ott598487 schrieb am 26. Mai 2006 9:35
> Was meinst Du? DAT - Digital Audio Tape? Verschlüsselt? Höchstens
> tot, weil technisch überholt.
DAT war nicht verschlüsselt, sondern hatte maximal eine Art
Primitiv-DRM. SCMS war gar nicht so übel, hätten sich die Unternehmen
auch an die Empfehlungen gehalten. Aber da es binnen kürzester Zeit
eine Masse CD-Player gab, die automatisch am S/P-DIF das
Copy-Inhibit-Bit setzten und die Firmen gar dazu überginden, auf CDs
statt "Copyrighted" "Copy" zu setzen, was bei den restlichen
CD-Playern denn auch "Copy inhibit" aktivierte, wurde SCMS von einem
System zur Sicherung der Privatkopie als erste Generation nach dem
Original zu einem System zur Verhinderung der Privatkopie. Und das
brach SCMS und damit allen Nachfolgesystemen der Compact Cassette im
Consumer-Bereich das Genick. Denn wozu brauchte man ein digitales
Aufzeichnungsgerät, wenn man es sowieso nicht beschicken konnte?
Eigentlich ist SCMS der Grund, warum ich den Nutzungskontrollsystemen
der Industrie derart kritisch gegenüberstehe: Während SCMS in der
Theorie mit seinen drei Stufen und der gesicherten Privatkopie in
Form einer erlaubten Kopiegeneration durchaus annehmbar klang und
auch praktikabel schien, wurde es von den Publishern bald pervertiert
zu einem "perfektem" Kopierschutz, der zur Durchsetzung der rechtlich
erlaubten Privatkopie wie auch der im SCMS-Standard eigentlich
vorgesehenen Consumer-Kopiengeneration wieder entsprechende
Metadaten-Filter erforderte (ich hatte damals zu dem Zweck im Amiga
eine Maestro, die das Copy-Inhibit-Bit zwischen Input und Output
einfach nciht weiterreichte udn sich auch sonst nicht um SCMS
scherte).
Aus der Erfahrung steht zu erwarten, daß auch jedes neue DRM-System,
das von der Industrie im Hinblick auch auf Fair-Use-Bedingungen
gestaltet wird, von den Publishern zur Durchsetzung ihrer eigenen
Interessen mißbraucht wird - heute sogar mit rechtlicher
Rückendeckung (Umgehung "wirksamer technischer Maßnahmen"). Insofern,
nach den Erfahrungen mit SCMS, ist kein DRM besser als ein DRM-System
mit "Ausgleich der gegenseitigen Interessen".
Zum Technischen: DAT wurde eigentlich im Digitalisierungsstreit
zwischen DCC und MD zerrieben. Als DAT-Geräte billiger wurden und
langsam in Consumer-Regionen kamen (der 670er von Sony war billiger
als die zur gleichen Zeit angebotenen DCC- und MD-Geräte), prügelten
sich Philips und Sony (sic!) um den Nachfolger der Compact Cassette.
CD-Writer gab es damals auch schon - allerdings in Preisregionen
jenseits von gut und böse (ich kann mich an einen Marantz erinnern,
der als extrem preisverbilligtes Sonderangebot für 4000 DM angeboten
wurde). Mit denen wurden die Profis adressiert (ebenso wie mit dem
größten Teil der marktüblichen DAT-Geräte, die da schon teilweise mit
Samplingraten um 96 kHz und 24 Bit Auflösung operierten, Pioneer zum
Beispiel). Als die Marketingschlacht um DCC und MD sich dem Ende
zuneigte, war die computergeschriebene CD-R längst in
Consumer-Preisregionen angekommen, Philips hatte aufgegeben und Sony
schaffte es einfach nicht, den freaks die MD auch auf dem COmputer
schmackhaft zu machen (kein Wunder, nennenswerte Mengen an MD-Playern
mit SCSI-Interface, ja die gab es, kamen nie im deutschen Markt an.
Selbst als Händler bekam man keine ab - ich hab es probiert). DAT
dagegen zog sich in den Profi-Markt zurück.
DAT hat einen gravierenden Nachteil: Es ist mechanisch unheimlich
kompliziert. DAT arbeitet mit Schrägspuraufzeichnung und damit mit
einer vergleichsweise komplizierten Kopfkonstruktion mit
umschlingendem Magnetband, was zur Preissenkung über das gewohnte Maß
hinaus halt hohe Produktionsmengen erforderte sowie die Produktion
von "sexy" Technik (wie Portables) massiv erschwerte (der billigste
DAT-Portable kam IMO nie unter 2000 DM). Der 670/690 von Sony dürfte
mit seinem Preis unter 1000 DM da fast einzigartig geblieben sein -
der Systemstreit zwischen MD und DCC dürfte den Markt eher
uninteressant gemacht haben, vor allem, da diese beiden Systemen mit
wesentlich billiger konstruierter Technik auskamen (DCC:
Längsspuraufzeichnung mit festem Kopf, MD: Rotierendes Medium und
CD-änliches Pickup-System). Das seitwärtige Einbrechen der CD-R in
diesen Markt durch die Entwicklungen im Computerbereich hat dem
Systemstreit dann sowieso ein sehr vorzeitiges Ende gesetzt, auch
wenn Sony noch lange mehr oder weniger erfolgreich versuchte, MD als
Alternative zu CD-R und MP3 zu etablieren. MD ist aber weder Fisch
noch Fleisch: Die Computerfreaks ignorierten das System aufgrund der
mangelhaften Unterstützung auf den Computersystemen - und die
HIFI-Freaks kauften sich dann doch lieber ein DAT, wenn sie denn
unbedingt ein digitales Aufzeichnungsgerät wollten (was selten genug
vorkam). Man könnte noch spekulieren, was passiert wäre, hätte Sony
ATRAC nicht derart eng mit der MD verknüpft, sondern den Codec frei
lizensiert - aber das wäre müßige Spekulation. Ich kenn mehr
HIFI-Freaks, die noch heute Musik analog auf VHS archivieren als
Freaks, die mit einem teuren 96kHz-DAT arbeiten (obwohl objektiv die
Qualität besser ist - aber Digital ist Teufelswerk). Und Computer -
um Gottes Willen :)
SCMS hat dagegen in dem Bereich kaum Auswirkungen gehabt - DAT kam
erst gar nicht so weit in den Markt, daß SCMS beim DAT die
entsprechende Interessengruppe erreicht hätte. Diese ärgerte sich in
der Zeit dann schon eher mit SCMS auf MD- und DCC-Playern rum. Man
könnte hier nun vermuten, daß schon aus der Hinsicht heraus die CD-R
leicht in den Markt einbrechen konnte, kannte man doch auf dem
Computer SCMS höchstens als Statusanzeige im Soundkartenpanel. Die
Verfügbarkeit passender Abspielgeräte für CDs tat damals ihr Übriges
(man mußte halt nur die "richtigen" Rohlinge wählen).
CU
> Was meinst Du? DAT - Digital Audio Tape? Verschlüsselt? Höchstens
> tot, weil technisch überholt.
DAT war nicht verschlüsselt, sondern hatte maximal eine Art
Primitiv-DRM. SCMS war gar nicht so übel, hätten sich die Unternehmen
auch an die Empfehlungen gehalten. Aber da es binnen kürzester Zeit
eine Masse CD-Player gab, die automatisch am S/P-DIF das
Copy-Inhibit-Bit setzten und die Firmen gar dazu überginden, auf CDs
statt "Copyrighted" "Copy" zu setzen, was bei den restlichen
CD-Playern denn auch "Copy inhibit" aktivierte, wurde SCMS von einem
System zur Sicherung der Privatkopie als erste Generation nach dem
Original zu einem System zur Verhinderung der Privatkopie. Und das
brach SCMS und damit allen Nachfolgesystemen der Compact Cassette im
Consumer-Bereich das Genick. Denn wozu brauchte man ein digitales
Aufzeichnungsgerät, wenn man es sowieso nicht beschicken konnte?
Eigentlich ist SCMS der Grund, warum ich den Nutzungskontrollsystemen
der Industrie derart kritisch gegenüberstehe: Während SCMS in der
Theorie mit seinen drei Stufen und der gesicherten Privatkopie in
Form einer erlaubten Kopiegeneration durchaus annehmbar klang und
auch praktikabel schien, wurde es von den Publishern bald pervertiert
zu einem "perfektem" Kopierschutz, der zur Durchsetzung der rechtlich
erlaubten Privatkopie wie auch der im SCMS-Standard eigentlich
vorgesehenen Consumer-Kopiengeneration wieder entsprechende
Metadaten-Filter erforderte (ich hatte damals zu dem Zweck im Amiga
eine Maestro, die das Copy-Inhibit-Bit zwischen Input und Output
einfach nciht weiterreichte udn sich auch sonst nicht um SCMS
scherte).
Aus der Erfahrung steht zu erwarten, daß auch jedes neue DRM-System,
das von der Industrie im Hinblick auch auf Fair-Use-Bedingungen
gestaltet wird, von den Publishern zur Durchsetzung ihrer eigenen
Interessen mißbraucht wird - heute sogar mit rechtlicher
Rückendeckung (Umgehung "wirksamer technischer Maßnahmen"). Insofern,
nach den Erfahrungen mit SCMS, ist kein DRM besser als ein DRM-System
mit "Ausgleich der gegenseitigen Interessen".
Zum Technischen: DAT wurde eigentlich im Digitalisierungsstreit
zwischen DCC und MD zerrieben. Als DAT-Geräte billiger wurden und
langsam in Consumer-Regionen kamen (der 670er von Sony war billiger
als die zur gleichen Zeit angebotenen DCC- und MD-Geräte), prügelten
sich Philips und Sony (sic!) um den Nachfolger der Compact Cassette.
CD-Writer gab es damals auch schon - allerdings in Preisregionen
jenseits von gut und böse (ich kann mich an einen Marantz erinnern,
der als extrem preisverbilligtes Sonderangebot für 4000 DM angeboten
wurde). Mit denen wurden die Profis adressiert (ebenso wie mit dem
größten Teil der marktüblichen DAT-Geräte, die da schon teilweise mit
Samplingraten um 96 kHz und 24 Bit Auflösung operierten, Pioneer zum
Beispiel). Als die Marketingschlacht um DCC und MD sich dem Ende
zuneigte, war die computergeschriebene CD-R längst in
Consumer-Preisregionen angekommen, Philips hatte aufgegeben und Sony
schaffte es einfach nicht, den freaks die MD auch auf dem COmputer
schmackhaft zu machen (kein Wunder, nennenswerte Mengen an MD-Playern
mit SCSI-Interface, ja die gab es, kamen nie im deutschen Markt an.
Selbst als Händler bekam man keine ab - ich hab es probiert). DAT
dagegen zog sich in den Profi-Markt zurück.
DAT hat einen gravierenden Nachteil: Es ist mechanisch unheimlich
kompliziert. DAT arbeitet mit Schrägspuraufzeichnung und damit mit
einer vergleichsweise komplizierten Kopfkonstruktion mit
umschlingendem Magnetband, was zur Preissenkung über das gewohnte Maß
hinaus halt hohe Produktionsmengen erforderte sowie die Produktion
von "sexy" Technik (wie Portables) massiv erschwerte (der billigste
DAT-Portable kam IMO nie unter 2000 DM). Der 670/690 von Sony dürfte
mit seinem Preis unter 1000 DM da fast einzigartig geblieben sein -
der Systemstreit zwischen MD und DCC dürfte den Markt eher
uninteressant gemacht haben, vor allem, da diese beiden Systemen mit
wesentlich billiger konstruierter Technik auskamen (DCC:
Längsspuraufzeichnung mit festem Kopf, MD: Rotierendes Medium und
CD-änliches Pickup-System). Das seitwärtige Einbrechen der CD-R in
diesen Markt durch die Entwicklungen im Computerbereich hat dem
Systemstreit dann sowieso ein sehr vorzeitiges Ende gesetzt, auch
wenn Sony noch lange mehr oder weniger erfolgreich versuchte, MD als
Alternative zu CD-R und MP3 zu etablieren. MD ist aber weder Fisch
noch Fleisch: Die Computerfreaks ignorierten das System aufgrund der
mangelhaften Unterstützung auf den Computersystemen - und die
HIFI-Freaks kauften sich dann doch lieber ein DAT, wenn sie denn
unbedingt ein digitales Aufzeichnungsgerät wollten (was selten genug
vorkam). Man könnte noch spekulieren, was passiert wäre, hätte Sony
ATRAC nicht derart eng mit der MD verknüpft, sondern den Codec frei
lizensiert - aber das wäre müßige Spekulation. Ich kenn mehr
HIFI-Freaks, die noch heute Musik analog auf VHS archivieren als
Freaks, die mit einem teuren 96kHz-DAT arbeiten (obwohl objektiv die
Qualität besser ist - aber Digital ist Teufelswerk). Und Computer -
um Gottes Willen :)
SCMS hat dagegen in dem Bereich kaum Auswirkungen gehabt - DAT kam
erst gar nicht so weit in den Markt, daß SCMS beim DAT die
entsprechende Interessengruppe erreicht hätte. Diese ärgerte sich in
der Zeit dann schon eher mit SCMS auf MD- und DCC-Playern rum. Man
könnte hier nun vermuten, daß schon aus der Hinsicht heraus die CD-R
leicht in den Markt einbrechen konnte, kannte man doch auf dem
Computer SCMS höchstens als Statusanzeige im Soundkartenpanel. Die
Verfügbarkeit passender Abspielgeräte für CDs tat damals ihr Übriges
(man mußte halt nur die "richtigen" Rohlinge wählen).
CU