Die Behauptung von Geuss, "nicht dem Klassenkampf das Wort reden zu
wollen", finde ich haltlos, denn was bedeutet denn Kommunismus? Die
Rückführung der Gesellschaft in die Kommune, also die Auflösung des
Privaten im Öffentlichen. Aber das ist nicht die einzige Denkweise,
die er von den Kommunisten übernimmt. Auch die Begriffsweise der
Gesellschaft als Verteilungsmechanismus ist eine der Grundannahmen
des Marxismus/Leninismus. Aus dieser Sicht gibt es natürlich kein
"Gemeinwohl", da sowieso nur jeder zum eigenen Vorteil handelt.
Für den Liberalismus ist das "Private" die natürliche Lebensweise des
Menschen, d.h. das Private definiert sich nicht in Abgrenzung zur
Öffentlichkeit, sondern als Sein des Menschen. Und so ist auch die
Religionsfreiheit zu verstehen: das der Mensch in seinem Glauben frei
sei. Ob dieser mit dem Glauben anderer Menschen kollidiert, ist eine
andere Sache; und da ja nicht nur der Glauben verschiedener Menschen
zu Konflikten führen kann, sondern prinzipiell immer Probleme
auftreten, wo Menschen sich verdichten, braucht es ein Instrument zur
Abstimmung der unterschiedlichen Seins, zur Gesellschaftsbefähigung
des Privaten. Das ist Öffentlichkeit.
Deswegen sind aus meinem Verständnis Öffentlichkeit und Privatheit
keine antagonistischen Wiedersprüche, die a priori existieren,
sondern elementar ist nur das Private, das es sich aus dem Sein
ergibt, die Öffentlichkeit ist ein aus dem Privaten abgeleiteter
Begriff. Folglich ist eine Auflösung des Privaten, jedenfalls ohne
die Auflösung des (Wert-)Begriffs des individuellen Seins, gar nicht
möglich. "Weil es privat ist!" bedeutet nichts anderes als "Weil ich
es (aus meinem Sein heraus) will!", und hat sehr wohl legimatorisches
Potenzial.
Außerdem begreift der Liberalismus den Menschen vor allem als
produktives Wesen, d.h. die Besonderheit des Menschen liegt in seiner
Fähigkeit neues zu Erschaffen (bitte nicht nur monetär verstehen!).
Und unter diesem Gesichtspunkt gibt es sehr wohl ein "Gemeinwohl":
nämlich die Abstimmung aller Individuen zur Erreichung der maximalen
Schaffenskraft, d.h. zur Realisierung der maximalen individuellen
Freiheit. Das dazu auch eine gewisse Umverteilung von Eigentum
innerhalb einer Gesellschaft stattfinden muß, ist klar, aber eben
nicht der Zweck der Öffentlichkeit. Deswegen finde ich das
Schiffbrüchigen-Beispiel auch nicht repräsentativ.
Mfg,
LeoQ
wollen", finde ich haltlos, denn was bedeutet denn Kommunismus? Die
Rückführung der Gesellschaft in die Kommune, also die Auflösung des
Privaten im Öffentlichen. Aber das ist nicht die einzige Denkweise,
die er von den Kommunisten übernimmt. Auch die Begriffsweise der
Gesellschaft als Verteilungsmechanismus ist eine der Grundannahmen
des Marxismus/Leninismus. Aus dieser Sicht gibt es natürlich kein
"Gemeinwohl", da sowieso nur jeder zum eigenen Vorteil handelt.
Für den Liberalismus ist das "Private" die natürliche Lebensweise des
Menschen, d.h. das Private definiert sich nicht in Abgrenzung zur
Öffentlichkeit, sondern als Sein des Menschen. Und so ist auch die
Religionsfreiheit zu verstehen: das der Mensch in seinem Glauben frei
sei. Ob dieser mit dem Glauben anderer Menschen kollidiert, ist eine
andere Sache; und da ja nicht nur der Glauben verschiedener Menschen
zu Konflikten führen kann, sondern prinzipiell immer Probleme
auftreten, wo Menschen sich verdichten, braucht es ein Instrument zur
Abstimmung der unterschiedlichen Seins, zur Gesellschaftsbefähigung
des Privaten. Das ist Öffentlichkeit.
Deswegen sind aus meinem Verständnis Öffentlichkeit und Privatheit
keine antagonistischen Wiedersprüche, die a priori existieren,
sondern elementar ist nur das Private, das es sich aus dem Sein
ergibt, die Öffentlichkeit ist ein aus dem Privaten abgeleiteter
Begriff. Folglich ist eine Auflösung des Privaten, jedenfalls ohne
die Auflösung des (Wert-)Begriffs des individuellen Seins, gar nicht
möglich. "Weil es privat ist!" bedeutet nichts anderes als "Weil ich
es (aus meinem Sein heraus) will!", und hat sehr wohl legimatorisches
Potenzial.
Außerdem begreift der Liberalismus den Menschen vor allem als
produktives Wesen, d.h. die Besonderheit des Menschen liegt in seiner
Fähigkeit neues zu Erschaffen (bitte nicht nur monetär verstehen!).
Und unter diesem Gesichtspunkt gibt es sehr wohl ein "Gemeinwohl":
nämlich die Abstimmung aller Individuen zur Erreichung der maximalen
Schaffenskraft, d.h. zur Realisierung der maximalen individuellen
Freiheit. Das dazu auch eine gewisse Umverteilung von Eigentum
innerhalb einer Gesellschaft stattfinden muß, ist klar, aber eben
nicht der Zweck der Öffentlichkeit. Deswegen finde ich das
Schiffbrüchigen-Beispiel auch nicht repräsentativ.
Mfg,
LeoQ