Ansicht umschalten
Avatar von smallprint
  • smallprint

mehr als 1000 Beiträge seit 18.12.2001

marktwirtschaftlich

buerocrat schrieb am 18. September 2007 14:20
> Mal abgesehen davon, dass in eine freie Marktwirtschaft gerade das
> Gegenteil von dem ist was Du anregst, also möglichst wenig
> Einschränkungen und Verbote:

Haftung ist keine Einschränkung und kein Verbot. Es der Ausgleich von
Schäden, die anderswo auftreten. Ist es unmarktwirtschaftlich, wenn
ich nicht sanktionslos mit einem Geländewagen über einen fremden
Acker fahren und die Ernte beschädigt darf? Ist es
unmarktwirtschaftlich, wenn ich nicht mit meinem chemischen Betrieb
die Umgegend durch irgendwelche austretenden Stoffe kontaminieren
darf? Im Gegenteil.

Der zu Grunde liegende Zielkonflikt ist doch gerade, daß durch
Emissionen von Feld A die Ernte auf Feld B in ihrer wirtschaftlichen
Nutzbarkeit gefährdet zu werden droht.

Wer Ernte beschädigt, soll halt die Schäden ausgleichen. Also nutze
ich gerade die Marktwirtschaft, indem ich dem lokal nützlichen, aber
gebietsübergreifend schädlichen Verhalten mit Kosten belege. Ein
Instrument dazu ist das Haftungsrecht.

> Das Ergebnis ist also nur eine
> sinnlose Umverteilung hin zum Finanzsektor. Wenn die Versicherer zu
> einem anderen Ergebnis kommen wird das in die Diskussion einfließen
> und der Anbau ohnehin untersagt.

Warum verbieten? Wenn A soviel Nutzen generiert, daß der alle damit
jemals verbundenen Schäden bei Dritten ausgleichen kann, mag er es
tun. Nur das wird absehbar nicht der Fall sein. GVO-Anbau lohnt nur,
wenn die anderen Bauern die Schäden entschädigungslos hinnehmen
müssen.

> Es gibt auch noch einen anderen Weg z.B. für die Kernkraft bei der
> konkretere Risiken bekannt sind.

Die Anhebung der Haftungssumme auf 10 Mrd. € hat großes Wehklagen
ausgelöst, zumal die Versicherungswirtschaft diese Summe für nicht
mehr versicherbar hielt.
Faktisch hat man jetzt einen Haftungsverbund geschaffen, um die Summe
abzudecken. Bringen sie auch 100 Mrd auf?

Wenn man die Haftungssumme schrittweise weiter anhebt (die wirklich
Schäden können deutlich höher sein - allein der Sarkopharg für
Tschernobyl soll jetzt 1 Mrd. kosten.) ist dies m.E. weder unbillig
noch unmarktwirtschaftlich. Es verringert nur die Lukrativität,
solche Anlagen zu betreiben, ganz ungemein.

> Zur Beweislastumkehr: Wenn aus dem Gen Feld ein paar Körner auf das
> Nicht-Gen-Feld des Nachbarn fliegen wird dessen Ernte nicht
> unverkäuflich sondern bestenfalls der Preis gemindert. Folgt man
> Deiner These könnte jeder Kleingärtner jeden Gen Bauern pauschal auf
> Zahlung verklagen wenn er meint keine guten Preis für seine Ernte
> erzielt zu haben.

Ja. Genau das ist die Folge. Wenn Ökobauer seine Ernte nicht mehr zum
Öko-Preis loswird, sondern nur noch den Ramsch-Preis kriegt wegen
GVO-Grenzwertüberschreitung, sollen alle GVO-Anbauer in der Umgebung
und der Saatguthersteller nachweisen, daß das nicht ihr Zeug ist, was
die Ernte unbrauchbar macht; können sie das nicht, sollen Sie den
angerichteten Schaden (ggf. gesamtschuldnerisch) ersetzen.
Es gibt kein Grundrecht, Dritte zu schädigen, das schützt auch die
Verfassung nicht.

Derzeit gibt es schon § 906 BGB der dem Grunde nach eine Regelung
dahingehend, welche Immissionen welche Ansprüche auslösen. Die
vorgeschlagene Änderung ist nicht so systemfremd, wie hier alle
glauben. Letztlich werden nur die Fragen Zumutbarkeit, Ortsüblichkeit
und Beweislast konkretisiert.

smallprint 

Bewerten
- +
Ansicht umschalten