Zumal die jetzt schon implementierten Regelung (70% Abschaltung) und Frequenzabschaltung einen großen Teil der Anlagen vom Betreiber unbemerkt vom Netz nehmen, wenn im Niederspannungsnetz zu viel Strom fließt.
Fakt ist, dass PV-Anlagen entsprechend dem "Gesetz für den Ausbau von erneuerbaren Energien" abgeschaltet werden können. Da mittlerweile sehr viele PV-Anlagen installiert sind kommt es heute im Sommerhalbjahr häufig vor, dass PV-Anlagen großflächig abgeschaltet werden müssen, um eine Überlastung der Verteilungsnetze zu verhindern.
Das sind i.d.R. die "großen" Freiflächen-Anlagen ab 100 KWhp. Die müssen mit Fernwirkeinrichtungen ausgestattet sein (i.d.R. Rundsteuergeräte) - die haben das aber auch auf dem Schirm.
Außerdem werden die Zeiträume, während derer die PV-Anlagen - aus schlichter technischer Notwendigkeit - abgeschaltet werden, in den kommenden Jahren absehbar weiter ansteigen.
Das wird so sein müssen, weil die EVUs Ihren Job in der Bereitstellung von ausreichend Stromnetzdurchleitungskapazitäten nicht machen können/wollen. (U.A. weil es sich für sie ökonomisch nicht rechnet (im derzeitigen Entlohnungsmodell).)
Die Besitzer erhalten dafür eine Entschädigung, allerdings werden heute, im Gegensatz zur Zeit vor dem Jahr 2015, pro PV-Anlage nur noch maximal 3 Stunden Abschaltung pro Tag vergütet. Selbstredend wird bei der Berechnung der nicht eingespeisten Leistung dabei nicht einfach die PV-Peek-Leistung der Anlage berücksichtigt, sondern der Ausfall wird gemäß dem "Bilanzierungsmodelle und Bestimmung der Ausfallarbeit" der Bundesnetzagentur, unter Berücksichtigung der Jahres- und Uhrzeit entschädigt. Der dabei zur Anwendung kommende Anlagenfaktor liegt dabei zwischen 0 und 0.6189, d.h. als Leistung der PV-Anlage wird also maximal 0.6189 * PV-Peek angenommen. Dabei liegt die Vergütung bei einer Solaranlage mit Eigenverbrauch und fester Einspeisevergütung bei < 10 kW-Peek-Leistung bei 8.03 ct/kWh. Vor diesem Hintergrund wird klar, dass die zu erwartenden Einspeisevergütungen nur einen kleinen Bruchteil der Ertragsausfälle kompensieren, zumal es im Sommer und bei gutem Wetter bereits heute regelmäßig vorkommt, dass PV-Anlagen zwischen 8 und 18 Uhr abgeschaltet werden. Da ein erheblicher Anteil des PV-Stroms im Sommerhalbjahr produziert werden, müssen die Besitzer schon heute mit empfindlichen und bilanzrelevanten Ertragsausfällen rechnen.
So weit so mies - aber kalkulierbar.
Meiner Meinung nach liegt aber, jedenfalls für Privatpersonen, Gewerbetreibende und kleine Industriebetriebe, das eigentliche Problem nicht in der mickrigen Entschädigung für die "Ernteausfälle". Meiner Meinung nach wäre es nämlich sinnvoll, wenn diese Gruppen den Strom zwar einspeisen dürften, aber dafür keine Einspeisevergütung erhalten würden. Dies würde Druck erzeugen und die Betreiber noch stärker dazu veranlassen, den Eigenstromverbrauch zu maximieren.
Das habe ich mit meiner 2014er PV und 2015er PV-LiFePO4 Batterie gemacht.
Die Anlage ist Ost-1/3 und West-2/3 auf Autarkie ausgerichtet und liefert mit der Batterie 70% meines Stromes für mich selbst. (Im Dezember (2%) im Juli ~ 250 %).
Das eigentliche Problem besteht darin, dass die PV-Anlage nicht nur vom Netz getrennt, sondern wirklich komplett abgeschaltet werden. Die Betroffenen können ihre Anlage noch nicht einmal für den Eigenverbrauch einsetzen, um z.B. den eigenen Stromspeicher aufzuladen oder das Wasser im Warmwasserspeicher/Boiler zu erhitzen.
Es sei denn sie waren so schlau die Anlagen per Schütz allpolig vom Netz trennbar zu machen.
Die so entstandenen Inselanlagen unterliegen keiner Vorschrift der Netzbetreiber. Allerdings sind in der Praxis zum Abschaltzeitpunkt die Akkus ohnehin voll - und eine Umschaltung in den Inselbetrieb bewirkt (zumindest bei mir) immer einen 5 Sekunden Blackout....
(Das dürfte der "dumm" geschalteten WR-Hard-Software geschuldet sein, mit ein paar Thyristoren vor dem Schütz sollte das in der Halbwelle der Schwingung (auch gerne dreiphasig) zu erledigen sein - (wäre mal ein interessantes Leistungselektronikprojekt)).
Stattdessen werden die Betroffenen gezwungen, dass sie ihren Strom für minimal etwa 25 ct/kWh bei ihrem Stromversorger einkaufen müssen. Unter diesem Gesichtspunkt entsteht für die Besitzer der abgeschalteten PV-Anlagen ein weitaus höherer Schaden. Darunter leiden nicht nur Privatpersonen, sondern auch Gewerbe und kleine Industriebetriebe, die zum Teil große Beträge in ihre PV-Anlage investiert haben, um ihre Stromkosten dadurch zu reduzieren.
Soweit mir bekannt betrifft diese Abschaltung (als Folge der TAB des § 19 EnWG) nur Netz-gebundene Anlagen. Mit hinreichend Akkuspeicher, flexiblen, hinreichend ausgelegten Wechselrichtern und Umschaltern kann man jederzeit Last vom öffentlichen Netz an Inselanlagen schalten. Ich denke das wird man in Zukunft häufiger sehen.
Das sind nun die Gelackmeierten. Allerdings sollte man bei der Bewertung nicht vernachlässigen, dass der Umstieg auf EE enorme Investitionen erfordert und dass sich die Besitzer der PV-Anlagen mit ihrer Investition bewusst oder unbewusst vor den Kosten des Netzaus- und -umbaus drücken wollten und das geht natürlich auch nicht.
Ich ertappe mich immer wieder bei unbewussten, überschlägigen Kalkulationen, wie viele Investitionen notwendig wären - um den Netzbetreibern mit beiden Mittelfingern wedelnd ein "auf nimmer Wiedersehen" zurufen zu können.... Der imho durch politische Einflussnahme, Lobbyismus und Korruption erzeugte Overhead auf dem deutschen Strompreis für Kleinverbraucher - hat (sicher ungewollt) einerseits geholfen die Energiewende voranzubringen -andererseits werden mehr und mehr Verbraucher schauen, dass sie die Strominsel leben und bezahlen wollen - nur um diesem größtenteils Gegenleistungslosen Geldabfluss in dubiose Kanäle endlich entgehen zu können. (Wenn die KWh meinen Arbeitgeber <10 Cent kostet und ich dafür >30 zahlen muss - dann stinkt da doch etwas ganz gewaltig!)
Dennoch ergibt die aktuelle Regelung für die Abschaltung der PV-Anlagen nur unter dem Gesichtspunkt der Netzstabilität Sinn. Es wird nicht nur darauf geachtet, dass der PV-Strom nicht im Netz ankommt, sondern es wird gleichzeitig versucht den Verbrauch im Netz zu erhöhen.
Das ist sehr im Sinne der Kommunen, Verbände und vieler anderer öffentlichen Einrichtungen, die nach wie vor Großaktionäre der "privaten" Stromwirtschaft sind. Zudem fördert dieses Vorgehen den Standort D. weil die absurd hohen Kleinverbraucherstrompreis die Infrastrukturkosten für den Industriestrom finanzieren. Das kommt in der Wirkung einer indirekten Steuer für Kleinverbraucher zum Wohle der exportierenden Großverbraucher gleich. Wenn sich die EU Kommission das genauer anschauen würde ....
Aus dieser Perspektive macht es tatsächlich Sinn, auch den Eigenverbrauch des PV-Stroms zu stoppen, zumal diese Maßnahme dank der aktuellen Gesetzeslage für den Staat ausserordentlich kostengünstig umgesetzt werden kann.
Daher kann es durchaus Sinn machen - PV-Inselanlagen mit PV-Speicher neben kleineren PV-Netz-gebundenen Anlagen zu betreiben und Stromkreise je nach Bedarf zu schalten.
Die Kosten dafür sind sicher nicht astronomisch und viele Stromkreise können ruhig mal kurz während der Schaltphase stromlos gehen...
Zudem sind die beliebten Balkonkraftwerke von dieser Regelung gar nicht betroffen...
Langfristig wird D. nicht um eine vernünftige Regelung für Netznutzung und Netz dienliche Speichersteuerung - sowie um die Finanzierung des (spätestens durch die Schödersche Privatisierung) massiv unter investierten Stromnetzes herum kommen.
Entweder der Staat verstaatlicht dieses Monopol wieder und steuert mit Fachleuten in den Ministerien... (A la UDSSR/DDR 1987)
Oder man führt flächendeckend, ausnahmslos! ein System zu permanenten Ver/ErSteigerung von Stromerzeugungskontingenten und Stromnetzdurchleitungskontigenten ein - das so parametrisiert wird, dass es die Netz-dienliche Nutzung der (im Winter leeren) PV-Speicher der Strom-Prosumer, den weiteren EE-Ausbau sowie die Nutzung - und den Ausbau der Stromnetzinfrastruktur fördert. Zudem könnten damit auch Ziele in der Erstellung eines resilienten Netzmeshes aus Microgrids finanziert werden. Zahlen würde das hauptsächlich die Industrie, die mit diesem fairen System erstmalig in der deutschen Geschichte - selbst für die Finanzierung der eigen genutzten Infrastruktur anteilig aufkommen müsste. Zudem wären die Verbraucher im Nachteil, die Ihren Verbrauch nicht steuern können - oder wollen.
Der Vorteil wäre eine permanente hohe Nutzung der vorhandenen EE- und Netzdurchleitungsressourcen - bei Markt getriebenen - minimalen Kosten. Bei richtiger Parametrisierung könnte dieses System Anreize für den nötigen massiven Netzausbau bei den bisher eher wenig effektiven EVUs setzen...
Aufgrund der hohen gegenseitigen Durchdringung von Stromwirtschaft, Stromwirtschaftslobby, Kommunalspitzenkräften und Politik - sehe ich dieses Szenario aber als eher als unrealistisch für die Bananenrepubik an.