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  • Nützy

mehr als 1000 Beiträge seit 11.06.2010

Re: Selbstverantwortung & so

Stephan Schleim schrieb am 24.12.2019 12:29:

> Nützy schrieb am 24.12.2019 09:10:
>
> > Ich halte die Gleichsetzung: Soziale Konstruktion = Willkür =
> > Beliebig Festzulegen.
> > Für einen gedanklichen Fehlschluss. Die Tatsache, dass etwas eine
> > Konstruktion ist, impliziert keine beliebigen
> > Änderungsmöglichkeiten.
>
> Hmm, dass die Festsetzung beliebig ist, wo hätte ich das
> behauptet?

Direkt heraus behauptet wird es nie, aber häufig in den Raum gestellt. Bei der Aussage "das Geschlecht ist eine soziale Konstruktion" denkt doch jeder sofort mit, dass man diese Konstruktion am Ende beliebig verändern kann.
Dem muss aber gar nicht so sein, es könnte sein, dass es trotzdem einen naturalistischen Rahmen gibt.

> Ihr Hausbeispiel finde ich zum Vergleich gut, [...]

Danke.

> Der Gesetzgeber könnte (rein formal) heute das Tragen von
> Armbanduhren oder Zucker verbieten (in GB gibt es ja schon eine
> Zuckersteuer auf Softdrinks).

Auch wenn ich dagegen wäre, so müsste ich doch einen gewissen Sinn in dieser Regelung zugeben.

> Dass es bestimmte Eigenschaften gibt,
> die die Regulierung der Substanzen beeinflussen, das sehe ich so
> wie Sie.

Einmal die Eigenschaften, dann die Kulturgeschichte (Wein und Bier sind etabliert) und viele andere mehr.

> Du sagtest, wir seien von Geburt an alle unterschiedlich, wie könne
> es da gleiche Chancen geben?!

Also kann man ganz konkret einen Ausgleich dafür bekommen, nicht hochbegabt zu sein?

> Die Gene können wir nicht so leicht ändern; die Gesellschaft schon.

Wir sind wieder bei dem Beispiel mit dem Haus, dass eine (soziale) Konstruktion ist, aber dennoch nicht völlig beliebig ist.

Die Gesellschaft will nicht, dass jeder Arzt wird. Es wäre möglich, die Anforderungen und Auswahlkriterien zu senken, aber das hätte unzweifelhaft Konsequenzen.

> Die Diskussion, wie Schulen verbessert werden können oder sollen,
> führt mir jetzt zu weit vom Thema weg (ich bin übrigens selbst
> Hochschullehrer).

Das ist nur ein Beispiel - wie das Haus.

> Konkret ist es aber so, dass man zurzeit viel in Elitenförderung
> steckt und die breite Masse (etwa der Schulen) verwahrlosen
> lässt. Auch darüber schrieb ich vor ca. zwei Wochen in dem PISA-Artikel.

1. Das habe ich lange Zeit - angerecht durch unsere in dieser Hinsicht sehr instruktive Berichterstattung in den Öffentlich-Rechtlichen - geglaubt.
2. Inzwischen sehe ich das etwas differenzierter. Das große Probleme der meisten Schulen ist nicht der Mangel an Mitteln, sondern vielmehr die grundfalsche Methodik. Mehr Geld in die Schulen zu pumpen würde nichts an der grundsätzlichen Misere ändern. Hier müssten vor allen Dingen inhaltliche Reformen in Angriff genommen werden.

> Da PISA Mittelwerte erhebt und Deutschland nicht – oder
> jedenfalls nicht so dreist – bei der Auswahl der Schüler schummelt,
> schneidet es eben auch nur mittelmäßig ab.

Das mit dem Schumeln gehört besser ausgeführt.

> Jeder soll für sich
> selbst entscheiden – aber woher kommen denn unsere Vorlieben,
> Wünsche, Überzeugungen, auf deren Grundlage wir entscheiden?

Die Vorlieben sind erst einmal da.
Die Argumentation, dass der kapitalistische Markt mit seiner Werbung die Sehnsüchte und Bedürfnisse erst erschafft, die er befriedigt - welche ich von gewissen sozialistischen Autoren kenne - , ignoriert die Ausgangssituation. Man kann die Bedürfnisse eben nicht beliebig schaffen, auch wenn sie "soziale Konstruktionen" sein mögen.

Einen intelligenten Menschen steht der Sinn nach intellektueller Anregung, einen nervösen Menschen nach Zerstreuung.

> Und hierzu sollte es von mir in Kürze auch einen passenden Artikel
> hier auf Telepolis geben (im Titel etwas mit "Café am Rande der
> Welt").

Viel Glück dabei!
Es ist ja leider nie völlig klar, ob so ein Artikel publiziert wird, oder?

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