Terrorbekämpfung, Nationbuilding, Frauenbefreiung, "Verteidigung Deutschlands am Hindukusch" - was erzählt(e) hat man uns alles im Zusammenhang mit dem fast 20jährigen Bundeswehr-Kriegseinsatz in Afghanistan.
Doch worum ging es wirklich? Nach dem Zerfall der Sowjetunion war es für die USA und ihre Gefolgschaft wichtig, Russlands Einflussmöglichkeiten in seinen traditionellen Einflussgebieten weiter zu beschneiden. In Ost-Mitteleuropa und auf dem Balkan gelang das noch im letzten Jahrhundert. Der Kontrolle Mittelasiens sollte die Militärpräsenz im Schlüsselland Afghanistan dienen. Propagandistisch nutzte man nach dem 11.9. das "Krieg-gegen-den-Terror"-Narrativ, obwohl der islamistische Terrorismus von den Despotien der arabischen Halbinsel und nicht den Taliban ideologisch und finanziell aufgerüstet worden war.
Die geopolitische Dimension des Afghanistan-Engagements zeigte sich in dem Bemühen, auch in seinen Nachbarländern Fuss zu fassen. Die US-Army errichtete Stützpunkte in Tadschikistan, Turkmenistan und Kirgistan. Deutschland war für Usbekistan zuständig. Im dortigen Termez betrieb die Bundesluftwaffe bis 2015 einen Stützpunkt. Speziell unter Aussenminister Josef Fischer umschmeichelte Berlin den usbekischen Autokraten Karimov. Sein Innenminister Aitmatov durfte, kurz nachdem er im Fergana-Tal ein Massaker anrichten liess, in Deutschland eine Heilbehandlung geniessen. Beschrieben hat die Kumpanei von Fischer & Co mit dem usbekischen Regime der ehemalige britische Usbekistan-Botschafter und heutige Menschenrechtsaktivist Craig Murray in dem Buch "Murder of Samarkand". Das Buch konnte/durfte auf deutsch nicht erscheinen.
Mit der Zeit wurden sich die mittelasiatischen Regierungen aber bewusst, dass sie vom Westen wenig zu erwarten haben. China schuf mit seinem Seidenstrassen-Projekt dagegen eine echte Entwicklungsperspektive. Die Nato-Truppen wurden hinaus-komplimentiert. Und auch die US-Elite erkannte die Sinnlosigkeit der teuren Militärpräsens in Afghanistan, zumal man sich stärker auf die Hauptgegner, Russland und China, konzentrieren wollte. Ohne jegliche Konsultation mit den "Verbündeten" wurde der Rückzug dekrediert.
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