Species 8472 schrieb am 29.04.2020 09:35:
Die Lasten des Aktes der Solidarität sind ungleich verteilt. Selbstverständlich lässt sich die Zeit des Lockdowns leichter erleben, wenn man in einem großen Haus mit Garten, Terrasse und ohne Kinder lebt; das Homeoffice im eigenen Büro kein Problem darstellt, sondern nur den nervigen Weg zur Arbeit erspart;
als Gegenüberstellung zu
Den Lockdown hingegen in einer Sozialwohnung, mit drei Kindern (von einem dreijährigen Energiebündel bis zu hochpubertierenden Jugendlichen) überleben zu müssen, kann Menschen grundsätzlich sehr schnell an ihre Grenzen bringen. Wenn der Beruf nicht über das Homeoffice ausgeübt werden kann, die finanzielle Lage stets so angespannt ist, weil die Familie seit jeher von der Hand in den Mund leben musste, ohne Rücklagen bilden zu können, und auch der 24-Stunden-Unterhaltungsservice Netflix zu teuer ist, wird deutlich, wie belastend das Leben für diese Menschen ist, die die steigenden Lebensmittelkosten besonders zu spüren bekommen.
-- beide Zitate: aus dem Artikel
Und jetzt noch einmal kurz nachgedacht:
- Der Eine sitzt in seinem Garten im Homeoffice. Um ihn herum zwitschern die Vögel, der Kaffee dampft vor sich hin, die Konzentration ist voll auf die Arbeit gerichtet und schweift zwischendurch relaxt über den Garten: "Eigentlich müsste ich da vorn noch ein paar Blumen pflanzen. Es sieht von hier aus dann doch ziemlich kahl aus."
- Der Andere ist auf den Balkon geflüchtet. Zwischen Wäscheständer, Tomatenpflanze und Katzenstreu-Säcken hat er auf den 3,5 qm "Hochgarten" sein Laptop auf den Knien. Drinnen kreischt mal wieder die 5-jährige Tochter, weil der 14-jährige Bruder ihrer Puppe den Kopf abgerissen hat. Unten heult die Nachbarin verzweifelt vor sich hin, weil die Tafel immer noch geschlossen bleibt und sie - nicht zuletzt auch dank ebenfalls geschlossener Schulspeisung - nicht mehr weiß, wie sie ihre drei Kinder bis zum Monatsende satt bekommen soll. Rechts bullert der Subwoofer des Nachbars-Jungen "Bass, Bass! Wir brauchen Bass!" Und im Dienst-Postfach stapeln sich wichtige Mails, die unbedingt heute noch beantwortet werden müssen.
... Natürlich ist nicht abzustreiten, dass auch der Erstgenannte "seine Sorgen & Probleme" hat. Er kann seine Freunde nicht treffen. Und seine ärztliche Betreuung ist eingeschränkt. Und überhaupt: Er fühlt sich - trotz Partner im Haus - ziemlich einsam; hatte sich "Homeoffice" irgendwie romantischer vorgestellt.
Das kommt aber beim Anderen noch on top.
Manchmal ist es nämlich auch wirklich egal, wie viel Platz man hat usw. oder wie viel Geld, weil man einfach nur hundserbärmlich allein ist.
Niemand - auch der Autor nicht - sagt, dass der Erstgenannte GAR KEINE SORGEN & PROBLEME habe; doch im direkten Vergleich mit dem Letztgenannten schneidet er dann doch erheblich besser ab. ... oder wärst du bereit zu tauschen? Ich glaube nicht, dass es allzu problematisch wäre, jemanden zu finden, der die "Wohnsituation" mit dir tauschen würde und das als, zwar nur partielle, aber durchaus relevante Entlastung empfinden könnte, @Twistie2015. Es liegt allein bei dir...
Nein, da hast du recht. Ich wollte nur aufzeigen, dass auch Platz, keine Kinder usw. durchaus belastend sein können, weil eben jede Situation individuell ist.
Aber ich stimme dir z.B. zu: ohne Garten in einer 60qm-Wohnung ohne Tierchen würde ich wahrscheinlich wirklich schon Radieschenfutter sein.
War wohl Jammern auf niedrigem Niveau, entschuldigung.
Alles Gute für dich und Familie. Bleibt gesund und munter.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (29.04.2020 10:31).