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  • iugurta

mehr als 1000 Beiträge seit 24.01.2004

Re: Zustimmung, bis auf Punkt 1, außer...

Wagenrad schrieb am 24.08.2016 15:54:

Wieso sollten die Sprachen dazugehören? Wo steht das? Von wegen kulturelle Verarmung, sie reden ja als ob die Sprache das Denken beeinflussen könnte?

Tut sie aber, auch wenn sich die Psychologie nicht einig ist, in welchem Maße und was von wem wie abhängt (die Sapir-Whorf-Hypothese ist in ihrem Determinismus heute - soweit ich weiß - aber tatsächlich nicht mehr anerkannt); hier nur eine kleine Auswahl zum Einlesen:

https://www.psychologie.uni-heidelberg.de/ae/allg/enzykl_denken/Enz_12_SpracheDenken.pdf
http://www.spektrum.de/news/wie-die-sprache-das-denken-formt/1145804
http://www.spektrum.de/frage/beeinflusst-sprache-unser-denken/867091
http://www.zeit.de/zeit-wissen/2012/06/Sprache-Worte-Wahrnehmung

Und bezüglich Sprache und Kultur: Soll alles nur noch in englischer (oder sonst irgendeiner) Übersetzung erhältlich sein? Die Sprachen der Weltliteratur ausgestorben? Ein guter Übersetzer kann verdammt viel - vor allem aber _überträgt_ er; keine Übersetzung entspricht dem Original, weil Sprachen nunmal unterschiedlich funktionieren.

Und egal wie gut eine Übersetzung ist, sie ist immer anders als das Original.

Es ist eben der Sinn einer gemeinsamen Sprache, dass alle Bürger zu jeder Zeit miteinander kommunizieren können. Das ist genau der Sinn von Sprache. Informationstransfer. Nicht Identitätsstiftung oder Schönheitspreise, das kann man bei Opern machen, aber nicht im richtigen Leben.

Die Bürger könnten auch mal ihren Hintern anheben und eine Sprache lernen. Für die Jungen ist es simpel, in jeder Schule als erste Sprache die europäische Amtssprache und die regionale Partikularsprache kann man dann als 1.te Fremdsprache machen.

Also in Kontinentaleuropa ist das Lernen von Fremdsprachen durchaus üblich - wo ein größerer Teil der Bevölkerung davon nicht erreicht wird, liegt anderes im Argen, und die Bildung nicht nur im Bereich der Fremdsprache brach.

Die schärfsten Vertreter der "Englisch-reicht-doch"-Position [Achtung: Nicht repräsentative Anekdote!], die ich kenne, sprechen selber spannenderweise nur eine einzige weitere Sprache: Englisch. Hier liegt die Faulheit wohl also eher bei den Ein-Sprachen-Fetischisten.

Wollen sie nun eine funktionierende EU oder nur ein weiteres klein-klein mit neuen Wimpeln?

Daß die EU nicht funktioniert liegt nicht an den vielen Sprachen, zumal die meisten Kontinentaleuropäer eine oder zwei Fremdsprachen mindestens radebrechen können. Viel wichtiger sind die anderen Punkte, die Sie genannt haben, an denen es krank.

Denn: Trotz der vielen Sprachen fallen allen politisch interessierten Europäern tatsächlich dieselben Punkte ein, wenn man sie fragt, was an der EU geändert werden müßte: Jene, die Sie genannt haben.

Übrigens: "Wollen Sie [...]" oder "Will sie [...]" - sollten Sie unbedingt darauf bestehen, sich überhöhen zu wollen.

Und ja, es ist schnurz egal welche Sprache das ist, auch Latein wäre möglich, oder Koreanisch. Wirtschaftlich am vorteilhaftesten und im Sinne einer globalisierten Welt wäre Englisch. Und da die Briten nach dem Brexit draussen sind, sind die einzigen die sonst noch Englisch als Muttersprache haben die Iren und alle anderen sitzen fairerweise im gleichen Boot.

Womit es nicht fair wäre und daher nicht funktionieren würde (wegen der Widerstände); da wäre dann wohl Latein wirklich leichter zu verkaufen, da es für alle (ja, selbst die im Vatikan) eine Fremdsprache wäre, die sie erlernen müßten.

Imho wäre das aber trotzdem nicht notwendig: Würde man an den von Ihnen genannten Punkten arbeiten, und Europa auf lange Sicht wirklich zu seinem Staat zusammenwachsen, würde sich - so nötig und gewollt - eine neue "lingua franca" herausbilden. Oder eben nicht, das wäre dann aber wahrscheinlich auch nicht schlimm.

mfg,
iugurta

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