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  • DJ Holzbank

mehr als 1000 Beiträge seit 03.09.2011

"Kiew ist keine westliche Marionette" (Bathon)

Dieser Satz hätte noch komischer nur im März 2016 geklungen, als der damalige US-Vizepräsident Biden die Absetzung des ukrainischen Generalstaatsanwaltes Viktor Shokin durchsetzte, welcher gegen eine ukrainische Firma (Burisma) ermittelte, in deren Aufsichtsrat zufällig der Sohn von Biden saß.

Ein weiterer komischer Zeitpunkt wäre auch der Januar 2014 gewesen, als Victoria "Fuck the EU" Nuland, die Staatssekretärin im US-Außenministerium, mit ihrem Kiewer Botschafter die Frage besprach, ob Vitali Klitschko oder Arseni Jazeniuk an einer Übergangsregierung teilnehmen sollten, die dann nie aufgestellt wurde.
Aber der von Nuland favorisierte Jazeniuk wurde eben doch zwei Monate später Ministerpräsident.

Also: Soll das ein Witz sein?
Kann der frischgebackene TP-Osteuropaexperte dem werten Publikum dann bitte mal erklären, zu welchem Zweck "der Westen" im Winter 2013/2014 gemeinsam mit ukrainischen Oligarchen und Faschisten die damalige ukrainische Regierung, die tatsächlich keine Marionette des Westens war, in einem Staatsstreich gestürzt haben sollte?

Nun wird Herr Bathon vielleicht antworten, dass die aktuelle ukrainische Regierung zwar "pro-westlich" sei, aber dadurch noch lange keine Marionette, denn sie treffe ja auch eigene Entscheidungen.
Klar trifft sie auch eigene Entscheidungen, denn ansonsten wäre sie überflüssig und sämtliche ukrainische Regierungsgeschäfte könnten die Botschaften der westlichen Staaten in der Ukraine nun unmöglich schultern. Aber in den entscheidenden Punkten verwirklicht die Marionette eben doch die Absichten des Marionettenspielers.

Ganz einfaches Beispiel: Zelenski gewann die Präsidentschaftswahl mit 75% der Stimmen, weil er zuvörderst versprochen hatte, den Krieg im Donbass umgehend zu beenden.
Die bei der Wahl unterlegene Seite - die der mehr oder weniger ausgeprägten ukrainischen Nationalisten - sprach daraufhin sogar von der Gefahr der russophilen Revanche etc.

Also, warum wohl sind nach zwei Jahren Amtszeit des "neuen" Präsidenten keinerlei Signale in dieser Richtung zu beobachten und er setzt die Eskalationspolitik seines Vorgängers nicht nur fort, sondern vereinbahrte dem Vernehmen nach mittlerweile sogar den Bau britischer Stützpunkte auf ukrainischen Territorium?
Muss doch einen Grund haben.

Anderes Beispiel, die Privatisierung der ukrainischen Schwarzerdeböden.
Erstaunlicherweise hatte es in der turbokapitalistischen Ukraine bisher keine Regierung gewagt, egal ob die "prowestliche" Julia Timoschenko oder der "prorussische" Viktor Janukowitsch, die in Staats- oder Kommunalbesitz befindlichen fruchtbaren Böden zur Privatisierung freizugeben. Es bestand seit 30 Jahren ein Moratorium auf den Verkauf dieser Böden, weil befürchtet wurde, dass dieses Land an den internationalen Agrobusiness fallen würde.

Zelenski und seine Partei haben diese Böden jetzt (1.7.2021) zur Privatisierung freigegeben, und zwar trotz wütender Proteste aus praktisch allen anderen politischen Lagern, von den Faschisten über viele Bürgerliche (Timoschenko, Rabinowitsch etc.) bis zu den wenigen verbliebenen Linken.
Warum wohl, Herr Bathon?

Wikileaks hat im Jahre 2010 Unmengen von Depeschen der us-amerikanischen Botschaften veröffentlicht ("Cablegate"). Warum studieren Sie nicht einfach diese Depeschen, um zu verstehen, wie us-amerikanische Außenpolitik tatsächlich betrieben wird?

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (28.10.2021 18:30).

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