposition weggesperrt oder umgebracht hat wurde es weitestgehend akzeptiert.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (30.12.2022 11:21).