Es gibt keine Ordnung ohne Wertung, ebenso wie es keine Wertung ohne Ordnung gibt. Wertung erzeugt Ordnung, man ordnet nach Werten, die man den zu ordnenden Dingen beimißt. Jeder Mensch bewertet und ordnet die Dinge in seinem Kopf nach seinen Wertmaßstäben, die gewöhnlich nicht seine eigenen sind, sondern anerzogene, gesellschaftspolitisch erwünschte Wertungen. Leider bleibt den meisten Menschen bis heute verborgen, daß sie außengesteuert sind, daß sich ihre Wertmaßstäbe nicht aus ihrem eigenen Selbst heraus entwickelt haben, sondern ihnen von außen aufgepfropft wurden.
Es gibt auch keine Objektivität in dem Sinne, wie dieser Begriff generell Verwendung findet: als einzig möglicher Blickwinkel, der die einzig wahre Wirklichkeit erkennen läßt. Kein einziger Mensch kann eine Sache objektiv beobachten oder erfassen, denn jeder Mensch ist ein einzigartiges Individuum, das über einen einzigartigen Blickwinkel auf die Dinge in seiner Welt verfügt. Daher vermittelt jede Beobachtung immer nur subjektive Eindrücke und Erkenntnisse. Die Illusion einer objektiven Wahrheit entsteht dem Einzelnen einfach dadurch, daß er die Welt nur sehr grob beurteilt und wahrnimmt. Details werden häufig vollkommen vernachlässigt, eigene Wertmaßstäbe werden nicht hinterfragt, sondern als allgemeingültig und damit als »richtig« eingestuft. Dabei wird das eigene Anpassungsbedürfnis kaum wahrgenommen, vor allem, weil es sonst mit dem eigenen Selbstverständnis eines autonomen Individuums kollidieren würde.
Der »naive Realismus« ist eine Art Geisteskrankheit, die als »common sense« zum Normalzustand ausgerufen wird. In den USA stellt sich gerade Donald Trump an die Spitze dieser Bewegung und ist damit Präsident geworden. Aber auch hier in Deutschland ist das »gesunde Volksempfinden« in Form von Pegida und AfD wieder auf dem Vormarsch. Die Demokratie verkommt hier zu einer Herrschaft des Pöbels, der sich den billigsten Parolen ausliefert. (gleichsatz.de)
»Moralisch unsichtbar« sind Verletzungen moralischer Normen, wenn sie zwar als Fakten sichtbar sind, jedoch in einen Kontext eingebettet sind, der verhindert, dass sie in der Bevölkerung ein moralisches Unbehagen oder Empörung auslösen. Ein Beispiel sind die gesellschaftlichen und humanitären Folgen der mit der neoliberalen Wirtschaftsordnung einhergehenden strukturellen Gewalt, wie sie vor allem in der sog. »Dritten Welt«, doch zunehmend auch in den westlichen Industrieländern sichtbar werden.
Prof. Dr. Rainer Mausfeld in seinem Vortrag: Warum schweigen die Lämmer?
https://www.youtube.com/watch?v=QlMsEmpdC0E
Script: http://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/150806_Mausfeld.pdf
Wenn eine überschaubare Gruppe von Menschen dauerhaft über die große Masse Macht ausüben will, ist die Stabilität des Systems nur dann zu erreichen, wenn man die wichtigste Ressource kontrolliert. Wissen. Was das Volk nicht weiß, noch nicht einmal erahnt, kann es auch nicht auf die Barrikaden bringen. Nach diesem simplen Prinzip herrschen die sogenannten Eliten nun schon seit Tausenden von Jahren über ihre jeweiligen Untertanen. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein System sich »Demokratie« nennt oder nicht. Immer sind es nur sehr wenige, die bestimmen, was offiziell überhaupt gewusst wird. Umso allergischer reagiert jeder Machtapparat auf sogenannte Whistleblower, die man früher abwertend als Verräter bezeichnete. Verräter wie Snowden destabilisieren die Machtpyramide, indem sie dem Volk, den Massen, die Möglichkeit geben zu erkennen, wie man sie beherrscht. Herrschaft kann aber nur effektiv agieren, wenn sie unsichtbar bleibt. Vor allem auf dem Feld der Sozialforschung hat die Elite gegenüber dem Bürger einen enormen Wissensvorsprung. Die Machthaber kennen das Wesen „Mensch“ heute derart genau, dass sie ihn bis in die kleinsten Teile zerlegen und manipulieren können und das auch tun. Dass wir alle kaum etwas davon mitbekommen, stützt diese Aussage.
Prof. Dr. Rainer Mausfeld in seinem Vortrag: Die Angst der Machteliten vor dem Volk
https://www.youtube.com/watch?v=Rk6I9gXwack
Script: http://www.uni-kiel.de/psychologie/mausfeld/pubs/Mausfeld_Die_Angst_der_Machteliten_vor_dem_Volk.pdf
Vergangenen Mittwoch hatte ich ein ausführliches Gespräch mit einem befreundeten Rentner, u.a. über seine Fähigkeit zur Selbsterkenntnis. Er gestand ohne Umschweife, daß er die längste Zeit seines Lebens kaum dazu fähig war, unbequeme Wahrheiten einzugestehen, nicht einmal sich selbst. Auch wenn sein jeweiliges Gegenüber ganz offensichtlich Recht hatte, konnte er das früher häufig nicht zugeben, weil das sein Selbstverständnis erschüttert hätte. Erst in vorgerücktem Alter hat er diese Verhaltensweise als vollkommenen Blödsinn entlarvt und sich – zumindest teilweise – zu sich selbst bekannt.
Innerhalb des Irrsinns alltäglichen Stresses, unter dem die meisten Industrielandbewohner offenbar leiden, gibt es so gut wie keine Gelegenheit, aus dem Hamsterrad auszusteigen. Morgens hetzt man zur Arbeit, wo man acht Stunden lang die eigenen Impulse weitgehend zu unterdrücken hat, um sich voll und ganz der Fremdsteuerung zu überlassen – gewöhnlich, ohne sich dieser Tatsache auch nur annähernd bewußt zu werden. Nach Feierabend sucht man Ausgleich und Erholung im Konsum, schüttet Bier oder andere Drogen in sich hinein oder lenkt sich sonstwie vom vergangenen Arbeitstag ab. Die meisten sitzen dann wohl vor der Glotze, bis sie müde genug sind, um zu Bett zu gehen.