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  • Regenwetter

474 Beiträge seit 29.04.2023

Wirtschaftskrieg

Das hier beschriebene Düngerproblem dürfte einen klitzekleinen Teil der Veränderungen beschreiben. Ich fühle mich beim Lesen solcher Artikel in meiner zum Beginn des Ukraine-Krieges gefassten Meinung bestätigt, bei dem Krieg ging es nicht um Fläche sondern um ein Angehen Russlands gegen die herrschende Weltordnung. Ich werde meine Meinung weiterhin überprüfen.
Habe ich die Aussagen der damaligen Politik richtig in Erinnerung ging es um 2 Dinge: Die vom "Westlichen-Werte-Kapitalismus" bestimmte Weltordnung, mit der eigenen Sicht auf das selbstgesetzte Recht, weiterhin durchzusetzen und en passant Russland wirtschaftlich und militärisch zu besiegen. Ich erinnere mich sinngemäß an Aussagen unserer Außenministerin: Wir sind im Krieg gegen Russland, wir müssen Russland ruinieren. Und im Detail: Wir kaufen jetzt noch Gas aus Russland, machen unsere Lagerstätten voll und zum Ende des Jahres stellen wir die Abnahme ein, boykottieren. Als ich die Aussage damals hörte fragte ich mich wie dumm man sein kann. Bei einer solchen Handlungsweise mache ich es auf der Gegenseite meinem Feind möglichst teuer und stelle die Lieferung sofort ein. Beim Gas, beim Dünger, bei vielen heute noch nicht genannten Wirtschaftsgütern, es wird überall das Gleiche sein.
Für meine Betrachtung möchte ich versuchen mich in 3 Grundpositionen einzudenken, die alle auf der Grundannahme basieren, dass Russland nicht vernichtend geschlagen wird und es nicht gelingt Russland zum Paria der Weltgemeinschaft zu machen. Dabei spielt es aus meiner Sicht keine Rolle, ob Russland, die Ukraine, der "Werte-Westen" etwas gewonnen oder etwas verloren hat. Die Deutung des Ausganges des Krieges wird ebenso wie der Krieg selbst von der jeweiligen Propaganda bestimmt sein.
Westlicher-Werte-Kapitalismus
Die Absicht Russland weiterhin vernichtend zu schlagen wird bestehen bleiben. Die heutigen Aussagen das Militär kriegsfähig zu machen und das tatsächliche Handeln den militärischen Bereich finanziell zu fluten sprechen dafür. Die Folgen des eigenen Handelns werden aber nicht mehr so blauäugig gesehen wie zu Beginn des Krieges. Der Versuch, zum Beispiel über das angestoßene Milliarden-Programm Rohstofffond der KfW Ausweichmöglichkeiten sich zu erschließen sind erkennbar. Ebenso wie die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung erkennbar ist. Innergesellschaftlich wird diese dazu führen, dass die Schere zwischen Arm und Reich sich, wie bei den letzten Krisen, weiter öffnet. Dies führt dazu, dass Kapitalinteressen noch stärker vertreten werden und der Staat sich der Möglichkeit begibt "gemeinwohllenkend" zu agieren. Ein schönes Beispiel dafür war das Versanden jeder Überlegung die in der Energiepreisexplosion 2022 auftreten erhöhten Gewinne zu begrenzen oder zu besteuern. Partikularinteressen der Kapitaleigner zu beschneiden stand vor einem gesamtgesellschaftlichen Ausgleich hintan. Das Handeln eine in Luxemburg ansässige Werft, mit der Möglichkeit die kapitalistischen Besitzverhältnisse in der Zukunft wieder herzustellen, durch Steuergelder zu "retten" dürfte für viele Sozialdemokraten ein schlechter Witz gewesen sein.
Die gleichen Lösungen wird es für das Düngemittelproblem geben.

Es bestehe die reale Gefahr, dass Europa "süchtig nach billigem russischen Harnstoffdünger" werde, klagt Antoine Hoxha, Generaldirektor des Lobbyvereins Fertilizers Europe, der die Düngemittelhersteller in Europa vertritt.

Der Lösungsansatz wird sein, mit öffentlichem Geld private Interessen zu bedienen und für die Aufgaben der Sozialstaatlichkeit kein Geld zu haben, dann zu plärren die Löhne sind zu hoch, wir sind nicht konkurrenzfähig um die Überakkumulation bei den Wenigen weiter voranzutreiben. Wenn selbst ein Mensch wie Bergoglio zur "Trickle-down-Wirtschaft" erkannte: Dies System tötet, könnte sich diese Erkenntnis durchsetzen, oder das Erkennen dieser Erkenntnis mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verhindert werden.
Konservativ-Nationalistisches-Russland
In Russland kommt nicht nur Putin aus einer Kommunalka, sehr viele seiner Generation werden sich daran erinnern. Im Gegensatz zu ihm werden viele von diesen auch unter den wirtschaftlichen Verwerfungen gelitten haben. Die Zeit als nach Perestroika die Staatlichkeit zusammenbrach, Beamte ein halbes Jahr auf ihr Geld warteten, die Lebenserwartung drastisch sank. Und sie werden sich erinnern wie sie materiell seit den 2000er Jahren wieder auf die Füße kamen - und sicher, auch propagandistisch eingesetzt, wissen, wie schlecht es der Ukraine, gemesssen an Russland, wirtschaftlich ging.
Nach dem Ende des Krieges kann es nur Russlands Bestreben sein sich vom "Kapitalistischen-Werte-Westen abzusetzen. Die heute eingefrorenen Milliarden werden dabei eine gute Hilfe sein. Sind die Machthabenden nicht blöd verwandeln sie Russland von einer Tankstelle mit Atombomben in eine Industrienation mit Atombomben. Sie werden dabei Probleme haben. Diese sehe ich weniger in einem nach "Freiheit" strebenden Volk als vielmehr in seiner Demografie und einer eher negativen Einstellung zu Zuwanderung. Auf diesem Nährboden würde ich mich über einen weiteren Anstieg des Nationalismus in Russland nicht wundern. Bei diesen Grundannahmen wird die technologische und industrielle Entwicklung Russlands be- aber nicht verhindert. Auf so ein simples Produkt wie Dünger wird die Auswirkung sein, dass es dem "Kapitalistischen-Werte-Westen" möglich sein muss ihn billiger herzustellen als Russland. Gelingt dies nicht, hat eben Russland die besseren Karten. Da Russland wohl mehr Dünger herstellt als es verbraucht kann es den Überschuss sehr gut als Waffe einsetzen, um politische Strömungen in der Welt zu beeinflussen. Mit willkürlichen Zahlen, nur als Beispiel: Russland hat Kosten von 1 pro Einheit, der "Kapitalistische-Werte-Westen" hat Kosten von 1,3, Produzenten in den anderen Ländern haben Kosten von x. Wenn Russland nun zu 1,15 an wohlgesinnte Länder verkauft macht es noch immer einen Profit. Wenn der "Westliche-Werte-Kapitalismus" auf diesen Preis einsteigen will ist eine staatliche Subventionierung von deutlich mehr als ,15 nötig. Keine angenehme Situation für die Menschen in dieser Region.
Die übrige Welt
Wesentlich wird sein wie man die handelnden Eliten beeinflussen kann. Das gemeine Volk wird, wie immer, keine Rolle spielen. Bei den heterogenen Interessen sehe ich eine hoch manipulierte und kriegerische Welt auf uns zukommen. Nur wer groß genug ist nicht zerrieben zu werden wird friedlich leben können. In diesem Krieg um die Welt werden selbst Mittelmächte, die einen eigenständigen Weg gehen wollen, erstes Kriegsziel sein. Mit Kriegsziel meine ich jetzt nicht nur das miliärische, sondern auch den Krieg um die Köpfe, der Meinung der Menschen. Was dies dann mit individueller Freiheit zu tun ist ein anderes Ding.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (29.09.2024 14:43).

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