ShootThemLater schrieb am 30.08.2024 15:13:
Ihnen ist aber schon klar, dass das von Ihnen beschriebene grob der Plan von Habeck ist?
Vielleicht sollte Herr Habeck seine Pläne so darlegen, dass sie nicht wie unrealistische Wunschträume aussehen. Die Grünen fordern 0% Carbon - und das ist halt vollkommener Unsinn. Ich möchte den von den Grünen skizzierten Weg nicht gehen, sondern allein technisch machbare, ökonomisch vertretbare Lösungen sehen, deren primäres Ziel die Sicherstellung von Versorgungssicherheit und Infrastruktur ist, nicht Profitmaximierung privater Konzerne oder teure Symbolpolitik.
Allerdings sollen die alten Kohlekraftwerke erst einmal in die Netzreserve gehen, um im Zweifelsfall wieder kurzfristig aktiviert zu werden. Warum wir die behalten sollen, erschließt sich mir nicht. Grundlast ist nichts wert, Regelleistung brauchen wir.
Doch. Wir brauchen die "Grundlast", denn es gibt ja auch immer einen Grundbedarf. Der muss einfach sichergestellt werden, und sei es nur, damit man bei der Regelleistung nicht den kompletten Bereich ausregeln muss. Das sind die "25%", die einfach stehenbleiben müssen. Die dienen auch als Pendelpunkt für Blindleistungen und Regulierungsstelle für die Netzfrequenz.
Ohne geht es nicht! Ansonsten empfehle Lektüre für Industrieelektriker, Elektrotechniker usw, da wird das genauer erklärt.
Ich hätte übrigens die Braunkohlekraftwerke zugemacht und die Steinkohlekraftwerke laufen lassen, weil besserer Brennwert, sauberer Rohstoff und keine kaputtgebaggerten Landschaften: Steinkohle wird untertage gefördert.
Na ja, bis auf Ihre Missverständnisse zu Batterien. Warum die Millardenkosten für die Wartung verschlingen sollten, erläutern Sie ja nicht.
Wie lang hätte der Beitrag werden sollen?
Aber ich mach gern die Rechnung auf. Sollen 70GW pro Stunde über 24 Stunden mit Reserve aus Akkus bereitgestellt werden, muss der Akku 70GW x 24h x 1,2 (Reservefaktor) dimensioniert werden. Das sind rund 2TWh Speicherkapazität. Nehmen wir an, jede Kilowattstunde kostet 300 Euro, dann ist dieser Speicher 600 Milliarden Euro teuer, nur um ihn hinzustellen.
Da es sich um LiFePO4-Akkus handelt, haben die rund 3000 Zyklen Lebenserwartung bzw. sind nach allerspätestens 12 Jahren "durch". Damit hat man eine Austauschrate von 8% im Jahr. 8% von 600 Milliarden sind 48 Milliarden Euro, die jedes Jahr an Wartungskosten anfallen, um defekte Akkus auszutauschen.
Da kommt der "Milliardenbetrag" her.
Und warum wir in den neun Sonnenmonaten Batteriespeicher für 100% unseres täglichen Strombedarfs in Form von Speichern vorhalten müssen, sollten Sie vielleicht auch mal erklären.
Statistisch haben wir rund 720 Sonnenstunden im Jahr. Das entspricht rund 4 Sonnenstunden am Tag über 180 Tage (so genannte "Peakstunden"). Natürlich haben wir auch Sonnenstunden, die keinen Peakertrag liefern, aber das wird ausgeglichen über "mehr Solarpanele". Trotzdem ist die durchschnittliche Effizienz eines Solarpanels bezogen auf die Peakleistung über's Jahr gerechnet nur rund 10%: das heißt, eine 1MW Solaranlage liefert im Jahresdurchschnitt nur 100kW bzw der Jahresertrag ist 36,5MWh.
Warum ist das so?
Weil es nunmal erstmal ein halbes Jahr gibt, an dem die Tage kürzer sind als die Nächte. In die gleiche Zeit fallen auch überdurchschnittlich viele graue Tage. Man kann mit rund 4 Monaten fast solarertragsfreier Zeit (November, Dezember, Januar, Februar) rechnen und mindestens zwei weitere Monate mit ertragsarmer Zeit (Oktober, März).
Damit bleibt netto höchstens ein halbes Jahr übrig, an dem die Tage länger sind als die Nächte und auch die Witterung gute Erträge ermöglicht. Trotzdem gibt es auch im Sommerhalbjahr Nächte (keine Erträge) oder graue Tage (wenig Erträge), die ausgeglichen werden sollen.
Für die Individuallösung wäre angemessen, wenn der Hausspeicher drei bis vier Tage "Dunkelflaute" ausgleichen kann. Für das Verbundnetz sind maximal 24 Stunden anzusetzen, zumal man ja auch noch Erträge aus den Windparks hat, die man rumschieben kann. Aber man muss dafür auch das Netz ausbauen und genügend Kapazitäten haben.
Um's grob zusammenzufassen:
Szenario 1: Überschüsse
Werden gespeichert zunächst in Speicherbecken, dann in Akkus, dann in Wasserstoff / E-Fuels etc
Das Netz wird zu 75% aus Regenerativen gespeist, zu 25% aus Grundbedarfskraftwerken
Szenario 2: Balance
Es wird nicht gespeichert, sondern auf Balance gefahren. Bedarfsspitzen werden zunächst durch die Pumpspeicherwerke abgedeckt. Sind die PSW leer, wird auf Akkus zurückgegriffen. Sind die Akkus leer, werden die Gaskraftwerke zugeschaltet.
Grundbedarf 25% Kohle.
Szenario 3: Nacht mit Wind, keine Solarausbeute
Es werden etwaige Überschüsse verteilt, Bedarfslücken werden aus den Akkus gespeist. Gaskraftwerke werden zugeschaltet, wenn die Akkus leer sind.
Grundbedarf 25% Kohle.
Szenario 4: Nacht ohne Wind, keine Solarausbeute
Es wird vorwiegend aus Akkus gespeist, danach werden die Gaskraftwerke zugeschaltet.
Grundbedarf 25% Kohle.
Szenario 5: windlose oder sonnenlose Witterung, einzelne Tage
Wie Szenario 3 und/oder 4
Szenario 6: längere Phase ohne Sonne und/oder Wind / Wintermonate
Primärstromerzeugung aus Biomasse, Biogas und synthetischen Energieträgern. Hier soll auf den "Wintervorrat" zugegriffen werden, der selbst über Erneuerbare erzeugt worden ist. Gaskraftwerke sollen möglichst nicht eingeschaltet werden. Grundbedarf wieder zu 25% aus Kohle gedeckt.
Abgesehen dacon ist 0% CO2-frei ist sicherlich das Endziel, aber 5% wären auch schon nicht schlecht. Dann fliegen Flugzeuge halt weiter mit Erdöl, könnte ich mit leben.
Das Endziel ist Unsinn. Wir haben in 200 Jahren Industrialisierung den PPM-Gehalt von 350ppm auf 420ppm angehoben (0,035% zu 0,042% CO2 Anteil). Das ist messbar, aber zeigt auch den Zeitraum auf, den es braucht.
Bedenke ich dann, dass wir mit unseren 1% Bevölkerung und knappen 2% CO2-Ausstoß im Grunde GAR NICHTS bewirken können, ist der von mir vorgeschlagene Weg nicht primär der Klimapolitik geschuldet (Ideologie) sondern dem sehr pragmatischen Grund, die Energieversorgung möglichst autark zu gestalten. Dazu brauchen wir aber eine eigene Solarindustrie, eine eigene Akkuindustrie, die dazu passenden Entwicklungen usw usf und natürlich Zugriff auf die Rohstoffe auf dem Weltmarkt. Für die Unabhängigkeit auf Dauer benötigen wir aber ein Recyclingsverfahren, was Import-Rohstoffe möglichst vollständig zurückgewinnen kann.
Mir geht's also vor allen Dingen um Autarkie, nicht um Klimapolitik. Was machbar ist, was technisch und ökonomisch vertretbar ist, muss gemacht werden. Alles andere sollte man ignorieren. Und mit 75% "Erneuerbaren" sind wir vermutlich schon auf dem richtigen Weg, das ist durchaus machbar. Aber eben nicht ohne verschiedene Speichermethoden für kurzfristige und langfristige Vorratshaltung.
In dem Sinne.
Habeck soll lieber sich ein paar Industrieelektriker als Berater reinholen, dann kann er vielleicht seine Pläne erklären.