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  • PremKavi

mehr als 1000 Beiträge seit 16.08.2006

Sinn des Artikels?

Nach dem Lesen des Artikels bin ich etwas ratlos, ratlos weil ich
einfach nicht herausfinden konnte, worum es nun eigentlich geht.

Eine Anklage gegen amerikanische Methoden der Strafverfolgung? 

Sicherlich berechtigt, doch so massiv, wie es der Autor darstellen
möchte, ist der Unterschied zum deutschen Strafrecht beziehungsweise
zur deutschen Straf Verfolgungs Wirklichkeit nicht .

Der Autor regt sich darüber auf, dass der amerikanische Präsident
praktisch unmittelbaren Einfluss auf die Anklage erhebt. Ja und? Ist
das in Deutschland wesentlich anders? Auch hier ist die
Staatsanwaltschaft weisungsgebunden. Hier läuft es allerdings eher
umgekehrt, so gut wie kein Ermittlungsverfahren gegen Politiker aus
dem Lager der Unionsparteien führte in den letzten 20 Jahren zur
Anklage. Eine unabhängige Staatsanwaltschaft wie in Italien gibt es
weder in Deutschland noch in den USA.

Es ist auch alt bekannt, dass der amerikanische Präsident die massive
finanzielle Unterstützung ganzer Industriezweige im Wahlkampf
benötigt. Ebenso, was in der Obama Hype während seines Wahlkampfs in
der Internet Gemeinde völlig übersehen wurde, dass die amerikanische
Contentindustrie aufs engste mit der Demokratischen Partei verbunden
ist. So wie umgekehrt die Waffenindustrie mit den Republikanern. 

Der Blick auf die amerikanischen Strafverteidiger offenbart auch
nicht viel Neues und unterscheidet sich auch nur unwesentlich von
deutschen Verhältnissen. Beispiel: als ich meinen
Versicherungs-Fachwirt in München machte, gab es in München noch
nicht einmal ein Dutzend Anwälte, die sich in das
Versicherungsvertragsgesetz eingearbeitet hatten. Einige davon hatten
wir als Dozenten. Alle waren von praktisch sämtlichen
Versicherungsgesellschaften, die in München sitzen, bereits in
Anspruch genommen worden und standen deshalb für Klagen gegen diese
Versicherungsgesellschaften nicht zur Verfügung. Otto
Normalverbraucher, der einen Anspruch durchsetzen wollte, war also
auf Anwälte angewiesen, die während ihres Studiums auch mal mit dem
VVG in Berührung gekommen waren, danach jedoch alles wieder vergessen
hatten. Seine Gegner: hochkarätige Fachanwälte, die in einem Prozess
nicht mit allgemeinen Floskeln und dem BGB argumentieren, sondern mit
dem Spezial Recht für Versicherungsverträge.

Ich könnte noch viele Beispiele dieser Art aufzählen, das sollte
genügen. 

Wenn schon ein Vergleich zwischen amerikanischen und deutschen
Strafrecht, warum dann nicht auch die deutlich bessere Stellung des
Angeklagten und seines Anwalts im amerikanischen Strafrecht. Dort
sind, ähnlich wie im deutschen Zivilrecht, sowohl Anklage als auch
Verteidigung vollwertige Parteien. Während in Deutschland die
Strafverteidiger schon fast in die Nähe des Angeklagten gerückt
werden. Als Strafverteidiger in Deutschland braucht man schon ein
ziemlich dickes Fell, um mit dieser entwürdigenden Stellung
zurechtzukommen. Deshalb weigert sich ein langjähriger Bekannter,
Zivilrechtler und Ehrenrichter am BGH auch konsequent, Verteidiger in
Strafsachen zu sein.

Allerdings bei der erdrückenden Beweisführung mit handfesten,
bewiesenen Fakten wäre selbst mit einem Staranwalt als Verteidiger
bestenfalls noch ein geringeres Strafmaß, wohl kaum ein Freispruch zu
erwarten.

Und das selbst dann, wenn der Angeklagte nicht alles getan hätte, um
sich selbst in einem möglichst unsympathischen Licht erscheinen zu
lassen.

Sollte er wirklich als Ziel gehabt haben, zu den 10 reichsten Männern
der Welt zu gehören, dann hat er sich auf jeden Fall auf ein
gefährliches Gleis begeben, um das Ziel erreichen zu können.

Ausgerechnet die prozessfreudige Contentindustrie als Feind zu haben,
kann man sich eigentlich nur leisten, wenn das eigene Geschäftsmodell
vollkommen legal ist. Das ist jedoch bei Megaupload mehr als
fragwürdig.

Während, von einem Fall in den Niederlanden abgesehen, der auch
lediglich zivilrechtliche und nicht etwa strafrechtlich Bedeutung
hatte, sich die Content Industrie an den Usenet Providern bisher die
Zähne ausgebissen hat. Das Usenet ist und bleibt legal und ist wegen
seiner dezentralen Struktur juristisch ebenso wenig angreifbar wie
das Internet an sich. Damit kann man auch Geld verdienen, selbst wenn
man auf jede reißerische Werbung im Zusammenhang mit
Urheberrechtsverletzungen verzichtet, allerdings wird man damit wohl
kaum auch nur halbwegs in die Nähe der reichsten Männer der Welt
kommen.

Mit meiner prominenten Webseite zum Usenet werde ich ganz gewiss
nicht reich, wären das meine einzigen Einkünfte, dann wäre ich Hartz
IV Empfänger.

Für Kim Dotcom habe ich nicht nur wegen seiner anrüchigen
Vergangenheit keine Sympathie, sondern auch wegen des
Geschäftsmodells von Megaupload, das weit davon entfernt ist, ihn als
modernen Robin Hood erscheinen zu lassen. Denn im Gegensatz zum
sagenhaften Vorbild diente dieses Geschäftsmodell nicht etwa dazu,
den Reichen etwas wegzunehmen, dass sie zuvor schon den anderen
gestohlen und sie damit in Armut getrieben hatten, und dass genau
diesen Menschen zurückzugeben, sondern sein Geschäftsmodell basierte
auf dem geltenden Urheberrecht nicht etwa als Gegenpol sondern als
Voraussetzung für den Erfolg des Geschäftsmodells, vergleichbar etwa
einem Drogendealer, der die eklatant hohen Gewinne nur deshalb
einfahren kann, weil es eben illegal ist. Unter anderem deshalb
bemühen sich die Profiteure der durchaus verständlichen
Urheberrechtsverletzungen auch nicht im mindesten um eine Änderung
des Urheberrechts, von wenigen Ausnahmen abgesehen.

Zu den wenigen Ausnahmen gehören die Gründer von Prepaid Usenet, das
als Geschäftsmodell ein Kontrapunkt zu den früher berüchtigten
Abofallen einiger bekannter deutscher Usenet Provider ist und die
beide der Piraten Partei angehören.

Geschäftsmodelle wie das von Megaupload sind gewiss nicht geeignet,
der ständigen Verschärfung des Urheberrechts zu Gunsten der
Industrie, gegen die Interessen von Verbrauchern wie auch der
eigentlichen Urheber, vernünftige Argumente entgegenzusetzen, ganz im
Gegenteil.

Wenn überhaupt, dann als Beweis, dass viele durchaus bereit sind,
etwas zu bezahlen, um in den Genuss von Musik, Filmen und Software
zukommen. Doch andererseits, selbst wenn die 500 Millionen
behaupteter Schaden realistisch wären, wie viele Filme kann man damit
finanzieren? Drei? Fünf? Vielleicht sogar 20?

Es ist also nicht als Vorbild für ein neues Finanzierungsmodell
geeignet. Es ist und bleibt das, was es ist, sich als Schmarotzer am
geltenden Urheberrecht zu bereichern. 

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