Tsu Tang schrieb am 01.02.2022 17:59:
Hi,
ich habe auch gehört, dass die Appeasement-Politik Großbritannien die Zeit erkauft habe die Radaranlagen an der Küste fertigzustellen die es ermöglichten, die Luftwaffe zu besiegen.
Weiß jemand Näheres?Bye
Das britische Chain Home Radarnetz wurde in der Tat von 1937 an aufgebaut, 1939 war es einsatzfähig, wirklich gebraucht wurde es erst 1940. Es wurde allerdings während des gesamtes Krieges ausgebaut und verbessert.
https://en.wikipedia.org/wiki/Chain_Home#Early_detection
Generell kann man sagen dass das Münchener Abkommen den Briten 11 Monate Zeit verschaffte die sie auch fleißig zur Aufrüstung nutzten. Die britische Militärplanung hatte noch in der Mitte der 30er Jahre nicht mit einem größeren Konflikt in Europa gerechnet und die Rüstungsprioritäten entsprechend gesetzt, erst 1938 begann man sich konkret auf einen Krieg mit Deutschland und Italien vorzubereiten, den Frankreich nicht ohne massive britische Unterstützung gewinnen konnte. 1938 fühlten sich die Briten noch nicht kriegsbereit, 1939 sah das schon das schon anders aus. Hätte Chamberlain seine Militärs gefragt ob sie einen Krieg gegen Deutschland lieber jetzt oder später kämpfen wollten hätten diese wohl später gesagt (vermutlich fand so ein Gespräch auch statt).
ABER: obgleich Großbritannien 1939 stärker war als 1938 hatte sich das Kräfteverhältnis in dieser Zeit eher zugunsten Deutschlands verschoben. Deutschland rüstete ebenso auf und hatte mit der tschechischen Rüstungsindustrie erheblich Produktionskapazitäten hinzugewonnen. Als der Krieg gegen Polen begann stellten z.B. die tschechischen Modelle Pz35 und Pz38 ca. 40% der modernen deutschen Panzer. Problematisch war auch das Frankreich eher schwächer wurde, da es seine Rüstungsmöglichkeiten größtenteils ausgereizt hatte und zudem jetzt die geburtenschwachen Jahrgänge 1915-1920 ins wehrpflichtige Alter kam.
Rückblickend muss man sagen das die Briten sich zwar Zeit erkauften, dies den Deutschen aber mehr half als ihnen selbst.