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  • exkoelner

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Re: über den Punkt "Schaufenster des Wohlstands" sind wir schon lange hinaus.

Artur_B schrieb am 02.04.2022 19:03:

Das Motiv läge auf der Hand: hier sollte ein Schaufenster des Westens entstehen, mit Wohlstand und Demokratie, zur Bekehrung unwissender Russen. Trotz fast unbegrenzter Geldflüsse trat das Gegenteil ein: die Ukraine wurde zum Armenhaus Europas.

Ich befürchte, über diesen Punkt sind wir längst hinaus. Das war die Strategie 1949 bis ca. 1975 im Westen. Wohlstand für alle als bestes anti-kommunistische Kampfmittel. Die Umarmung des Kapitals der Unter- und Mittelschicht, um Nachkriegs-Sozialismus abzuwürgen. In Italien gehörten die Komunisten und Sozialisten bis 1953 der Regierung an:

"Im Zuge des Kalten Krieges löste sich 1947 die antifaschistische Einheitsfront aus Christdemokraten, Kommunisten, Sozialisten und linken Liberalen (PdA, PRI) auf parlamentarischer nationaler Ebene auf. Der amtierende Ministerpräsident Alcide De Gasperi bildete eine Zentrumsregierung (DC, PSDI, PLI, PRI), die durch die Wahlen von 1948 bestätigt wurde. Nachdem Sozialisten und Kommunisten die Regierung verlassen hatten, bildeten sie für 1948 eine gemeinsame Wahlallianz, die Fronte Democratico Popolare (FDP, aus der der rechte Flügel der Sozialisten ausschied und sich als Sozialdemokratische Partei neu konstituierte). Für 1953 bildeten Kommunisten und Sozialisten keine gemeinsame Wahlallianz mehr, wohl wurde aber ein formelles Bündnis aufrechterhalten. Der Regierung de Gasperi gelang die Einbindung in den westlichen Block unter Führung der USA. Dadurch konnten Gelder aus dem Marshall-Plan angefordert werden; diese und staatliche Investitionen trugen zu einem Wirtschaftsaufschwung (miracolo economico) bei, der bis Ende der 1960er Jahre anhielt und Italien zu einer wohlhabenden Industrienation machte. Auch im armen Süditalien verbesserte sich die wirtschaftliche Lage durch eine – wenn auch zögerliche – Landreform, die die Situation der Kleinbauern und Pächtern entspannte und weitere soziale Unruhen verhinderte."

https://de.wikipedia.org/wiki/Parlamentswahlen_in_Italien_1953

Ähnliches in Frankreich, auch dort gab es eine starke sozialistische und kommunistische Partei, bis auch dort das Brecht'sche Gesetz griff: "Erst kommt das Fressen, dann die Moral." (witzig, heute ist es genau anders rum ...?) - Das Ahlener Programm der CDU aus den 50ern liest sich heute, wie ein Wahlprogramm der MLPD. Der Sozialismus und Kommunismus ist im Nachkriegs-Westeuropa so gestoppt worden. Und man lies sich 20 Jahre Zeit dafür. Und ab der ersten Ölkrise in den 70ern gings zunehmend wieder der Mittel- und Unterschicht an den Kragen, in kleinen, aber festen Schritten. Und seit 1990 ging es auch in Deutschland so richtig los. Seit dem regiert die Bundesregierung immer offensichtlicher gegen die Mehrheitsinteressen, immer unverhohlener wird einseitig Kapital- und Konzerninteressen vertreten - erst mit H4 gegen die Unterschicht, mit den Freihandelsabkommen und ihrer Parallel-Justiz gegen den Rechtsstaat, gleiches Recht für alle, und seit den Corona-Maßnahmen ist der offene Krieg auch gegen die Mittelschicht zum Wohle von Aktionären und Ultra-Reichen ausgerufen und umgesetzt - "... und wir gewinnen!" endete das Statement eines der reichsten Männer der Welt dazu. Das war Anfang der 2000er. Jeff Bezos, Bill Gates, etc. haben allein in 2021 in einem Jahr Vermögenszuwächse von über einer halben Billion gehabt, das hat mal "früher" 10 Jahre oder so gedauert - der exponentielle Faktor der stetigen aufkummulierten Kapital-Renditen, ohne angemessene Abgaben an das Gemeinwesen.

Und jetzt zückt man das 3. mal in kurzer Folge das Schwert des Mehrheits-Enteignungs-Programm. 2007/2008 die Bankenkrise, 2020/2021 Corona-Maßnahmen, 2022 Rüstungsausgaben. Das Gegenüber mit "Schaufenstern des Wohlstands" überzeugen, ist schon lange kein Thema mehr, außer in China. Hier wird blank und brutal immer konsequenter Brasilianisiert.

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