Grober_Unfug schrieb am 16.08.2024 12:37:
Über 60% der installierten PV-Leistung ist fernsteuerbar durch den Netzbetreiber. Bevor es zu einem Zusammenbruch des Netzes kommt, werden PV-Anlagen einfach abgeschaltet.
Entgegen der Behauptung im Artikel bin ich der Meinung, dass die Betreiber entschädigt werden.Warum? Wird ein Getränkeverkäufe auch für nicht verkaufte Getränke entschädigt? Am Anfang war dies vielleicht sinnvoll, um die EE zu fördern. Mittlerweile ist das nicht mehr notwendig und sollte im Risikobereich des Betreibers liegen.
Zumal die jetzt schon implementierten Regelung (70% Abschaltung) und Frequenzabschaltung einen großen Teil der Anlagen vom Betreiber unbemerkt vom Netz nehmen, wenn im Niederspannungsnetz zu viel Strom fließt.
Fakt ist, dass PV-Anlagen entsprechend dem "Gesetz für den Ausbau von erneuerbaren Energien" abgeschaltet werden können. Da mittlerweile sehr viele PV-Anlagen installiert sind kommt es heute im Sommerhalbjahr häufig vor, dass PV-Anlagen großflächig abgeschaltet werden müssen, um eine Überlastung der Verteilungsnetze zu verhindern. Außerdem werden die Zeiträume, während derer die PV-Anlagen - aus schlichter technischer Notwendigkeit - abgeschaltet werden, in den kommenden Jahren absehbar weiter ansteigen.
Die Besitzer erhalten dafür eine Entschädigung, allerdings werden heute, im Gegensatz zur Zeit vor dem Jahr 2015, pro PV-Anlage nur noch maximal 3 Stunden Abschaltung pro Tag vergütet. Selbstredend wird bei der Berechnung der nicht eingespeisten Leistung dabei nicht einfach die PV-Peek-Leistung der Anlage berücksichtigt, sondern der Ausfall wird gemäß dem "Bilanzerungsmodelle und Bestimmung der Ausfallarbeit" der Bundesnetzagentur, unter Berücksichtigung der Jahres- und Uhrzeit entschädigt. Der dabei zur Anwendung kommende Anlagenfaktor liegt dabei zwischen 0 und 0.6189, d.h. als Leistung der PV-Anlage wird also maximal 0.6189 * PV-Peek angenommen. Dabei liegt die Vergütung bei einer Solaranlage mit Eigenverbrauch und fester Einspeisevergütung bei < 10 kW-Peek-Leistung bei 8.03 ct/kWh. Vor diesem Hintergrund wird klar, dass die zu erwartenden Einspeisevergütungen nur einen kleinen Bruchteil der Ertragsausfälle kompensieren, zumal es im Sommer und bei gutem Wetter bereits heute regelmäßig vorkommt, dass PV-Anlagen zwischen 8 und 18 Uhr abgeschaltet werden. Da ein erheblicher Anteil des PV-Stroms im Sommerhalbjahr produziert werden, müssen die Besitzer schon heute mit empfindlichen und bilanzrelevanten Ertragsausfällen rechnen.
Meiner Meinung nach liegt aber, jedenfalls für Privatpersonen, Gewerbetreibende und kleine Industriebetriebe, das eigentliche Problem nicht in der mickrigen Entschädigung für die "Ernteausfälle". Meiner Meinung nach wäre es nämlich sinnvoll, wenn diese Gruppen den Strom zwar einspeisen dürften, aber dafür keine Einspeisevergütung erhalten würden. Dies würde Druck erzeugen und die Betreiber noch stärker dazu veranlassen, den Eigenstromverbrauch zu maximieren.
Das eigentliche Problem besteht darin, dass die PV-Anlage nicht nur vom Netz getrennt, sondern wirklich komplett abgeschaltet werden. Die Betroffenen können ihre Anlage noch nicht einmal für den Eigenverbrauch einsetzen, um z.B. den eigenen Stromspeicher aufzuladen oder das Wasser im Warmwasserspeicher/Boiler zu erhitzen. Stattdessen werden die Betroffenen gezwungen, dass sie ihren Strom für minimal etwa 25 ct/kWh bei ihrem Stromversorger einkaufen müssen. Unter diesem Gesichtspunkt entsteht für die Besitzer der abgeschalteten PV-Anlagen ein weitaus höherer Schaden. Darunter leiden nicht nur Privatpersonen, sondern auch Gewerbe und kleine Industriebetriebe, die zum Teil große Beträge in ihre PV-Anlage investiert haben, um ihre Stromkosten dadurch zu reduzieren. Das sind nun die Gelackmeierten. Allerdings sollte man bei der Bewertung nicht vernachlässigen, dass der Umstieg auf EE enorme Investitionen erfordert und dass sich die Besitzer der PV-Anlagen mit ihrer Investition bewusst oder unbewusst vor den Kosten des Netzaus- und -umbaus drücken wollten und das geht natürlich auch nicht.
Dennoch ergibt die aktuelle Regelung für die Abschaltung der PV-Anlagen nur unter dem Gesichtspunkt der Netzstabilität Sinn. Es wird nicht nur darauf geachtet, dass der PV-Strom nicht im Netz ankommt, sondern es wird gleichzeitig versucht den Verbrauch im Netz zu erhöhen. Aus dieser Perspektive macht es tatsächlich Sinn, auch den Eigenverbrauch des PV-Stroms zu stoppen, zumal diese Maßnahme dank der aktuellen Gesetzeslage für den Staat ausserordentlich kostengünstig umgesetzt werden kann.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (16.08.2024 19:40).