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  • Pnyx (1)

mehr als 1000 Beiträge seit 01.07.2017

das Unerwünschte zulassen, aber einhegen

Ein Aspekt, der hier bei der Kritik von Müllers Ansatz zu kurz kommt, ist dessen Menschenbild, dass nun doch mehr als einen Tick zu rationalistisch ist. 'Ich hab einen Wunsch, also geh ich in den virtuellen Drogensupermarkt und beschaff mir diejenige Substanz, die mich der Erfüllung dieses Wunsches näher bringt.' Mag ja sein, dass das hie und da vorkommt, aber in den meisten Fällen ist die Motivation für die Ersteinnahme einer derartigen Substanz denn doch eine ganz andere. Sehr oft spielt dabei das soziale Umfeld die Hauptrolle. 'Nimms doch auch, sei kein Frosch', 'Jetzt probier auch mal, du bist doch alt genug'... Oft ist es fast ein Ding der Unmöglichkeit, sich in gewissen Runden aufzuhalten, ohne dasselbe zu konsumieren wie die restlichen Anwesenden. Erwartung, Neugier - eine undefinierbare Mischung aus auto- und heteronomen Faktoren.

Selbstverständlich stimme ich zu, dass Prohibition kontraproduktiv und gefährlich ist. Dafür gibt es hinlänglich empirische Belege. Aber ich bin schon der Meinung, dass ein paar in den Weg gelegte Steine - etwa in Form staatlicher Regulierung, strikter Werbeverbote, nicht zu niedriger Preise, umständlich gemachter Beschaffung - sinnvoll sind, um den Konsum solcher Substanzen wenigstens nicht zusätzlich zu stimulieren - was die These impliziert, dass Suchtgenerierung möglichst vermieden werden sollte, da sowohl individuell als auch volkswirtschaftlich schädlich.

Da liegt dann auch die Krux bei der Legalisierung solcher Substanzen. In kapitalistischen Verhältnissen kommt es automatisch zur Konsummaximierung. Kreative Leute kommen auf immer neue Gedanken, wo sie auch noch z. B. THC unterbringen können - aktuell in Kanada zu beobachten.

Wirtschaftlich funktioniert das natürlich hervorragend,

...meint der Autor - zurecht, wenn man von kapitalistischem Wirtschaften spricht. Es wäre auch anderes möglich. Selbstverständlich hat er recht, wenn er - meines Erachtens nicht drastisch genug - auf das schizophrene Verhalten des Staates hinweist. In Deutschland etwa, wo THC-haltiger Hanf nur im Hochsicherheitstrakt angebaut werden darf, andererseits die Oxycontin-Verschreibungen laufend zunehmen. An letzterem Beispiel merkt man, dass der von Müller vertretene, letztendlich technokratische Ansatz in der Gesellschaft bereits grosse Akzeptanz geniesst und er diesbezüglich offene Türen einrennt.

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