Ich lebe in einer »kleinen Großstadt« mit 170.000 Einwohnern, von denen 15003 Studenten sind. Dazu kommen noch eine Menge Schüler; von beiden Gruppen sollte man annehmen, dass sie diese »neue Mobilität« nutzen, doch falsch gedacht. Zum Herbst letzten Jahres hat sich ein Anbieter vollkommen zurückgezogen, weil die Umsätze nicht so ausfielen wie gedacht. Richtig falsch gelegen haben sie bei den »grünen Umweltschützern«, die diese Fahrzeuge komplett ignorieren und lieber mit Lastenrädern fahren.
Nun stehen diese Fahrzeuge auch überall herum, doch nicht nur das, denn die Betreiber fahren nachts durch die Stadt und stellen sie haufenweise vor Schulen, Arztpraxen und auf Supermarktparkplätzen ab, wo sich die Radfahrer dann darüber ärgern, weil sie keinen Platz mehr finden.
Dass sich die E-Roller-Fahrer nicht an die Regeln halten ist auch keine neue Erscheinung, doch ein wirkliches Problem. Am besten sind diejenigen die sogar zu dritt! auf dem Roller unterwegs sind und dann meistens wenigstens der Fahrer alkoholisiert ist – oft oberhalb der 1 Promille-Grenze – und automatisch eine Verkehrsstraftat begeht, weil es beim Fahren eine Auffälligkeit gab. Wer einen Führerschein hat, wird ihn dann für lange Zeit loswerden, wer noch keinen hat und ihn vielleicht gerade macht, bekommt eine Führerscheinsperre. In beiden Fällen wird auch eine MPU fällig.
Zudem haben die Fahrer dieser Fahrzeuge noch nicht verstanden, dass so ein versicherungspflichtiger Roller, der nun einen Elektroantrieb besitzt, rechtlich ein Kraftfahrzeug ist und eben nicht entgegen einer Fahrtrichtung in einer Einbahnstraße fahren darf. Wenn dann ist das Fahren entgegen der Fahrtrichtung Radfahrern erlaubt, ganz gewiss aber nicht Kraftfahrzeugen.
Die Frage ist also, ob die Betreiber ihrer Aufklärungspflicht nachkommen oder man die Nutzer »dumm einschlafen« lässt.
Was überhaupt gegen diese Roller spricht, ist ganz klar der zeitliche Aspekt (der ja gerne von den Freunden dieser Gefährte vorgebracht wird), denn wenn sich die Rollerfahrer tatsächlich einmal an die Verkehrsregeln halten würden (siehe Einbahnstraßen) bin ich mit dem Fahrrad deutlich schneller am Ziel, weil ich praktisch »Querfeldein« fahren kann und trotzdem die Regeln dabei beachte.
Richtig böse wird es im Übrigen, wenn Busse an Haltestellen halten, um Fahrgäste ein- und aussteigen zu lassen und Rollerfahrer, ohne die Geschwindigkeit merklich zu drosseln, an ihnen vorbeifahren. Mehr Rücksichtslosigkeit geht wohl kaum.
Zudem habe ich so meine Zweifel, was den Nutzen angeht, den man immer gerne mit dieser »letzten Meile« (warum nicht Kilometer?) begründet hat. Damit diese Theorie überhaupt einen Sinn ergeben soll, müsste ein Bus oder ein Regionalzug Roller mitführen. Dann erst kann dieser Wunsch von der Haltestelle bis vor die Haustür zu fahren, Wirklichkeit werden. In Bus und Zug könnten die Akkus gleichzeitig geladen werden...
Aber genau das wird und kann nicht passieren! Dazu bedarf es einer zusätzlichen Stellfläche, was beim Bus einen Anhänger bedeuten würde und bei den Zügen einen leeren Wagon.
Schüler und Studenten leihen sich hier lieber ein Fahrrad, für das sie monatlich gerade einmal knapp unter 20,-€ zahlen müssen und im Falle einer Panne binnen einer Stunde jemand ein Ersatzrad bringt.
Am Ende sind die Fahrtkosten für E-Roller schlichtweg zu hoch, die Betreiber kümmern sich nicht darum, dass es Abstellzonen gibt und diejenigen, die sich nicht an Regeln halten unbehelligt bleiben. Unser Energieversorger vor Ort hat eigene »Motorroller«, die elektrisch betrieben werden und man auch einen praktischen Nutzen damit bekommt. In den Leihverträgen ist ganz klar aufgeführt, dass diese Roller, wenn sie falsch abgestellt werden (Geh- und Radwege oder auf zwei Stellplätzen) Gebühren in Höhe von mindestens 50,-€ fällig werden, weil ein Mitarbeiter das Fahrzeug umstellen muss, um die Behinderung zu beseitigen. Anfangs gab es einige Probleme mit den Nutzern, aber der Anbieter hat sich der Sache angenommen und Maßnahmen ergriffen, um solche Auswüchse im Keim zu ersticken.
Was soll ich sagen: Es funktioniert ausgezeichnet und es gibt tatsächlich keinen Ärger mehr.
Die Vermieter der E-Roller hingegen scheinen es nicht für nötig zu erachten auf Beschwerden zu reagieren, weshalb die Bevölkerung nicht nur sauber auf die Fahrer sind die sich nicht zu benehmen wissen, sondern ganz besonders auf die Anbieter denen es offenbar völlig egal ist. Die Stadtverwaltung hat den Anbietern auch Fristen gesetzt, um ihr Konzept zu überarbeiten. Tun Sie es nicht, werden diese Gefährte sicherlich auch bald im Straßenbild verschwinden, was gefühlten 95 % der Bevölkerung sehr gefallen würde.
Es kam auch schon der Verdacht auf, dass diejenigen Politiker die diese Fahrzeuge überhaupt ermöglicht haben, selbst davon (finanziell) profitieren. Dass Städte davon profitieren ist ohnehin klar, doch jetzt beginnt man überall den Nutzen und den Ärger ins Verhältnis zu setzen. Wer im Rathaus wiedergewählt werden möchte, sollte sich nicht den Unmut der Einwohner zuziehen! Es reicht ja schon aus, dass man auf Beschwerden anfangs gar nicht oder extrem zeitverzögert reagiert hat
Paris ist daher ganz bestimmt nicht der Ausgangspunkt, denn hier bei mir gibt es die Diskussion schon viele Jahre. Auch in anderen Städten ist das schon lange Thema und Paris wohl eher ein Nachzügler, zumal es in Paris um eine politische Wahl geht und nicht allen voran um die Bürger von Paris.
Wähler sind relativ einfach strukturiert, weil sie nicht wahrhaben wollen, dass Politiker anders denken als jeder »normale« Bürger.
Das sollte eigentlich gar nicht so ausarten, aber bei dem Thema geht mir regelmäßig der Hut hoch, weil man sich in der Politik von Anfang an geweigert hat über die Vor- und Nachteile nachzudenken, obwohl bereits vor der Zulassung viele Bedenken geäußert wurden.
Ganz besonders die Grünen fanden diese »neue Mobilität« ganz toll und haben bei der Wahl zu den Stadträten bei uns 50 % ihrer Stimmen dafür eingebüßt. Wenn selbst schon die Grünen ihre Partei so abstrafen, sagt das wohl einiges aus.