Ohne das ganze Ding zu quoten - im Prinzip stimme ich Ihnen zu und hatte beim Lesen des Interviews ähnliche Gedanken.
Ich würde aber gerne Folgendes präzisieren:
Die Ausgangssperre soll imho verhindern, dass sich Feierrunden im Privaten bilden. Dort könnte man die nur noch mit Denunziantentum und polizeilichem Wohnungszutritt irgendwie wenn schon nicht verhindern, so doch wenigstens ahnden.
Durch die relativ frühe Ausgangssperre bleibt Abends nicht genug Zeit, um wieder auch nach Hause zu kommen - und Samstag/Sonntag müsste man schon mittags anfangen, damit das eine Sause wird.
Das halte ich für nicht so abwegig und der Umstand, dass das die umliegenden Länder ganz ähnlich handhaben, würde ich als Bestätigung der Maßnahme werten.
Ich wehre mich auch gegen die weitgehend sinnlose Aufrechnung der Wirksamkeit der Einzelmaßnahmen. Es mag richtig sein, dass der Einzelhandel nicht Treiber des Infektionsgeschehens ist, aber damit verbunden sind eben auch die Bewegungen/Begegnungen auf dem Weg zum und vom Geschäft - ÖPNV, Parkhäuser, Malls...
Andererseits leuchtet es ein, die Massenveranstaltungen wie Messen zu unterbinden - obwohl absolut gesehen eigentlich nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung solche Veranstaltungen besucht.
Ich halte in der Tat die Summe der bisherigen Kontaktbeschränkungen nicht für so falsch, dass ich andererseits eine Detaildiskussion über die Wirksamkeit von Einzelmaßnahmen für sinnvoll halte.
Anders sehe ich das bei der Beteiligung von Gewerbe und Industrie, die nicht nur weitgehend unbelastet arbeiten kann - sofern sie nicht akut von Kontaktbeschränkungen betroffen ist - sondern teilweise auch noch extra Profite aus der Krise ziehen können, ohne sich an den gemeinschaftlichen Lasten beteiligen zu müssen.
Wir haben wieder das Prinzip von der Sozialisierung der Kosten und der Privatisierung der Gewinne, das gerade auf einer Skala stattfindet, die wirklich jedes bekannte Maß sprengt.
Stattdessen reibt sich das Volk untereinander auf, weil die Einen nicht geimpft werden wollen und die Anderen schon, die Einen haben ihre Eltern schon beerdigt und die Anderen würden gerne erben (aber die Eltern sind mittlerweile geimpft), die Einen würden gerne wieder arbeiten während das Gesundheitssystem seine Arbeiter verschleißt....
Und leider - obwohl Prantl sicher einer der Klügeren ist - beteiligt sich hier Prantl auch eher an den Grabenkämpfen statt an der Kritik der Kriegsführung.
Die Frage ist nicht, ob der Schaden eingetreten ist oder nicht oder wie groß der ist - die Frage ist, wie die Gesellschaft diese Lasten verteilt.