Also nochmal: das Kurzarbeitergeld ist eine Maßnahme zur Überbrückung von Auftrags- und Umsatzeinbrüchen über einen klar abgesteckten Zeitrahmen (also einige wenige Monate). Damit soll verhindert werden, dass ein Unternehmen Arbeitnehmer freistellen muss. Allerdings sind die Auflagen normalerweise auch hoch genug, dass viele Unternehmen kein KAG beantragen können, sondern vorher bereits in die Insolvenz rutschen. Denn: KAG gibt's nur, wenn die Mitarbeiter keine Überstunden angehäuft und Resturlaube verbraucht haben und diverse weitere Auflagen.
So.
Nun gilt das alles zwar weiterhin, aber inzwischen gibt's eine Reihe Unternehmen mit brechend vollen Auftragsbüchern, die nicht mehr fertigen können, weil die Zulieferer in Kurzarbeit gegangen sind und kein Material mehr nachgeliefert wird. Nun muss ein solches Unternehmen die MA erstmal beurlauben und Überstunden abfeiern lassen, dann erst darf KAG beantragt werden. Wenn die Finanzdecke hinreichend dünn ist - in mancher Branche reicht das Geld nur für einen Monat zur Überbrückung - und hinreichend viele Überstunden abgebummelt werden müssen, ist u.U. das Unternehmen pleite, bevor es KAG beantragen darf.
Wie auch immer. Irgendwann ist der Zauber vorbei. Die erleichterten KAG-Regelungen gelten noch bis Ende '21. Parallel dazu ist auch die Insolvenzmeldepflicht ausgesetzt worden. Nun kann jeder, der 1 und 1 zusammenzählen kann, sich auch ausrechnen, was sich hier still und leise zu einer gewaltigen Bugwelle auftürmt: an sich insolvente Unternehmen retten sich in die Dauerkurzarbeit mit 80 - 100%. Aufträge werden keine abgearbeitet. Material wird nicht geliefert bzw. eingekauft. Es bewegt sich keine Maschine mehr, es findet keine Wertschöpfung statt. Ist das Unternehmen Teill einer Lieferkette sind alle in der Kette befindlichen Unternehmen mit betroffen. Das Unternehmen hat keine Möglichkeit, sich aus eigener Kraft aus der Insolvenz zu befreien, da rettet auch das Kurzarbeitergeld nichts, verschleiert aber eben die tatsächlich eingetretene Insolvenz.
In so einem Unternehmen habe ich noch vor wenigen Jahren gearbeitet. Geliefert wurde nur gegen Vorkasse, eingekauft nur mit erheblicher Zahlungsverzögerung. Lieferanten lieferten nur noch, wenn die letzte (oder vorletzte) Lieferung endlich bezahlt wurde. Das heißt: Produkte wurden mit nichtbezahlten Teilen produziert, die Einnahmen aus der Vorkasse wurden dann genutzt, um die Teile aus der vorangegangenen Lieferung zu bezahlen. Und immer dann, wenn das Geld knapp wurde und die auf Jahre hinaus verschleppte Insolvenz hätte auffliegen können, wurden überschüssige Lagerbestände verkauft (die dann in der Produktion fehlten) oder Leerverkäufe getätigt (Produkte gegen Vorkasse verkauft, die nicht produziert werden konnten, weil das Material fehlte, welches die Lieferanten nicht mehr liefern wollten, bis die letzten Lieferungen bezahlt wurden).
Solche lustigen Spielereien gibt's zuhauf. Und dank der mit der Corona-Krise in Verbindung stehenden "Wirtschaftsmaßnahmen" lässt man insolvente Unternehmen weitermachen und die Gesellschaft kommt auf für die Kurzarbeitergelder.