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  • cooptiert

263 Beiträge seit 08.07.2022

Unregulierte Finanzmärkte und Kreditvergabe mit Zinspolitik korrigieren?

Hinkt es denn nicht schon da? Die Geldpolitik hat seit den späten 70ern den Weg der Investitionen in die Realwirtschaft verlassen. Bis in die 80er hinein, war Geldpolitik auch Realwirtschaft-Politik. Man konnte nur mit Krediten in Investitionen in der Realwirtschaft hohe Renditen erzielen. Banken haben eigene Risiko-Abschätzungen vorgenommen, und je nach Kreditausfall-Risiko höhere Zinsen genommen, und die waren bei spekulativen, nicht auf Realwirtschaft basierten Krediten eben deutlich höher. Banken beschäftigten sich bis in die 80er hauptsächlich mit der Finanzierung von realwirtschaftlichen Investitionen, wie Immobilien, Infrastrukur und Geschäftskrediten. Deswegen war ja auch Banker sein bis dahin, einer der langweiligsten Jobs. Und als unsicher galten damals bereits solide Geschäfte mit dem Ausland, und führten normalerweise zu hohen Zinsen. Für Investitionen im Ausland hat die Bundesregierung deswegen eine Extra-Absicherung geschaffen, die Hermes-Kreditbürgschaft. Die konnten Unternehmen für ihre Auslandgeschäfte beantragen, die nach diversen Kriterien gewährt wurden - oder eben nicht. Sollte sich die Auslandsinvestition als Flopp erweisen, hat dann die Hermes-Bürgschaft die ausgefallene Kreditzahlung übernommen. Das ist so gut wie nie vorgekommen, aber damit hat man das Kreditausfall-Risiko, und die Kosten dafür, aus dem Alltags-Kreditgeschäft, wie Hausfinanzierung, Konsumkredite oder Rohstoffimport, Güterexport deutlich minimiert. Und damit den zu leistenden Anteil der gesellschaftlichen Gesamtleistung für den eigentlich unproduktiven Teil, Finanzmarkt deutlich geringer gehalten, als er heute ist.

Da aber seit den 80ern zunehmend das Bankengeschäft sich weg von der Finanzierung von realwirtschaftlichen Gütern, sich hin zu immer spekulativeren Finanzierungen, insbesondere der Derivate entwickelte, hat sich im Finanzwesen maaiv etwas verändert. Und daher halte ich die Zins- und Notenbank-Politik ohne diesen Veränderungn Rechnung zu tragen, für unvollständig und fehlleitend. Bis hin zu der Lehman-Brothers-Krise, bei der einst als sicher geltende Immobilienkredite die Grundlage bildeten - nur eben etwas pervertiert - man verkaufte Anleihescheine auf ganze Immobilien-Kreditpakete, in denen man zu den soliden Krediten, also solventen Kreditnehmern einen Teil extrem unsolider Kredite packte. Der Anteil dieser unsoliden Kredite stieg dann im Verlaufe der Zeit immer mehr, und ein Teil dieser perversen Kreditgeschäfte war, das diverse, insbesondere US-Banken Vermögens- und damit Sicherheitslosen, und gerne gleichzeitig auch Einkommens- und Arbeitslosen hohe Immobilienkredite regelrecht aufschwatzten - finanziert wurde die eigentlich jeden Monat fällige Kreditrate bilanztechnisch mit der erwarteten Immobilienpreissteigerung, da bei Kreditausfall die Immobilie an die Bank fällt - nur als das dann massenhaft passierte, weil immer mehr dieser windigen Kredite vergeben worden waren, und immer mehr dieser Immobilien an die Banken fielen und diese dann versuchten die wieder zu verkaufen, knallte der Immobilienpreis in kürzester Zeit nach unten. Diverse Banken stürzten ab, das größte Hütchenspiel der "modernen" Finanzwirtschaft crashte, und die Weltwirtschaft bekam nach 1945 den größten Knick nach unten mit minus 5%.

Das wurde dann mühevoll mit hohen Kosten und Steuergeldern der Allgemeinheit, wieder halbwegs repariert, um dann anschließend und vielen salbungsvollen Worten aus der Finanzwirtschaft, der Finanz-Politik ungebremst und noch extremer wieder weiter zu gehen, und Zack war die nächste Bankenkrise 2010 da, diesmal Euro- und Staatsschuldenkrise genannt, letztendlich aber gleich getriggert - von einem hochspekulativen Kreditwesen, das keinerlei Kriterien mehr hat, die Bezug zu realwirtschaftlichen und wohl damit auch relpolitischen Zielen.

Wenn Kredite Infrastruktur finanzieren, auch mit hoher Staatsverschuldung, ist nach dem Kreditflopp i.d.R. trotzdem noch die Infrastruktur da. Bei hohen Krediten für Finanzmarkt-Gambling, aka Derivate, das Kreditvolumen für solche Geschäfte beträgt mittlerweile das 10-fache aller weltweiten jährlichen realwirtschaftlichen Geschäfte, sind zwar nach dem Flopp noch die Schulden da, aber meist null neue Infrastruktur. Und um die Renditeansprüche dieser Nullleister-Kredite zu finanzieren, hat die FED und die EZB jetzt seit über einem Jahrzehnt exponentiell sich ausweitende Geldmengen "gedruckt" und finanziert, um das bestehende Kapitalismussystem zu erhalten - ob man in diesem System dann an der Zinsschraube 0,02 oder 0,5% rumschraubt, ändert an der an sich extremen und sinnlosen Ressourcenverschwendung im Sinne der Allgemeinheit gar nichts.

Ohne Sinn und Zielgerichtete Kreditvergabe, ohne die Frage, wofür verschuldet sich die gesamte Gesellschaft und ihre Zukunft, wird sich dieser Schwachsinn immer weiter exponieren. Ob die EZB dann 0,002% z<ins nimmt, oder 0,5% ist nicht die Hauptfrage, sondern was für Finanzierungen und wozu macht sie möglich?

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (23.07.2022 11:38).

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