Ich bin privat und beruflich viel in Griechenland und in der Türkei unterwegs, und kann beide Länder recht gut vergleichen. Ich meine, man sollte sie auch vergleichen.
Liegen im selben Breitengrad und sind gleichzeitig Nachbarn. Was mir an der Türkei auffällt, ist, dass das Land sich rasant entwickelt. Es wird nahe zu überall gebaut. Flughäfen, Bahnhöfe, U-Bahnen, Autobahnen, alles im neuesten Stand. Das vorletzte Mal als ich Istanbul besuchte war in den 90ern.
Jetzt? Ich habe die Stadt nicht wiedererkannt. Ja, die Türkei hat keine High-Tech Industrie, aber viele Automobilzulieferer und Hersteller von einfachen Industrieprodukten. Inzwischen auch sehr stark in der Verteidigungsindustrie. Meine persönliche Meinung ist, das Erdogan hier eine wichtige Funktion übernimmt. Es gibt dieses einstige "laisser-faire" nicht mehr. Alles wird strengstens kontrolliert, vor allem Staatsaufträge. Falls Projekte sich verzögern oder schief laufen kommt der Sultan persönlich vorbei. Die Arbeitsweise der Türken hat sich grundlegend geändert. Es herrscht Disziplin. Das mag jetzt schlecht oder gut sein. Gutes Beispiel ist der neue Flughafen in Istanbul. Er wurde mit 3 Monaten Verspätung fertiggestellt.
Wie schaut es im angeblich demokratischen Griechenland aus? Griechenland hatte in den 90ern noch eine halbwegs nennenswerte Industrie: Schiffsbau, Maschinenbau, Textil, Aluminium-Halbzeuge.
Was ist jetzt? Fast alles weg! Griechenland lebt nur noch von Tourismus und Landwirtschaft. Es herrscht seit Jahren Untergangsstimmung. Es gibt fast keine Neubauten oder Infrastrukturprojekte. Die Arbeitslosenrate liegt um die 20%, obwohl fast 1 Mio. Griechen das Land verlassen haben. Von vielen Griechen höre ich unter der Hand sagen: "Wir brauchen auch einen Erdogan der hier mal kräftig aufräumt". Vor kurzem wurde berichtet, dass Hellas seit EU-Beitritt 1981 eine Billion Euro Hilfen bekam.
Wo ist das Geld?