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  • yossarian

mehr als 1000 Beiträge seit 20.06.2000

Ein biblisches Drama: Judas Iscariot

Judas:

"Des stillen Hauses ruhiger Frieden kann mich,
Den Feuergeist, am Herde nicht mehr halten.
Es treibt hinaus mich, weg von Mutterherzen,
Dort in der weiten Welt dem raschen Glück,
Was mir gebührt, im Kampfe abzutrotzen.
Hin zu den einzigen Mann zieht es mich,
Der Israel macht groß vor aller Welt.
Ich sah im Geist vor mir erstehn ein neues
Und unermeßlich Reich, wie nie die Erde
Es sah, seit Gott der Herr die Welt erschuf. [...]
Du kannst das Blut, das in den Adern schneller
Dir pocht und pulst, mit einem einzigen kühnen,
Erhabenen Schlag zufrieden stellen dir.
Ein neues, großes Reich wird auferstehen,
Und Judas will darin ein Kämpfer sein!"

Das ist der Anfang des Dramas "Judas Iscariot", das Judas als
Revolutionär schildert: Als Gotteskrieger, als feurigen Anhänger
("Feuergeist"), der dem "einzigen Mann" (Jesus) folgen möchte, "der
Israel macht groß vor aller Welt". und der "ein unermeßlich Reich wie
nie die Erde es sah". erschaffen soll.

Am Ende des Dramas ist Judas ein frustrierter und enttäuscher
Revolutionär, der seinen Führer Jesus ans Messer liefert: Nicht für
30 Silberlinge verrät er ihn, sondern aus enttäuschter Liebe und weil
sich ebenjener Jesus als politisch unfähig erwiesen hat.

"Judas Iscariot" ist ein Frühwerk des Studenten Joseph Goebbels.
Goebbels hat noch viel mehr literarisch geschrieben, bevor er später
auf Pressemitteilungen und Brandreden umsattelte. Auch er folgte
später dem "einzigen Mann" (Hitler), "der Deutschland macht groß vor
aller Welt". Und das "unermeßlich Reich" war dann wohl: Das 3.Reich.
Über Verrätspläne ist bislang nichts bekannt. Aber wer weiß,
vielleicht kriegen wir noch mal ein paar Akten in die Finger, die
auch das belegen.

Es wäre uns sehr viel erspart geblieben, wenn Herr Goebbels
irgendwann mal den Literaturnobelpreis bekommen hätte und sein
persönlicher Jesus Postkartenmaler in Wien geblieben wäre.

Soviel zur Bibel in "gerechter Sprache".

mfG, yossarian

Link:
http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/cgi-bin/psview?document=2005/geist-s
oz/3&search=%2f2005%2fgeist-soz%2f3&format=0&page=41#page48
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