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634 Beiträge seit 16.11.2014

Der "Globale Minotaurus" ist 2008 an sein Ende gekommen.

Das wegen dem Stinkefinger berühmt gewordene Video mit Varoufakis ist
ja eigentlich ein Vortrag, wo er sein Buch "Der Globale Minotaurus"
vorstellt.

> https://www.youtube.com/watch?v=MEUWxNifJJ8

Ich könnte mir vorstellen, dass von den über 700.000 Klicks nur die
wenigsten sich den gesamten Vortrag angehört haben. Was schade ist,
es ist ein sehr interessanter Ritt durch die Geschichte der globalen
Ökonomie seit der Weltwirtschaftskrise 1929 bis in unsere Tage.
Möchte ich jedem und jeder herzlich ans Herz legen, egal ob
Keynesianerin, neoliberal oder Marxist.

Davon mal ab (bzw. darauf aufbauend), meine Grob-Thesen in Kürze und
ohne irgendeine Reihenfolge:

Keynesianismus ist ja eigentlich ne Art verkappter Marxismus, und
Marktwirtschaft ist ein Überbleibsel des Mittelalters - wo
Marktverhältnisse Sinn machten, da man die verschiedenen Tätigkeiten
recht gut miteinander vergleichen konnte, in ein Verhältnis
zueinander bringen.

Die industrielle Revolution jedoch sprengte diese
Verhältnismäßigkeit. Das extreme Anwachsen der Produktivität, und die
damit einhergehende Ausweitung der Arbeitsteilung, mit immer
ausgefeilterer Spezialisierung, gab der Produktion aller Güter
(materieller wie immaterieller) einen grundsätzlich
gesellschaftlichen Charakter - welche jedoch weiterhin privat
organisiert ist, nicht gesellschaftlich.

Wir alle produzieren *als Gesellschaft* die Reichtümer und Wohltaten
der Welt, jedoch zu Bedingungen, wo uns die Mittel dieser Produktion
enteignet sind, und all die Sachen und Taten, die wir schaffen, nicht
uns gehören, sondern denen, für die wir arbeiten. Diese widerum
vermarkten unsere Schöpfungsakte und beteiligen uns über Lohn und
Gehalt an den Erlösen, wodurch wir erst am real existierenden
gesellschaftlichen Reichtum teilhaben können.

Wie gesagt, grob und plump dahergesagt.

So. Meine eigentlich These ist, dass das Mittelalter während des
"langen 19. Jahrhunderts" seinen politisch-ökonomischen Ausklang
erlebte (nachdem es im Sinne der Hochkultur schon länger überwunden
war). Politisch war der Erste Weltkrieg sein Todesstoß.
[Eigentlich auch ökonomisch, aber das macht es zu komplex, da weiter
drauf einzugehen.]
Und mit dem Zweiten Weltkrieg hat eigentlich der Sozialismus gesiegt.
Strukturalistisch betrachtet zumindest:

Der Staat (als vermeintlicher Repräsentant der Gesellschaft) hat in
allen Ökonomien, weltweit, massiv ins wirtschaftliche Geschehen
eingegriffen.
- das ist nichts anderes als Sozialismus.

Und hier kommt der Globale Minotaurus ins Spiel. Ab Anfang der 70er
Jahre. Davon spricht Varoufakis ja ausführlich in seinem Vortrag. Die
Geburt der Defizit-Ökonomie (keine Ahnung, ob ich das so sagen kann,
bin nich vom Fach...), welche mit der Krise von 2008 (welche ja
seitdem nicht überwunden ist) an ihr Ende gekommen ist.

Das erbitterte Festhalten an privat organisierter "Marktwirtschaft"
(ich bezweifle, dass man den Kapitalismus heute wirklich noch als
solche bezeichnen kann...) ist ein übler Anachronismus, der im
Zeitalter des "Globalen Minotaurus" ins Absurde hinausgewachsen ist,
und schon seit mindestens 70 Jahren auf den Müllhaufen der Geschichte
gehört.

Wie gesagt, ziemlich grob und plump dahergerotzt. Kann man bestimmt
besser machen. Aber ich denke, dafür ist es recht gut verständlich,
oder?

.

PS: Das erste "Spielfeld" des Neo-Liberalismus war übrigens nicht
Thatcher's GB in den 80ern, sondern Chile nach dem Putsch vom
11.9.1973.

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