Sehr geehrter Herr Neubaur,
ich muss gestehen, ich verstehe die Verlagspolitik von Heise nicht. Mit Sicherheit lässt sich feststellen, dass sich das "Geschäfts"-Modell auf die Werbung fokussiert, die sie ja vorwiegend bei den Kommentaren schalten. Es ist ja auch im Forum bekannt, dass sie einige Akteure aus der Redaktion dazu benutzen "Kontroversen" im Forum zu beginnen um die Antwortzahlen zu erhöhen. Sie setzen statt auf ein ideologisch fokussiertes Programm auch eher auf dei Monetarisierung des Bestands ihrer Mitglieder und setzen zunehmend Autoren ein, welche sich zu THemen äussern, die hohe Kommentardichte erzeugen. Das passt alles ins Geschäftsmodell, versteht jeder auch, ist auch legitim.
Aber ich habe beim besten Gewissen keine Vorstellung davon, wen Sie dafür bezahlen Beiträge zu moderien und wie es zu diesen bizarren Sperrungen kommt. Natürlich scheint ein Teil der Bestimmungen auf Algorithmen und Feedback gemünzt zu sein. Das ist schnelll erklärbar, da sie ja auch Kosten sparen müssen.
Im Grunde scheinen Sie gerade das Konzept von Reitschuster - hauptsache kontrovers und viele Diskussionen und hohe "Reshare" Zahlen - mit ihrem ursprünglichen Verlagsprogramm der Telepolis "links, techno-kritisch, informierend, aber eher intellektuell a la Merkur" zu vermischen.
Aber meine Intuition als Unternehmer sagt mir, dass sie der Telepolis damit das "Grab schaufeln". Das Modell Kontroverse wird irgendwann einfach wegsterben, wenn es allgemein gesellschaftlich nicht mehr relevant oder opportun ist. Es wird auf Dauer einfach langweilig halbgare Artikel zu diskutieren, die nicht von besonderer Tiefe sind. Wenn dies der Fall ist, wird die Linienlosigkeit der Telepolis und die zunehmend als "Vermüllung meets von der Gesinnung des Mitarbeiters beeinflusste Sperrwut" wahrgenommene Politik bei der Content Auswahl und Redaktion im Forum wahrgenommene Philosophie ihre Basis einfach im Nichts verpuffern.
Der Pivot dann zurück zu einem richtigen Programm .... es bleibt offen ob so etwas gelingt. Ich wünsche es Ihnen natürlich. Aber wenn man bedenkt wo sie einmal in der online Medienlandschaft standen - in den 90ern und 00ern auf Linie mit der Technology Review -, dann ist es doch Schade, was aus der Telepolis geworden ist.
Ich kenne Sie, Ihre Geschäftsführung und die Gesellschafter des Heiseverlages natürlich nicht. Aber rein wirtschaftlich betrachtet sieht das alles in fachdeutsch "distressed" und "verzweifelt" aus. Vielleicht verebbt auch einfach der Umsatz der Print-Formate iX und c't. Umso mehr Druck herrschaft im "pure online" Formate wie Telepolis. Auf heise.de sieht man nun die Rubriken Netzpolitik, Security, Mobiles und Co. Es ist sicherlich schwer gute Autore für diese Bereiche zu finden. Jeder gute Autor schreibt direkt für nahmhafte online Anbieter wie TechCrunch und Co. Das kann ich natürlich auch nachvollziehen. Wenn es wirklich so düster aussähe, dann wäre der Verkauft von Heise vermutlich angebracht. Das ist für dren Eigentümer natürlich ein schwer zu verdauender Brocken. Aber naja. Wir allen wissen, dass die Technology Review und anderartige Formate nicht den Kern der intellektuellen Debatte treffen. Auch "intellektuelle" Magazine wie der Merkur tun das nicht. Telepolis war hier quasi im "sweet spot" zwischen Kultur und Technologie. Es wäre also aus meiner persönlichen Sicht unsinnig von diesem "Gewinner" Konzept abzuschweifen. Aber naja, ich kenne die Komplextität des Verlagswesens nicht gut genug.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg. Und würde mir als Leser seit 1998 ungeachtet der wirtschaftlichen Interessen von Seiten des Heise-Verlages und von Ihnen als Chef-Redakteuer natürlich wünschen, Sie würden wieder zu ihren Wurzeln zurück finden. Wenn Sie den aktuellen offensichtlichen "Wahnsinn der Medienlandschaft" - der sich rein wirtschaftlich offensichtlich auszahlt - vielleicht nicht mehr mitmachen. Dann fänden sich auch wieder andere Autoren. Und könnten sich anderweitig positionieren. Und dann müssen Sie nicht Kommentare wie das untrige sprerren.
Aber, zusammengefasst, sehe ich das ganze wohl so aussichtslos wie ihre Seite des Verlages. In so fern kann ich Ihnen nur mein Beileid aussprechen und trotz der Frustration noch nur meinen Dank aussprechen. Es stellt sich aber weiterhin die Frage, ob sie Ihre Plattform - d.h, Ihre Eigene - derart in das Nirvana maneuvrieren wollen. Oder ob man Telepolis vielleicht nicht einfach weiter verkauft. Dami es weiter leben kann. Dort, wo es noch gefragt ist. Auch für den Heise Verlag kann es nicht im Interesse sein ein rennendes Pferd zu Tode zu reiten, nur weil die anderen Pferde bereits verstorben sind.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Leser
Am 05/28/21 um 4:07 PM schrieb no-reply@heise.de:
> Ihr Beitrag/ Ihre Beiträge war/waren in einem Thread enthalten, dessen Ausgangsposting gesperrt werden musste. Wir haben alle Beiträge des Threads aus Zeitgründen ohne Einzelfallprüfung gesperrt. Dafür bitten wir um Verständnis.
>
> Wir möchten Sie ermuntern, Ihren Beitrag/ Ihre Beiträge erneut im Forum zu posten, sofern er/ sie in vollem Umfang (einschließlich eventueller Zitate) mit unseren Nutzungsbedingungen vereinbar ist/ sind und keinen direkten Bezug auf das gesperrte Ausgangsposting nimmt/ nehmen.
>
> Mit freundlichen Grüßen,
> heise online
> Foren-Administration
>
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> 28.05.2021 07:42
> Betreff: Re: Der Autor hat sein gesamtes Leben niemals auf Arbeit aufgebaut. Fertig!
>
> Stimme in so fern zu, dass die Teilhabe an der Gesellschaft durch
> Arbeit ein natürliches Gut ist und auch dort das Leben eigentlich
> stattfinden sollte.
>
> Das dies nicht so wahrgenommen wird oder nicht der Fall ist hat
> oftmals mit psychologischen Störungen entlang der Führungskette zu
> tun. Oder einfacher ausgedrückt mit selbst verursachtem Stress
> gepaart mit einigen Empfindungs- und Empathiestörungen.
>
>